"Wir werden das Grundkonzept des bisher sehr liebevoll geführten Hauses nicht verändern", erklärt Claudia Sitzer ihre Vorstellungen. "Wir möchten den Charme erhalten, aber das Haus soll behindertengerecht umgebaut werden und auch am Wochenende Gäste nach Schaippach locken."
Diese Pläne überzeugten die Stadt Würzburg. Schulreferent Rainer Hartenstein hatte eine Empfehlung für Sitzers Angebot ausgesprochen und "der Stadtrat hat entsprechend unserer Vorlage entschieden", so Hartenstein auf Anfrage der MAIN-POST. Zwei Argumente haben die Würzburger Stadtväter besonders überzeugt: "Sitzer hat deutlich mehr geboten als die Mitbewerber", verrät Hartenstein, "zudem spricht ihre Erfahrung für sie."
Gemeinsam mit ihrem 85-jährigen Vater Martin Dörr betreibt Sitzer seit 15 Jahren erfolgreich ein Jugendhotel in Nürnberg. Nun engagiert sie sich in Schaippach. "Ich gehe davon aus, dass es funktionieren wird. Schließlich steht auch das Nürnberger Jugendhotel der Familie auf gesunden Beinen", gibt sich Hartenstein optimistisch. In den letzten Jahren benötigte die Schaippachsmühle mit 84 Betten in zwei Häusern jährlich einen 70 000-Euro-Zuschuss von der Stadt Würzburg.
Doch auch Sitzer ist guter Dinge, das Haus wirtschaftlich führen zu können. "Wir werden hier keine Blumentöpfe gewinnen, doch kostendeckend soll es schon sein", sagt die neue Inhaberin. "Profitstreben ist aber nicht unser Antrieb." Stattdessen teilt Sitzer mit ihrem Vater und Hausleiterin Bärbel Flügel die Überzeugung, "dass in unserer Gesellschaft zu wenig für Kinder und Jugendliche getan wird". Und weil Vater Martin Dörr als Jugendlicher selbst schon zu Gast in der Schaippachsmühle war, reifte der Entschluss: "Man darf ein Schullandheim nicht sterben lassen."
Seit Juni schon ist Sitzer offizielle Betreiberin der Schaippachsmühle. Zehn Tage lang schaute die neue Hausleiterin Bärbel Flügel den langjährigen "Hauseltern" Heinz und Barbara Pernitschka über die Schultern, seitdem leitet sie das Haus allein. Mit Begeisterung. "Das Gebäude ist in einem Top-Zustand, von den Gästen kommt positives Feedback", freut sich Flügel. Hauptsächlich Kinder aus den ersten sechs Schulklassen besuchen das Schullandheim. Bis ins Jahr 2004 gibt es bereits Voranmeldungen. "Wir bekommen ständig neue Anfragen. Nach der Unsicherheit über das Fortbestehen des Heims, merken wir nun den Zulauf", so Flügel.
Neben den Grundschülern aus dem Landkreis hoffen Flügel und Sitzer, bald auch Behindertengruppen aus Bayern und Hessen zu begrüßen. "Unser Konzept ist integrativ und ich denke, das wird auch angenommen. Schließlich gibt es in ganz Deutschland kaum Angebote für Behindertengruppen", meint Sitzer.
Auch nach dem geplanten Umbau sollen die Preise "mit denen der umliegenden Schullandheime vergleichbar bleiben", sagt Sitzer. "Auch an der Verpflegung werden wir nicht sparen", verspricht sie.
Stattdessen sollen eine straffe Organisation und günstiger Einkauf Vorteile gegenüber dem Verwaltungsapparat der Stadt bringen. "Und auch bei den Personalkosten werden wir unter dem Beamtentarif liegen. Unser Team von einer Vollzeitkraft und vier Teilzeit-Mitarbeitern wird nach den üblichen Hotel- und Gaststättentarifen bezahlt", rechnet Sitzer. "Wir sind es gewohnt, bei Null anzufangen. Aber hier gibt es schon einen Grundstock. Das wird schon klappen", ist Sitzer überzeugt.
Flügel, zuletzt Leiterin des Montessori-Kinderhorts in Zell, macht sich derweil Gedanken über das pädagogische Konzept des Schullandheims. "Während die Schulklassen hier zu Gast sind, halte ich mich im Hintergrund. Aber die Lehrer erhalten Materialien zu den Themen Wald und Wasser und zur Friedenserziehung, die in diesem Haus Tradition hat".
Ein Aufgeben kommt für die elanvollen Frauen nicht in Frage. "Wir freuen uns auf die Aufgabe und unsere Gäste", sagen Sitzer und Flügel übereinstimmend. Gut so. Schließlich hat sich Sitzer im Vertrag mit der Stadt Würzburg dazu verpflichtet, die Schaippachsmühle noch mindestens 15 Jahre lang als Schullandheim weiter zu führen.