Die Wochen vor Weihnachten 2019 müssen die Hölle gewesen sein für eine 20-Jährige aus dem Landkreis Main-Spessart. Ihr drei Jahre älterer Freund soll sich in der kleinen Wohnung gestört gefühlt haben vom Geschrei ihres acht Monate alten Babys. Mehrfach soll er deshalb beide geschlagen haben: die junge Mutter und das Kind.
Als sich das Baby vier Tage vor Heiligabend plötzlich nicht mehr regte und keinen Ton mehr von sich gab, keimte ein furchtbarer Verdacht: Hatte der Freund das Baby zum Schweigen gebracht? Davon jedenfalls ist der Würzburger Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach inzwischen überzeugt. Er hat den 23-jährigen des Mordes angeklagt.
Der Fall hatte im Landkreis Main-Spessart für viel Aufsehen gesorgt. Dass es innerhalb der kleinen Familie Konflikte gab, wusste auch das Jugendamt, wie ein Sprecher bestätigte. Der 23-jährige Angeklagte hatte das acht Monate alte Kind offenbar als Störfaktor empfunden. Als er festgenommen wurde, schossen wilde Vermutungen ins Kraut.
Schon im November Schläge
Den Ermittlungen von Polizei und Rechtsmedizinern zufolge hatte es schon im November 2019 für Mutter und Kind Schläge gesetzt, wenn das Baby schrie. Am 20. Dezember dann rief die junge Mutter den Notarzt. Ihr Kind gab plötzlich kein Lebenszeichen mehr von sich. Der Notarzt konnte nicht mehr helfen, der Säugling starb in der Klinik. Die Begleitumstände kamen den Ermittlern so verdächtig vor, dass sie die Rechtsmedizin einschalteten.
Obduktion lieferte Beweise
Zehn Tage späte gingen Staatsanwaltschaft und Polizei an die Öffentlichkeit. Laut der Erklärung von Burkhard Pöpperl, Leiter der Staatsanwaltschaft Würzburg, sowie Polizeisprecher Björn Schmitt, war der Säugling "aus zunächst ungeklärter Ursache verstorben". Die Mutter hatte ihn "leblos in seinem Kinderbett aufgefunden".
Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Würzburg wurde der Leichnam obduziert. "Aufgrund der hierbei erlangten Erkenntnisse" wurde wegen des Verdachts eines vorsätzlichen Tötungsdelikts ermittelt. Der 23-Jährige wurde festgenommen, bestritt die Tat aber.
Jetzt legt die Anklage dem gebürtigen Würzburger Körperverletzung in fünf Fällen sowie Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tatmehrheit mit Mord vor. Laut Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach ist der 23-Jährige allein angeklagt.
Neun Verhandlungstage angesetzt
Der Angeklage zufolge soll er, von der Mutter unbemerkt, starken Druck auf den Bauch des Babys ausgeübt und seinen Mund und die Nase verdeckt haben. Er soll verhindert haben, dass das Kind weiteratmet - und so zumindest billigend in Kauf genommen haben, dass das Kind dabei sterben könnte.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten aufgrund der Gesamtumstände ein Handeln aus niedrigen Beweggründen zur Last. Verteidiger Hanjo Schrepfer sagt dagegen: "Ich sehe keine Indizien, die auf ein vorsätzliches Tötungsdelikt meines Mandanten hinweisen."
Für die Hauptverhandlung sind neun Tage angesetzt. Ein Urteil könnte am 3. Dezember fallen.