Für beständige Fortentwicklung und Erneuerung einer Firma spricht, wenn sie über 136 Jahre bestehen kann, so wie der Verputz- und Malerbetrieb Heinrich Hartmann in Gemünden. Dort vollzieht sich zurzeit die wohl einschneidendste Neuerung in der langen Firmengeschichte: Heinrich Hartmann nimmt mit dem 26-jährigen Felix Feser einen Partner und auch designierten Nachfolger in die Geschäftsführung auf und sichert somit den Fortbestand des traditionsreichen Unternehmens.
Die Weichenstellung erfolgte 2013. Der Gössenheimer Felix Feser, seit der Lehre im Betrieb, entschied sich, die Meisterschule in Würzburg in Vollzeit zu besuchen. Heinrich Hartmann, 63 Jahre alt, stand vor Frage, wie sich die Zukunft des Betriebs mit zwölf Mitarbeitern im Hofweg gestalten sollte, da seine beiden Töchter andere Berufe gewählt hatten. „Wenn man so lang an einer Firma hängt, kann man sie nicht von heute auf morgen beenden“, sagt Hartmann, der seit 1972 in der Verantwortung steht. Daher bot er Felix Feser die Einbindung in die Geschäftsführung mit der Option zu einer späteren Übernahme an.
Der Gössenheimer – Sohn des Gemündener Fahrschulinhabers Jürgen Feser – schloss nach dem Realschulabschluss die Lehre zum Maler und Lackierer in der Fachrichtung Gestaltung und Instandhaltung bereits im Betrieb Hartmann ab und war Bester der Gesellenprüfung. Seine wesentlichen Aufgaben werden die Arbeitsvorbereitung, die Baustellenbetreuung und die Lehrlingsausbildung sein.
In den kommenden Monaten arbeitet sich Feser zudem in die Abläufe im Büro ein – Angebotserstellung, Kalkulation und Arbeitsvorbereitung. Ebenfalls will er die elektronische Arbeitszeiterfassung so optimieren, dass „die ausufernde Bürokratie der Arbeitszeitnachweise in Grenzen gehalten wird und die Papierflut abnimmt“, wie Heinrich Hartmann hofft.
Kann man ihn nun als Seniorchef bezeichnen? Auf die Frage schmunzelt der 65-Jährige. Er wolle schon „noch einige Jahre im Betrieb“ bleiben. Nach außen, und das sei die wichtige Nachricht für die Kunden „ändert sich gar nichts“. Sichtlich stolz ist er, den Fortbestand eines der ältesten Unternehmen in Gemünden gesichert zu haben.
Die Anfänge waren bescheiden. Urgroßvater Heinrich Hartmann gründete als Tünchermeister den Betrieb 1879 in einem kleinen Anwesen in der Obertorstraße. Um 1915 übergab er das Geschäft an seinen Sohn Fritz, der die Meisterprüfung im „Tüncher- und Lackiererhandwerk“ 1922 ablegte. Der Betrieb wuchs, zeitweise waren 25 Mitarbeiter beschäftigt. 1927 erwarb Fritz Hartmann ein größeres Anwesen ein paar Meter weiter in der Obertorstraße am Schulberg (heute Ladengeschäft „Erlesenes aus aller Welt“) und richtete dort Werkstatt und Lagerräume ein.
Am Wiederaufbau Gemündens nach 1945 war die Firma Hartmann maßgeblich beteiligt. Bis zur Betriebsübergabe 1957 an seinen Sohn Friedrich bildete Fritz Hartmann 32 Lehrlinge aus; acht tüchtige Gesellen erwarben Meistertitel und machten sich selbstständig. Über Jahre war die Firma hauptsächlich beim Aufbau und dann bei der Erweiterung des Kreuzklosters und seiner Einrichtungen beschäftigt. Die aufkommende Industrie in der Nachbarschaft zog Fachkräfte ab, was nur durch stetige Modernisierung zu verkraften war, wie sich Heinrich Hartmann erinnert. Zwischen 1961 und 1972 wurden verschiedene Verputzmaschinen angeschafft und begann die Umstellung von Holz- auf Stahlrahmen-Gerüstelemente.
1972 trat Heinrich Hartmann in den elterlichen Betrieb ein und ist seit 1984 Firmeninhaber. Drei Jahre später wurde er von der Handwerkskammer Unterfranken als Sachverständiger für das Maler- und Lackiererhandwerk öffentlich bestellt und vereidigt. Er hatte nach dem Abitur eine Malerlehre (Firma Menna in Würzburg) absolviert und dann an der Fachhochschule Architektur mit dem Abschluss Diplom-Ingenieur (FH) studiert.
Gleich 1972 wurde die Buchhaltung auf EDV umgestellt. Dann die Abrechnung des Baulohns über ein Rechenzentrum laufen zu lassen, bezeichnet Heinrich Hartmann im Rückblick als „meine beste Entscheidung“. Sicherlich nicht minder wichtig waren die erneute Betriebserweiterung 1988 am heutigen Standort im Hofweg und die Ergänzung des Leistungsspektrums um die Schadstoffsanierung (Zulassung für Arbeiten mit schwachgebundenem Asbest, Schimmelbeseitigung).
Weit über Main-Spessart hinaus ist der Malerbetrieb heute tätig, erledigte zum Beispiel Schadstoffsanierungen in einem Bamberger Gymnasium und in Gaildorf (Lkr. Schwäbisch Hall). Geschäftlich eng verbunden war die Firma den US-Streitkräften in Unterfranken; die Schließung der Kasernen 2005 in Würzburg und Kitzingen bedeutete einen großen Rückschlag, der auch zum Abbau von Arbeitsplätzen führte.
Größere Projekte in den vergangenen Jahren in der Region waren Renovierungen von Kirchenfassaden in Burgsinn und Dittlofsroda, die Kindertagesstätte und der erste Bauabschnitt der Generalinstandsetzung am MBW Gemünden, die Fassadensanierung der Kreissparkasse Gemünden und der Feuerwehrgerätehausneubau in Langenprozelten. Mit Bosch-Rexroth in Lohr besteht ein Jahresvertrag.
Zurzeit beschäftigt die Firma zehn Facharbeiter und einen Stuckateur-Meister sowie mit Felix Feser einen Meister im Malerhandwerk. Der „Seniorchef“ ist zufrieden: „So aufgestellt, sieht die Firma Heinrich Hartmann zuversichtlich den kommenden Jahren entgegen – die Weichen für eine gute Zukunft des traditionsreichen Unternehmens sind gestellt.“