Etwas skeptisch blickt die Kuh nach unten, fragt sich wohl, was da auf sie zukommt. Misstrauisch beäugt sie den automatisch durchlaufenden Gülleschieber und hebt dann die Beine, dass er unter ihr durchfahren kann. Andere treten weniger interessiert einfach zur Seite.
Der Gülleschieber ist Teil eines Entmistungssystems im neuen Rinderlaufstall von Herbert Adrio und seinem Neffen Christian Fischer in Weickersgrüben. Während die Kühe und Bullen im vorderen Bereich auf dem spaltenfreien Boden stehen und fressen, können sie sich im hinteren Bereich in tieferen mit Stroh gefüllten Boxen ausruhen. Der Stall ist besonders artgerecht und erfüllt damit Ökoauflagen.
Adrio, 65, und Fischer, 35, sind gerade dabei, ihren Gemeinschaftsbetrieb mit Ackerbau von konventioneller auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen. Zurzeit haben sie 35 Mutterkühe, dazu rund 100 Kälber und Bullen – vor allem Gelbes Frankenvieh, aber auch Kreuzungen mit Fleckvieh. Während der Landbau seit 1. Juli bereits auf Ökoanbau umgestellt ist und sie beispielsweise zum ersten Mal Futtererbsen als Eiweißfutter für die Tiere anbauen, soll die Umstellung bei der Rinderhaltung zum 1. Januar folgen.
Finanzielle Gründe
Warum Ökolandbau? Das habe durchaus handfeste finanzielle Gründe, sagt Herbert Adrio, der den Betrieb aufgebaut hat. Man habe so zwar oft nur den halben Ertrag, aber man spare sich künftig das Geld für Dünger und Spritmittel. Hinzu kommen höhere und stabilere Abnahmepreise – und natürlich auch günstige Förderbedingungen für den Umstieg. Es sei mitunter schon unangenehm gewesen, wenn man beim Spritzen auf dem Feld in einen Nebel eingehüllt war, sagt Adrio. Oft sei er hinterher ganz benommen gewesen.
Der Ökolandbau sei aber aufwendiger. „Man muss den Boden besser behandeln als im konventionellen Bereich“, sagt Neffe und Agraringenieur Christian Fischer, der schon als Bub seinem Onkel geholfen hat und als Lehrersohn nun als halber Quereinsteiger Landwirt geworden ist. Durch Düngung habe man vorher Verdichtungen wettmachen können, das gehe jetzt nicht mehr, jetzt dürfe man, wenn der Boden feucht ist, eben nicht mehr mit dem Traktor darauf fahren. Beim ökologischen Anbau brauche es einen höheren Humusanteil. Kleegras sei dafür gut, es durchwurzele und lockere den Boden, sagt Fischer.
Zurzeit befindet sich der Betrieb im Ackerbau aber in einer zweijährigen Umstellungsfrist. Die Ernte dürfe noch nicht als ökologische Ware verkauft werden. Da Adrio und Fischer, der hauptberuflich Leistungsprüfer für Milcherzeuger in der Rhön ist, aber sowieso das Futter als Eigenbedarf für ihre Rinder brauchen, ist das kein großes Problem für sie.
Rund 120 Hektar bewirtschaften sie zusammen. Während sie momentan noch viel Schrot, darunter Sojaschrot, verfüttern, wollen sie künftig mehr auf Gras setzen und auch weniger Mais anbauen, der im Ökoanbau sehr arbeitsintensiv ist. Zudem wollen sie für den Verkauf etwa Dinkel, Brotgetreide und Roggen anbauen.
Für die beiden Landwirte ist der Umstieg auch ein Schritt ins Ungewisse. Natürlich haben sie sich vorher bei anderen Ökobetrieben informiert, von denen die meisten keine Rolle rückwärts machen würden, wie sie versichert hätten. Aber nun werde sich zeigen, welche Unkräuter ohne Pflanzengifte wie stark wachsen. Was macht etwa der Ackerfuchsschwanz? Dass der Sommer in diesem Jahr so extrem trocken war, habe aber auch das Unkraut zu spüren bekommen. Künftig müsse zur Unkrautbekämpfung mehr gehackt und gestriegelt werden. Adrio und Fischer wollen sich mit einem Landwirt aus Waizenbach zusammentun, der eine neue Hacke und einen neuen Striegel kaufen will.
Ein Vorteil für den Gemeinschaftsbetrieb ist, dass er auch Viehhaltung hat, weil diese wichtigen Dünger abwirft. Während sich jedoch etwa Öko-Dinkel über eine Naturland-Vermarktungsgenossenschaft zu höheren Preisen absetzen lasse, sei es bei der Biofleischvermarktung schwieriger. Der Aufschlag liege im Biobereich derzeit bei 30 Cent pro Kilogramm. Adrio und Fischer haben sowohl Mastbullen als auch Mastrinder, also weibliche Tiere. Absurd: „Rinder haben das bessere Fleisch, werden aber schlechter bezahlt.“
Nun, im Sommer sind die Mutterkühe mit Kälbern und dem manchmal etwas ungestümen Bullen Hans auf der Weide. Die Mutterkühe werden rein zur Kälberaufzucht gehalten, nicht für die Milcherzeugung. Die hat Adrio 1993 aufgegeben.