Seit einigen Tagen dreht sich im Mühlgraben der Oberen Mühle in Partenstein nach vielen Jahren wieder ein Wasserrad. Jedoch nicht um wie in der Vergangenheit Getreide oder Schwerspat zu mahlen, sondern um Strom zu erzeugen. Bei dem Mühlrad handelt es sich um ein ganz besonderes Stück
Langsam tauchen die schwarzen Schaufeln des Wasserrades tief in das gestaute Wasser des alten Mühlgrabens. Auf dem alten Fundament des ehemals rund sechs Meter großen Mühlrades ist nun ein kleines schwarz-glänzendes und nur 2,5 Meter großes Wasserrad installiert. Das Besondere an dem kleinen Wasserkraftwerk ist, dass hier mit einem neuen Prinzip die Kraft des Wassers genutzt wird. Schon seit Längerem spielte der Besitzer der Mühle, Jürgen Kunkel, mit dem Gedanken, ein Wasserkraftwerk mit Mühlrad zur Stromversorgung zu installieren.
Dies scheiterte in der Vergangenheit jedoch an der zu geringen Energieausbeute der klassischen Wassermühlen. Erst durch den Kontakt mit Dr. Gerald Müller, Bauingenieur an der Universität Southampton in Großbritannien, konnte nun sein Wunsch erfüllt werden. Über das von der EU geförderte Forschungsprojekt „Hylow“ konnte der erste Feldversuch mit dem von Müller entwickeltem Wasserrad in Partenstein gestartet werden.
Im Gegensatz zu den klassischen Mühlrädern, bei denen das Wasser nach unten fließt oder stürzt, setzt die Entwicklung von Dr. Müller auf ein anderes Prinzip. Sein optimiertes Wasserrad wird durch den Druck des vorgestauten Wassers gedreht. So kann es große Wassermengen nutzen. Die Vorteile dieser Wasserdruckmaschine liegen darin, dass nur geringe Fallhöhen nötig sind. Somit kann das Wasserrad kleiner sein. Überdies sind nur niedrige Drehgeschwindigkeiten nötig.
Das Rad selbst hat nur wenige Schaufeln, die schräg gestellt sind. Dadurch können entsprechend der neuen EU-Richtlinien möglichst viel Schlamm und Fische das Mühlrad passieren, weswegen die Technik im Vergleich zu bisherigen Mühlrädern als ökologisch verträglicher gilt.
Durch den relativ geringen Durchmesser des Wasserrades eignet sich ein Einbau besonders im Bereich bestehender Wehrstandorte. In Laborversuchen wurden trotz der geringen Fallhöhe hohe Wirkungsgrade erzielt. In Partenstein werden in den nächsten Monaten an der europaweit einzigen Experimentalanlage Daten gesammelt um das neue Prinzip für eine Serienfertigung vorzubereiten.
In dem Verbundprojekt „Hylow“ (Hydropower Converter for very low Head Differences, Wasserkraftwerk für sehr niedriges Gefälle) sind 13 Universitäten, Forschungseinrichtungen und Ingenieurbüros aus fünf europäischen Ländern vertreten. Ziel ist es, einen neuartigen Energiewandler für die Kleinwasserkraft mit Leistungen unter einem Megawatt zu entwickeln. Die in Partenstein erprobte Technologie soll dazu beitragen, dass die bisher aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen kaum genutzte Wasserkraft mit Fallhöhen unter zweieinhalb Metern besser genutzt werden kann. Hier sieht man in Westeuropa ein großes, bislang ungenutztes Energiepotenzial.