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HELMSTADT: Neues vom Jagdschloss, das nie fertig wurde

HELMSTADT

Neues vom Jagdschloss, das nie fertig wurde

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    Das zweite Stockwerk müsste schon gestanden haben: Die Arbeiten am Jagdschloss Mädelhofen wurden 1724 unmittelbar nach dem Tod von Erzbischof Johann Philipp Franz von Schönborn eingestellt. Unser Luftbild zeigt die Reste des Baus nahe der Autobahnauffahrt Helmstadt.
    Das zweite Stockwerk müsste schon gestanden haben: Die Arbeiten am Jagdschloss Mädelhofen wurden 1724 unmittelbar nach dem Tod von Erzbischof Johann Philipp Franz von Schönborn eingestellt. Unser Luftbild zeigt die Reste des Baus nahe der Autobahnauffahrt Helmstadt. Foto: Foto: Mechtild Buck

    Eine außergewöhnliche Entdeckung machten zwei Autobahnpolizisten 1990 bei einem Routineflug mit dem Hubschrauber: Neben der Anschlussstelle Helmstadt der Autobahn 3 zeichneten sich in einem Waldbrunner Feld die Umrisse eines Gebäudes ab. Nachforschungen ergaben, dass es sich um ein bis dahin unbekanntes Bauwerk von Balthasar Neumann handelt: das niemals fertig gestellte Jagdschloss Mädelhofen des Fürstbischofs Johann Philipp Franz von Schönborn. Zwei Studenten aus Würzburg haben nun mehr über diese Jagdschloss herausgefunden.

    Betreut von Gerrit Himmelsbach, Vorsitzender des Spessartbunds und Lehrassistent am Lehrstuhl für Fränkische Landesgeschichte der Universität Würzburg, haben Bastian Reusch und Johannes Köhler im Rahmen des Projektseminars „Landesgeschichtliches Archiv“ insbesondere noch erhaltene Rechnungen der Hofkammer und der Regionalämter aus der Bauzeit im Jahr 1724 untersucht, um daraus Rückschlüsse auf die Geschichte des Gebäudes gezogen.

    Auf Einladung des Arbeitskreises für Denkmals- und Geschichtspflege (ADG) Helmstadt trugen die beiden Geschichtsstudenten, die derzeit im Fachbereich Geschichte promovieren, ihre Erkenntnisse jüngst im Gasthaus Stern vor gut zwei Dutzend Zuhörern vor.

    Himmelsbach erläuterte, dass in der betreffenden Geschichtsperiode (1700 bis 1800) viele kleine Fürsten regierten, von denen jeder versuchte, sich von den anderen abzuheben. Dabei ging der „Trend zum Zweit- oder Drittschloss“, oft auch zum Jagdschloss, wenn der Fürst der Jagd als Passion frönte. Unter Jagd verstand man allerdings zu dieser Zeit ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem das Wild in einen abgezäunten Bereich möglichst nahe an die Schützen herangetrieben wurde.

    Schloss Versailles als Vorbild

    Nach dem Vorbild des Schlosses Versailles wurde im Auftrag des Fürstbischofs Johann Philipp Franz von Schönborn 1719 mit dem Bau der Würzburger Residenz und am 22. April 1724 mit dem Bau des Jagdschlosses Mädelhofen begonnen. Baumeister war jeweils Balthasar Neumann. Als der Fürstbischof am 18. August 1724 durch einen Kreislaufzusammenbruch nach einem Jagdaufenthalt „plötzlich“ verstarb, wurden der Bau des Jagdschlosses eingestellt und die Baumaterialien anderweitig verwendet.

    Reusch hatte die Hofkammer-Protokolle aus dieser Zeit genauer untersucht. Die Hofkammer war damals das „Finanzministerium des Hofstiftes“, Vorsitzender war der Hofkammerpräsident. Die Hofkammer finanzierte den Fürstbischof und seinen Hofstaat sowie die Gästeverpflegung, Besoldung und Pension der Beamten und Bausachen.

    Rechnungen der Hofkammer zufolge wurde das Land für den Bau des Jagdschlosses vom Kloster Oberzell gekauft. Das Bauholz transportierte man vom eigenen Guttenberger Forst an, da das Holz hier billiger zu erstehen war als vom Kloster Oberzell. Die Baukosten wurden durch das Oberjägeramt bezahlt.

    Alle Bauvorhaben eingestellt

    Schon fünf Tage nach von Schönborns Tod wurden nach Prüfung durch Christoph Franz von Hutten alle Bauvorhaben, die er neben der Residenz begonnen hatte, eingestellt. Das Bauholz wurde nach einer Bestandsaufnahme durch das Amt Heidingsfeld, welches für Eßfeld, Waldbüttelbrunn, Gerbrunn, Kleinrinderfeld, Kist und Goßmannsdorf zuständig war, zurück nach Würzburg transportiert.

    Köhler hatte sich die Rechnungen der untergeordneten Regionalämter angeschaut. Diese Ämter sind mit den heutigen Landratsämtern vergleichbar. Sie waren zuständig für die Polizei, das Militär, das Niedergericht und den Einzug von Zöllen und Steuern. Laut Köhler hatte sich das Ämterwesen seit dem 13. Jahrhundert aus dem Lehnswesen entwickelt, wodurch die Verwaltungsform der geografisch betriebenen Herrschaft entstanden war. Das bedeutet beispielsweise: Zu einer Burg gehören mehrere Dörfer.

    Der zweite Stock war wohl gebaut

    Zwei Rechnungen der Guttenberg Vogtei bestätigen, dass das Bauholz aus dem Guttenberger Forst kam. Auf den Fortschritt des Bauwerks bis zu seinem Baustopp und Abriss kann man schließen, wenn man die Rechnung für den Abriss betrachtet: 40 Arbeitskräfte wurden für zwei Wochen Arbeit entlohnt. Außerdem hatte von Schönborn bereits 6000 Gulden investiert, die Fertigstellung hätte nochmals 2000 Gulden gekostet. Wahrscheinlich stand somit bereits das zweite Stockwerk.

    Der Vorsitzende der ADG, Helmstadts Bürgermeister Edgar Martin, erinnerte bei dem Vortrag an eine im Jahr 2006 „Im Winkel“ in Helmstadt gefundene und frei gelegte historische Straße. Die 5,30 Meter breite Straße führt direkt zum Jagdschloss Mädelhofen.

    ONLINE-TIPP

    Link zur Publikation der Direktion für Ländliche Entwicklung Würzburg aus den 90er Jahren: www.ale-unterfranken.bayern.de/publikationen/26030/linkurl_1_3.pdf

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