Bei schönem Wetter kann man freitags ab 16 Uhr auf dem Bolzplatz gegenüber des Altenheimes Mainbrücke, wo sich Südring und Ullrich-Willerstraße kreuzen, eine Gruppe junger Leute bei einer für die meisten Menschen unbekannten Sportart beobachten. Es handelt sich hierbei um Jugger (ausgesprochen: „Tschagger“).
Diese Sportart stammt ursprünglich aus dem dystopischen Spielfilm „Die Jugger – Kampf der Besten“ aus dem Jahr 1989, fand aber in den letzten Jahre immer größeren Anklang und ist gerade in Deutschland sehr verbreitet; so existiert hier sogar eine offizielle erste Liga, die sogenannte „German Jugger League.“ Jetzt ist Jugger auch in Marktheidenfeld angekommen.
Daniela Hoffmann stieß erstmals in der Erlebnispädagogik auf diese Sportart und bietet sie nun mit ihren Kollegen vom CVJM Marktheidenfeld seit Juni an. Bereits den Winter über bastelten sie gemeinsam mit einigen Jugendlichen an den Spielgeräten, wie den sogenannten Pompfen und den Malen. Diese werden von den Spielern selbst aus Schaumstoff hergestellt, sodass man sich damit nicht verletzen kann.
Beim Jugger ist der Spaß im Vordergrund
Beim Jugger selbst handelt sich um einen Mannschaftssport mit Elementen verschiedener Individualsportarten wie Fechten, Rugby und Ringen. Der Sport erinnert ein wenig an Gladiatorenkampf, ist aber dank der Schaumstoffgeräte und festgelegter Regeln und Trefferzonen ungefährlich. Es fällt auf, dass die Spieler untereinander deutlich fairer sind, als es bei anderen Mannschaftssportarten der Fall ist. Auch der Spielstand ist hier eher zweitrangig, es steht vor allem der Spaß im Vordergrund.
Trotzdem spielen Strategie und Teamwork eine große Rolle, da es ohne die Teamkollegen unmöglich ist, einen Punkt zu erzielen. Jugger wird auf einem abgesteckten, 40 Meter langen und 20 Meter breiten Feld gespielt, auf dem der Mittelpunkt zwischen den Längsseiten gekennzeichnet wird. Außerdem muss jeweils zwei Meter vor den Grundlinien, welche die Längsseiten bilden, das Mal, eine Art Nest, in das der Spielball gesteckt wird, aufgebaut werden. Diesen Spielball nennt man Jugg und er wird vor jedem Spielzug auf dem markierten Mittelpunkt platziert.
Ausgeklügelte Taktik nötig

Die Mannschaften, jeweils mit fünf Spielern und bis zu drei Auswechselspielern, nehmen hinter der Grundlinie an ihrem jeweiligen Mal Aufstellung, diskutieren die Taktik und suchen ihren Läufer für den nächsten Spielzug aus. Auf das Kommando „3 – 2 – 1 – Jugger!“ stürmen beide Mannschaften auf den Jugg los, um ihn als erstes in die Hände zu bekommen. In jeder Mannschaft darf nur der Läufer den Jugg mit den Händen berühren. Seine Teamkollegen haben dafür zu sorgen, dass er den Jugg in das Mal des Gegners stecken kann und dadurch einen Punkt erzielen kann. Hierfür ist eine ausgeklügelte Taktik nötig, da der Gegner verhindern will, dass der Läufer von den Pompfen beziehungsweise der Kette des Gegners getroffen wird und dadurch den Jugg verliert.
Wird ein Spieler von einem Gegenspieler mit der Pompfe getroffen, wird er zu einem inaktiven Spieler. Er muss sich auf den Boden knien, seine Pompfe vor sich ablegen und darf nicht in das Spielgeschehen eingreifen. Ist der getroffene Spieler der Läufer, muss er den Jugg ebenfalls ablegen, sodass ihn gegebenenfalls der gegnerische Läufer aufnehmen kann. Die Auszeit für von Pompfen getroffene Spieler beträgt fünf Trommelschläge, während Kettentreffer mit acht Schlägen Auszeit bestraft werden. Diese Strafzeit muss der Spieler für alle sichtbar mit einer Hand auf dem Rücken abzählen. Nach Ablauf der Zeit darf der Spieler wieder aktiv werden, er kann aber auch weiter inaktiv bleiben. Eine Ausnahme bildet hier das sogenannte „Pinnen“. Hierbei legt ein Spieler seinem Gegner seine Pompfe auf eine Trefferzone – als solche gelten alle Körperteile bis auf Kopf –, und dieser ist so lang inaktiv, bis die Pompfe weggenommen wird und seine Strafzeit abgelaufen ist.
Pompfen, Q-Tip und Kette
Diejenigen Läufer, die als einzige nicht mit Pompfen ausgestattet sind, machen vor jedem Spielzug untereinander aus, mit welchem Körpereinsatz gespielt wird, dieser reicht von gar keinem Körperkontakt bis zum Ringen miteinander. Auch unter den Pompfen gibt es verschiedene Arten, sie reichen von der Kurzpompfe mit Schild, über die Langpompfe und den Q-Tip, welcher die einzige Waffe ist, mit der nicht gestochen werden darf, bis hin zum Stab, der ebenso wie Langpompfe, Q-Tip und Kette zweihändig benutzt werden muss.
Ein Sport für Jung und Alt
Trotz dieser vielen unbekannten und vielleicht auch etwas verwirrenden Bezeichnungen benötigt man für Jugger keinerlei Vorkenntnisse, sondern kann einfach mitmachen, wenn man möchte. Das sei ein großer Vorteil am Jugger, sagt Hoffmann, da somit jeder, egal wie alt oder sportlich, mitspielen kann. Eine weitere Besonderheit des Sports sei zudem, dass die Mannschaften so fair zueinander sind und es zusätzlich ein großes Maß an Teamwork und Strategie für das Juggern erfordert. Auch spielen hier Jungs und Mädchen miteinander beziehungsweise gegeneinander, was bei anderen Mannschaftssportarten so gut wie unmöglich ist. Bei schlechtem Wetter und im Winter machen die Jugger keine Pause, dann wird in Marktheidenfeld in der MSP-Halle weitergespielt.