Die Chemiespritze hat ausgedient – Bio liegt im Trend. Immer mehr Menschen wollen ökologisch erwirtschaftete Lebensmittel. Und die Landwirte der Region entdecken das Segment nach und nach für sich. Seit einigen Monaten gehört Franz-Josef Väth aus Erlenbach zu ihnen. Er hat sich dem Verband „Bioland“ angeschlossen. Mit 350 Hektar ist er derjenige, der den Großteil der Erlenbacher Ackerfläche (448 Hektar) bestellt.
Erst Erbsen, dann Klee, Weizen, Sommergerste, Ackerbohnen, Roggen und dann wieder Klee – die Fruchtfolge im ökologischen Landbau ist nach alter Tradition ausgetüftelt: Erbsen und Ackerbohnen kann Väth als Tierfutter verkaufen, Klee bindet den für das Getreide notwendigen Stickstoff. Wenn sich der Kreislauf etabliert hat, wird Väth auch Sonnenblumen oder Sojabohnen anpflanzen.
Bisher betrieb Väth intensive Bewirtschaftung: Er säte Raps, Weizen und Sommergerste im Wechsel. Doch er merkte, dass dies den Boden immer mehr ausmergelte. „Er ist anfälliger geworden für Beikräuter“, sagt der 55-Jährige. Um Schädlinge wie den Rapsglanzkäfer zu bekämpfen, brauche man immer mehr Insektizide. „Je intensiver die Bewirtschaftung, desto mehr Chemie ist notwendig“, lautet sein Fazit. Mit Chemie meint der Erlenbacher den notwendigen Dünger und die Spritzmittel gegen Ungeziefer und Unkraut.
Auch für Landwirt Dieter Gräder aus Oberwittbach (64 Jahre), der insgesamt 190 Hektar Ackerfläche in seinem Heimatort sowie in Altfeld, Michelrieth und Röttbach bewirtschaftet, war dies einer der Gründe, mit seinem Betrieb den Schwenk in Richtung Bio zu vollziehen. „Ich war auf einer Versammlung, in der über das neue Pflanzenschutz- und Düngerecht referiert wurde“, sagt er. Die Regeln würden immer mehr kontrolliert. „Ich hatte ständig Angst, dass ich etwas falsch mache.“
Im Herbst wird er, der den elterlichen Hof seit 1986 bewirtschaftet, in Rente gehen. Die Geschäfte, zu denen auch das Oberwittbacher Kompostwerk gehört, übergibt er dann an Sohn Bernhard. „Für ihn, der erst seit Anfang dieses Jahres vollständig in den Betrieb eingestiegen ist, wäre der konventionelle Betrieb schwerer geworden“, sagt Gräder. Die Entscheidung für die Umstellung tragen alle im Hause Gräder mit – Seniorchef, Sohn und Ehefrau.
Wäre Franz-Josef Väths Vater Erich noch Chef des Erlenbacher Hofes, hätte er sich vermutlich nicht für den ökologischen Landbau entschieden. Doch der Sohn trägt nun die Verantwortung. Das Geld muss auch für die Familie seines Bruders Werner reichen, der auf dem Hof angestellt ist.
Gundram Engelhart aus Tiefenthal (53 Jahre) ist ebenfalls Landwirt im Haupterwerb mit 170 Hektar Bewirtschaftungsfläche. Und trotzdem arbeitet er für fünf Monate im Jahr im Winterdienst – die Familie will ernährt und die Investition in Maschinen bezahlt werden; auch die Versicherungssummen sind kein Pappenstiel.
Die drei Landwirte schlossen sich alle im Juli 2016 Bioverbänden an, einem deutschen Verband für ökologischen Landbau. Sie sind damit nicht die einzigen im Umkreis, die ökologischen Landbau betreiben. Kollegen haben sie unter anderem in Eichenfürst, Helmstadt, Remlingen, Leinach und Greußenheim.
„Wir müssen wieder mehr mit der Natur arbeiten.“
Dieter Gräder, Landwirt aus Oberwittbach
„Ich war immer dafür, weniger zu spritzen“, sagt Franz-Josef Väth. Wenn er noch dazu mit den gleichen Erträgen rechnen kann: warum nicht? Auch Landwirte sind Unternehmer, die nach ökonomischen Gesichtspunkten handeln. Die Rechnung scheint aufzugehen: Die Körner in den Weizenähren werden nicht mehr so prall und schwer sein wie bisher. Doch auch wenn sich die Erntemenge in etwa halbiert, bekommt der Erlenbacher von „Bioland“-Abnehmern einen höheren Preis. Väth sagt: „Ich rechne damit, dass unter dem Strich genauso viel wie bisher übrig bleibt.“ Hinzu kommt noch die staatliche Förderung, die ihm für fünf Jahre zusteht.
