Sämtliche von Gutachter Hans Ulrich geprüften möglichen Standorte für neue Mobilfunkmasten würden weit unter dem gesetzlichen Grenzwert von 40 Volt/Meter liegen, wie er bei der Informationsveranstaltung am Dienstagabend in der Alten Turnhalle darlegte. Allerdings seien die in Deutschland und anderen Ländern geltenden Grenzwerte sehr hoch, sogar in Indien und China liegen sie bei nur 13 bzw. 12 V/m, in der Schweiz für eine Anlage nur bei 4 V/m, in Luxemburg und Belgien sogar nur bei 3 V/m.
Die höchste in Bayern gemessene Strahlungsbelastung lag bei Messungen zwischen 2001 und 2008 laut Ulrich bei 16,4 V/m, der Durchschnittswert bei 1,66. Die von der Telekom geplanten neuen Mobilfunkanlagen in Sackenbach und Sendelbach hätten prognostizierte Maximalstrahlungswerte von 6 V/m bzw. 4,7 V/m an nahen Wohngebäuden.
Weniger Belastung an Alternativstandorten
Die Strahlenbelastung der vom Gutachter vorgeschlagenen Alternativstandorte läge deutlich darunter: Der Mast in Sackenbach hätte an Wohngebäuden in Sackenbach eine Maximal-Feldstärke von nur 1,1 V/m. In Sendelbach kämen die geeigneten Standorte im Ort auf maximal 2,6 V/m (Ärztehaus, Sendelbacher Straße 3), der favorisierte in der Steinfelder Straße 9 auf 3,2 und der auf dem Schwesternwohnheim (Franz-Kraus-Straße 11) auf 4,6. Selbst wenn mehrere Betreiber die neuen Anlagen nutzten, läge der Wert oft noch unter dem der von der Telekom geplanten Anlagen.
Nicht unbedingt die einem Standort am nächsten liegenden Gebäude seien am stärksten betroffen, da die Strahlung über niedrigere Häuser hinweg gehen könne, sagte Ulrich. Hochhäuser neben einer niedrig gelegenen Mobilfunkantenne seien viel stärker belastet als niedrige. Ulrich empfiehlt deshalb, Mobilfunkantennen innerorts aufstocken zu lassen. In Kempten habe man dadurch die Belastung der Einwohner deutlich verringern können. Bürgermeister Mario Paul hatte die in der Versammlung anwesende Vertreterin der Deutschen Telekom zu prüfen gebeten, ob der Standort an der Post nicht aufgestockt werden könne.
WHO: „möglicherweise krebserregend“
Zahlreiche Forschungsergebnisse wiesen laut Ulrich auf mögliche Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts hin. 2011 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Handystrahlung als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft. Im März 2015 habe eine Studie bei Mäusen eine krebsfördende Wirkung deutlich unterhalb der in Deutschland gültigen, gesetzlichen Grenzwerte gezeigt.
Die Strahlenschutzkommission empfiehlt schon seit 2001, „elektromagnetische Felder im Rahmen der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Möglichkeiten zu minimieren“. Die Bundesregierung hat ebenfalls schon 2007 empfohlen, „die persönliche Strahlenexposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder so gering wie möglich zu halten“ und herkömmliche Kabelverbindungen zu bevorzugen, wenn auf den Einsatz von Funk gestützten Lösungen verzichtet werden kann.
Stadtrat bekommt Immissionskarte zu sehen
Weil möglicherweise eine krebsfördernde Wirkung von Strahlung unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte besteht, werden oft deutlich niedrigere Werte empfohlen. Das Österreichische Bundesministerium für Gesundheit etwa hat 2010 einen Wert von 4,2 V/m empfohlen, das Ecolog-Institut Hannover sogar nur 2 V/m, andere sogar unter 1 V/m.
Wie hoch die Gesamtbelastung durch alle geplanten und prognostizierten Mobilfunkmasten und -antennen in Lohr ist, darüber könnte eine Immissionskarte Auskunft geben, über die Bürgermeister Paul bei den Haushaltsberatungen im Stadtrat sprechen möchte.