"Lauft nicht weiter, kauft den scharfen Schneider", singt der Mann hinter dem Gemüsehobel und tatsächlich bremst so mancher Messebesucher beim Vorbeigehen am Verkaufswagen in der Kreuzbergstraße seinen Schritt. Küchengerätschaften, Socken, Schmuck, Gewürze, Textilien, Schirme, Spielwaren, Nähmaschinen, Lederwaren - die Auswahl auf der Laurenzi-Messe ist reichlich, und nicht wenige Besucher warten mit einem "Spezialeinkauf" ein ganzes Jahr, um dann bei der Mess' zuzuschlagen, weil man das Gesuchte eben nur dort kriegt oder nur dort in der besonderen, geliebten Atmosphäre kaufen kann.
Selbst Elfriede Jelinek hat hier ihren Stand. Doch die Namensvetterin der Nobelpreisträgerin aus Österreich hat keine Bücher in der Auslage, sondern Miederwaren. Fesche Sachen sind dabei, auch verspieltes, "für Junge und Junggebliebene", wie die Münchnerin betont. Schon seit 30 Jahren komme sie nach Marktheidenfeld, ruft Jelinek hinter der Reizwäsche hervor, und sei's zufrieden. Die Kundinnen wohl auch, die hier von Größe 65 bis 115 eine breite Auswahl haben. Im Angebot: der Dirndl-BH mit Push-Up-Faktor. Das klingt viel versprechend.
Ihrem Stand gegenüber hat sich ein Pulk von Zuschauern gebildet, die sich einen "sensationellen Spiralschneider" für Rettich und Obst demonstrieren lassen. Gratis dazu gibt es eine Einführung in die Grundrechenarten. "Der hier macht fünf Euro und der acht Euro - macht zusammen zwölf Euro", zählt der Verkaufsprofi den Kunden vor.
Den eingesparten Euro könnte man zum Beispiel am Stand des Tierschutzvereins Marktheidenfeld investieren. Der Erlös aus Kaffee und Kuchen geht an das Tierheim in Wertheim.
Ziegenbutter und Teufelskralle
Ein dick mit weißer Salbe eingeschmierter Unterarm weist den Weg zu Georg Gerhard. Am Stand des Aschfelders gibt es Pferdebalsam, Ziegenbuttercreme, Teufelskralle, Murmeltieröl und dergleichen mehr. Gerhard ist zum zweiten Mal auf der Messe und mit dem Verkauf sehr zufrieden, obwohl er nur einer von mehreren Anbietern solcher Produkte ist. Pferd ist keines in der Salbe, klärt er die interessierten Standbesucher auf, sondern Arnika, Pfefferminz, Fichtennadelholz, Rosskastanie, Avocado und Rosmarin - lauter gute Sachen, die bei Gelenkbeschwerden, Prellungen, Zerrungen und Verspannungen helfen sollen.
Einer, der das vielleicht nach der Laurenzi-Messe gebrauchen könnte, ist Hans-Jürgen Flemming aus Haßfurt. Unermüdlich demonstriert er mit schwungvollen Armbewegungen neugierigen Hausfrauen und Hausmännern an Spiegeln und Fensterscheiben den "weltweit einzigartigen, tropffreien Fensterwischer". Das Geschäft läuft, zeigt sich Flemming zufrieden. Schließlich gebe es das Gerät bislang nicht im Laden, sondern noch einige Wochen lang nur exklusiv auf Messen. Seit rund 30 Jahren ist die Haßfurter Vertriebsfirma auf "Laurenzi" vertreten.
Groß und schwer wie ein Baby
Ob Erna Fleck aus Neuhof bei Fulda eines Tages auch auf eine solch lange Tradition wird zurückblicken können, ist ungewiss. Sie ist das erste Mal mit ihrem Stand in Marktheidenfeld. Die Aussichten dafür sind aber nicht schlecht, denn Fleck freut sich über "die gute Resonanz", die ihre Puppen, Trockengestecke und Puppenmöbel finden. Begehrte Neuheit: der Florian. Das Besondere an ihm sind nicht technischer Schnickschnack, Stimme oder Mach-in-die-Windel-Funktion, sondern schlicht die Tatsache, dass er von der Größe und vom Gewicht her genau einem Säugling entspricht.
Wer mag, könnte einige Meter weiter Florian gleich in einem kunterbunten Hängestuhl in den Schlaf wiegen oder, vorsichtshalber, falls das echte Baby zu Hause ausschüttet, ein wenig Ochsengallenseife zur Reinigung von Polstern und Teppichböden mitnehmen. Das Angebot auf der Laurenzi-Messe ist vielfältig. Nicht einmal all das Überraschende, das zum Verkauf steht, kann hier aufgelistet werden. Tangas zum Preis von einem Euro gehören nicht dazu, eher schon Kupferreliefs mit heimischen Motiven, nostalgisch wirkende Arbeitsschürzen oder das ideale Geschenk für bequeme Pflanzenliebhaber: die wasserunabhängige Solarblume, die im Sonnenlicht mit den Blätter-Armen Winke-Winke macht.