Zwischen ganz gewöhnlichen Feldblumen war ihm eine riesige Population schöner, rot-violetter Blüten aufgefallen. Bei genauerer Betrachtung und sachverständiger Erklärung erwiesen sich diese Pflanzen als "kleines Knabenkraut", das einst als die häufigste heimische Orchideenart galt. Inzwischen sind die Umwelteinflüsse dieser Pflanze so schlecht bekommen, dass sie vom Aussterben bedroht ist und unter Schutz gestellt werden musste.
Ein Blick ins Internet lässt auch ein wenig schmunzeln, wenn man zu klären versucht, wie denn ausgerechnet der Name Knabenkraut zustande gekommen sein mag. Wissenschaftlich heißt es "Orchis Morio". Orchis steht für Knolle oder Hoden, worauf wir später noch zu sprechen kommen, und Morio für Narr (aus dem Griechischen). Deshalb heißt das spargelartige Gewächs auch Narrenkappe und wird mit einer Wahnsinn erzeugenden Pflanze in Verbindung gebracht, die schon bei Plinius Erwähnung fand.
Die kleine kräftige Pflanze mit Blättern von 5 bis 15 Zentimetern ist ein früher Vorbote der Orchideensaison. Die nicht sehr üppigen Blüten variieren in Farben von Dunkelrot über Purpurviolett hin zu Rosa und Weiß. Das Knabenkraut liebt trockene bis mäßig feuchte Magerwiesen, auch Streuobstwiesen. Das Verbreitungsgebiet ist von Europa und Vorderasien bis nach Sibirien und Nordafrika.
Früher galt das kleine Knabenkraut nahezu als Allheilmittel gegen Geschwülste, Geschwüre und Durchfall. Eine Wirkung konnte wissenschaftlich nicht belegt werden und ähnlich dürfte es mit der den Namen gebenden Bedeutung als Aphrodisiakum stehen.
Paracelsus (1494 bis 1541) vertrat die Auffassung, dass Naturkörper durch ihre Gestalt andeuteten, gegen welche Beschwerden sie nützlich seien. Was also wie ein Hoden aussah, musste nach diesem Gesetz auch die Kraft der Lenden stärken. Die Orientalen waren von der Pflanze besonders beeindruckt. Pulverisiert und verkocht bereiteten sie aus dem Knabenkraut die schleimige Tinktur Salep. Ihren Namen hat diese aus dem Arabischen. In Isfahan und Konstantinopel gab es Salep-Salons, in denen das die Manneskraft stärkende Wundermittel genossen wurde.
Bei uns war die freudensteigernde Wirkung der Knolle mit einer Ernte am Fest des heiligen Johannes des Täufers verbunden. Sie musste zu bestimmter Stunde mit dem Spruch "Ich grab' dich für mich zur Liebe und zum Glück" dem Boden entrissen werden.
Die vom Aussterben bedrohte Pflanze darf natürlich nicht mehr "geerntet" werden und für Glasofen mag das reichhaltige Vorkommen den Sinn eines früheren Hochzeitsspruchs erfüllen: "Kein Keuschbaum, Klosterpfeffer dienet, das ist nur Unkraut für die Braut, bringt lieber, was für beide grünet, hier Knaben-, Taschen-, Pfennigkraut."