Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Marktheidenfeld
Icon Pfeil nach unten

MAIN-SPESSART: Magere Zeiten fürs Osterlamm

MAIN-SPESSART

Magere Zeiten fürs Osterlamm

    • |
    • |

    Mit Rosmarinstängeln gespickt, von Salzkartoffeln, Petersilie und Specksoße umringt liegt er auf dem Teller: der Osterlammbraten – in früheren Jahrhunderten ein fester Bestandteil der österlichen Festtafel. Heutzutage krönt er immer seltener das Ostergedeck. Das spüren auch die Schäfer.

    „Früher ist an Ostern mehr Lamm verkauft worden“, sagt Friedrich Bruder. Umringt von blökenden, schlappohrigen Schafen steht der Schäfer aus Wiesenfeld in seiner Halle. Rund 350 Lämmer sind im Dezember in seinem Betrieb auf die Welt gekommen. Jetzt, nach vier, fünf Monaten haben sie das richtige Alter und vor allem die richtigen Rundungen, um Osterlamm zu werden. Etwa 50 Tiere hat er bereits für das Ostergeschäft an die Händler weiterverkauft. Vier, fünf wird er noch direkt vom Hof verkaufen.

    Nicht viel, angesichts des großen Schwungs Nachwuchs, der im Winter auf die Welt gekommen ist. Das liegt vor allem daran, dass er seine Osterschafe nur noch als ganzes oder halbes Tier verkaufen darf.

    „Es wird immer mehr küchenfertiges Lamm verlangt.“

    Schäfer Dieter Michler über den Trend beim Fleischverkauf

    Die Leute wollen den Osterbraten aber am liebsten in Kotelett-, Schlegel- oder Bratenform. Hintergrund sind die EU-Hygieneverordnungen bei Hausschlachtungen. Nach denen darf nur noch ein ausgebildeter Metzger das Tier in seine Einzelteile zerlegen. Den aber müsste Bruder zusätzlich anstellen – und das kostet. Also verkauft er ganze oder halbe Schafe.

    Und er arbeitet damit gegen den Trend: „Es wird immer mehr küchenfertiges Lamm verlangt“, sagt sein Kollege, der Schäfer Dieter Michler aus Adelsberg. Er schlachtet rund 50 bis 60 Tiere zu Ostern auf seinem Hof. Verkauft wird an Privatkunden und in die Gastronomie. Derzeit liegt der Preis bei 2,40 Euro pro Kilo. Das ist hoch, geht nach Ostern aber wieder zurück, so Michler.

    So wie die unterfränkische Schäferei insgesamt schrumpft: Seit 1993 nimmt diese um ein bis zwei Betriebe pro Jahr ab. Waren es 1993 noch 91 Ställe, sind es heute nur noch 63. Altersbedingte Aufgabe und die steigende Bürokratie nennt Bonifaz Scherpf, Vorsitzender des unterfränkischen Schäfervereins, die Gründe. Nach einem Zehn- bis Sechzehn-Stunden-Tag noch im Büro sitzen und Arzneimittelbücher und Düngepläne erstellen? „Dazu sind die jungen Leute einfach nicht mehr bereit“, sagt Scherpf.

    Und auch außerhalb des Arbeitszimmers ist es komplizierter geworden: Das Schlachten, Ausnehmen und Verarbeiten eines Schafes muss seit Januar 2010 in drei verschiedenen Räumen erfolgen – der Hygiene wegen. Dabei handelt es sich nicht um eine fixe Idee der EU, sondern um die Konsequenz aus den Fleischskandalen der letzten Jahre.

    „Es wäre unfair, das alles auf die Hygiene zu schieben“, sagt die Europaabgeordnete Anja Weisberger. Sie hat die Hygieneverordnung und da insbesondere das Thema Hausschlachtungen intensiv betreut und meint: Wer die Hygienevorschriften vorher eingehalten hat, hat auch jetzt keinen großen Mehraufwand.

    Besonders gegenüber kleinen Betrieben gibt es viele Sonderregelungen. „Sie müssen sich keine teure Stiefelwaschanlage kaufen. Bei einem Schäfer reicht eine Wanne und ein Schlauch, wo die Stiefel abgespritzt werden können“, so Weisgerber. Damit will man den Schäfern die Möglichkeit geben, die Zulassung leicht zu bekommen.

    „Sie sollten das als Werbung nach außen sehen“, so die Abgeordnete. Schließlich bekomme man daraufhin ja auch ein Siegel mit Urkunde. Und wie verhält es sich mit dem aufwendigen Papierkram? „Den müssen Sie, wenn Sie als Unternehmer ein Angebot schreiben, ja auch erledigen.“

    „Die haben‘s gern, wenn‘s e bissle böckert.“

    Schäfer Georg Benkert über den ostdeutschen Geschmack

    Gut, dass sich zumindest die geschmacklichen Vorurteile gegenüber Lammfleisch aus früheren Zeiten, in denen es streng schmeckenden Hammel gab, allmählich auflösen: Stinkig, schafig? War gestern. Heute zählt Lammfleisch laut Bonifaz Scherpf zu einer Delikatesse, von Heilpraktikern empfohlen. Schließlich ernähren sich die Tiere überwiegend von Gras und Kräutern und das Fleisch ist mit seinem hohen Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen und Eiweiß ernährungsphysiologisch wertvoll.

    Deshalb lässt sich auch Schäfer Georg Benkert aus Roden nicht aus der Ruhe bringen. Seine Stammkundschaft ist weiterhin da und kauft gerade an Ostern und Weihnachten gut. Ganz spezielle Wünsche hat dabei die Kundschaft aus Ostdeutschland: Für sie sollte das Lamm sogar ein bisschen älter sein, dafür markant im Geschmack. Oder nach Schäfer Benkert ausgedrückt: „Die haben‘s gern, wenn‘s e bissle böckert.“

    Ein Segen für alle Schäfer sind auch die vielen ausländischen Mitbürger, die während ihrer traditionellen Feste gut und gerne Lamm verspeisen. „Die Nachfrage ist da“, sagt Vereinsvorsitzender Scherpf. Nur leider werden nur 40 Prozent des Bedarfs durch die deutschen Schäfereien abgedeckt. Der Rest kommt aus Neuseeland.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden