Grade erst hat die Firma Paidi ihren neuen Werksverkauf im Gewerbegebiet II im Süden Hafenlohrs eröffnet. Jetzt kündigt der Möbelhersteller für Baby-, Kinder- und Jugendzimmer sein nächstes Bauprojekt an: Er will sein Stammwerk im Gewerbegebiet I im Norden des Ortes erweitern.
Die Crux dabei: Zwar gehört dem Unternehmen schon ein Großteil der Flächen, doch liegen diese nicht mehr auf Hafenlohrer Grund, sondern auf der Gemarkung der Stadt Rothenfels. Deshalb arbeiten die beiden Kommunen jetzt zusammen. Sie wollen ein interkommunales Gewerbegebiet ausweisen, teilte Rothenfels' Bürgermeister Michael Gram auf Anfrage der Main-Post mit.
Den ersten Schritt in diese Richtung hat sein Stadtrat schon getan: Er hat einen Flächennutzungsplan und einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf den Weg gebracht. Der interkommunale Aspekt dabei: Würde Rothenfels allein das Gewerbegebiet zwischen dem Forstbetrieb von Michal Anton und dem jetzigen Paidi-Werk als Gewerbegebiet ausweisen, müsste die Stadt es mit einer Straße erschließen. Dies aber ist gar nicht nötig, da das auszuweisende Stück schon über die Paidi-Werkseinfahrt zugänglich ist – gleichwohl sich das Gelände entlang der Staatsstraße 2315 von der Einfahrt her 750 Meter nach Norden erstreckt.
Die Gemarkungsgrenze zwischen den beiden Ortschaften schlägt Haken: Das jetzige Werksgelände liegt größtenteils auf Hafenlohrer Grund. Der Radweg westlich davon aber verläuft bis etwa zur Hälfte des Werksgeländes auf Rothenfelser Boden.
Was bis vor kurzem keinem so recht bewusst war: Eine der Paidi-Lagerhallen steht schon seit 1987 auf diesem schmalen Rothenfelser Zipfel – vom Gemeinderat Hafenlohr und dem Landratsamt genehmigt, ohne dass der Stadtrat Rothenfels dazu befragt worden wäre. Eigentlich hätte der Bau im Außenbereich damals gar nicht genehmigt werden dürfen, räumt auch das Landratsamt Main-Spessart auf Anfrage ein. Dieser Fauxpas der Vergangenheit könnte mit der geplanten Ausweisung jedoch jetzt geheilt werden.
Was nicht schon Paidi gehört, sei Eigentum der Stadt Rothenfels, erläuterte Gram. Der städtische Anteil sei etwa einen Hektar groß. Davon wird die Stadt wohl einen Teil an Paidi verkaufen. Paidi sei interessiert an einem schmalen Streifen zwischen dem jetzigen Werksgelände und dem Radweg im Westen, zwischen zehn und 19 Metern breit, erklärte Geschäftsführer Thomas Möller auf Anfrage. Bürgermeister Michael Gram bestätigt: „Wir sind noch in Verhandlungen.“
Flächen für weitere Gewerbebetriebe im Rothenfelser Talgrund sind nicht geplant – diese bräuchten dann wieder eine eigene Zufahrt. Auf jeden Fall aber will die Stadt einen Grünstreifen behalten zwischen dem Sägewerk des Forstbetriebs Michal Anton und der neuen Paidi-Lagerhalle.
Die Lagerhalle sei geplant im Anschluss an jene, die jetzt schon auf Rothenfelser Gemarkung steht. Wie Geschäftsführer Möller auf Anfrage erläuterte, wird sie wohl etwas breiter und länger werden als die benachbarte auf Rothenfelser Grund, die 20 mal 60 Meter misst. Die Baukosten sind mit 300 000 Euro überschaubar. „Im Idealfall“, so Möller, könnte sie „im nächsten Jahr“ errichtet werden.
Denn Paidi braucht Platz. Zwar ist der Mitarbeiterstand mit 160 Beschäftigen in Hafenlohr (in Polen sind es 340) ähnlich stabil wie der Umsatz, der laut Möller bei 60 Millionen Euro liegt. Aber: „Die Varianz nimmt zu“, erläutert der Geschäftsführer den Hintergrund. Große Kunden forderten Exklusiv-Varianten („man will nicht vergleichbar sein“) und dies „geht in die Breite“.
Von dem knapp sechs Hektar großen Betriebsgelände wird nur gut ein Drittel für Produktionsgebäude genutzt. Während große Mengen im polnischen Werk in Kolbuszowa hergestellt werden, konzentriert sich die Produktion in Hafenlohr auf komplexe und vielfältige Möbel, erläutert Möller. Nur um eine Größenordnung zu verdeutlichen: In den Hafenlohrer Hallen liegen laut Müller rund 2500 Packstücke auf Lager.
Großen Nutzen wird die Stadt Rothenfels von ihrem potenziellen Gewerbegebiet allerdings nicht haben. Wohl formuliert Bürgermeister Gram: „Es hat mich gefreut, dass Paidi am Standort investiert.“ Mit einem Anteil an der Paidi-Gewerbesteuer aber kann Bayerns kleinste Stadt nicht rechnen. „Gewerbesteuer wird nach Arbeitsplätzen berechnet“, erklärt Hafenlohrs Bürgermeister Thorsten Schwab gelassen, „und in einer Lagerhalle sind keine Arbeitsplätze.“