Gundram Engelhart stört sich daran, dass er für Saatgut, Dünger und Spritzmittel viel Geld vorstrecken musste. Erlöse gab es erst mit der Ernte. „Ich wusste im Voraus nie, welchen Preis ich bekomme“, sagt er. Im vergangenen Jahr habe es für 100 Kilogramm Weizen nur zwölf Euro gegeben; in Vorjahren seien es auch schon mal bis zu 18 Euro gewesen.
Für Väth ist der Wechsel auf biologische Landwirtschaft eine Testphase. Wenn die Zahlen nach Ablauf des ersten Förderzeitraumes stimmen, bleibt er dabei – wenn nicht, wechselt er zurück auf Intensivbetrieb.
Während der Umstellungsphase, die zwei Ernten umfasst, dürfen die Landwirte die Früchte zwar als Umstellungsware verkaufen; sie werden allerdings nur an Tiere verfüttert. Abnehmer für die Ernte im Sommer hat Väth noch nicht. Er rechnet jedoch damit, dass er diese noch im Januar an Milchbauern im Allgäu per Vorkontrakt verkaufen kann. Denn in seiner Umgebung besteht kein Bedarf an Futtermitteln aus Umstellungsbetrieben. Danach hofft er, seine Waren bei verarbeitenden Betrieben hierzulande verkaufen zu können.
Väth rechnet nicht damit, dass er zu Fuß über die Schollen gehen muss, um jedes Unkrautpflänzchen einzeln herauszureißen. So oder so arbeitet er an sechs Tagen in der Woche jeweils zehn Stunden durchschnittlich. Für zusätzliche Handarbeit ist keine Zeit. Die Bewirtschaftung erfolgt auch in Zukunft vor allem mit dem Traktor und dem Striegel, der das Unkraut ausreißt. Nach der Getreideernte wird eine Zwischenfrucht gesät, die den Boden mit frischem Humus versorgt und Unkraut unterdrückt.
Dies können zum Beispiel die blau blühende Phacelia (Bienenfreund) oder Klee sein. Statt mineralischem Dünger sorgt Stallmist von einem Lengfurter Bauern für die notwendigen Nährstoffe. Im Gegenzug liefert Väth für dessen Kühe frischen Klee.
Schädlinge wird Väth künftig nicht mit Gift bekämpfen. Weil es etwa gegen den Rapsglanzkäfer kein Mittel gibt, das „Bioland“ zulässt, wird kein Raps angebaut. Dieter Gräder ergänzt: „Wir müssen wieder mehr mit der Natur arbeiten.“ Bisher hätte man Fehler leichter korrigieren können – mit Dünger oder Gift. Aber Väth prophezeit: „Die Spritze wird demnächst verkauft. Sie hat ausgedient.“
Ökologischer Landbau &„Bioland“ In Bayern bewirtschaften insgesamt 8000 Ökobetriebe eine Fläche von über 250 000 Hektar, heißt es auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF). Damit nehme der Freistaat einen Spitzenplatz im Bundesvergleich ein. Denn fast ein Drittel aller deutschen Ökobetriebe wirtschaftet in Bayern. „Bioland“ ist der bedeutendste Verband für ökologischen Landbau in Deutschland, heißt es auf dessen Internetseite. Über 6200 Landwirte, Gärtner, Imker und Winzer wirtschaften nach den Bioland-Richtlinien. Hinzu kommen mehr als 1000 Partner aus Herstellung und Handel wie Bäckereien, Molkereien, Metzgereien und Gastronomie. Seit 45 Jahren entwickeln die „Bioland“-Mitglieder mit ihrem Verband nach eigenen Angaben eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche Alternative zur intensiven, von Industrie und Fremdkapital abhängigen Landwirtschaft. Ziele seien die nachhaltige Erzeugung hochwertiger und gesunder Lebensmittel, Wirtschaften im Einklang mit der Natur, Förderung der Artenvielfalt sowie Klima- und Umweltschutz und damit die Sicherung der Lebensgrundlagen und der Erhalt einer vielfältigen Kulturlandschaft. Quellen: StMELF/Bioland