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Langenprozelten: Rollenklischees im Ehekäfig: "Der Sittich" feiert Premiere in der Spessartgrotte

Langenprozelten

Rollenklischees im Ehekäfig: "Der Sittich" feiert Premiere in der Spessartgrotte

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    Timo Dassinger und Iris Katzer bestreiten mit "Der Sittich" eine Zwei-Mann-Show.
    Timo Dassinger und Iris Katzer bestreiten mit "Der Sittich" eine Zwei-Mann-Show. Foto: Susanne Feistle

    Sie deckt festlich den Tisch und er schaut sich noch schnell die neuesten Nachrichten im Fernsehen an. Das langjährig verheiratete Ehepaar wartet auf seine Freunde David und Catherine. Aber David sagt das Essen kurzfristig ab. Bei ihnen sei eingebrochen worden. Geklaut wurde wertvoller Schmuck und, merkwürdigerweise, ihre Kleidung. Außerdem ist Catherine noch nicht daheim.

    Die Spessartgrotte feierte am Freitag die Premiere der Komödie "Der Sittich" von Audrey Schebat. Die Besetzung des Stücks besteht nur aus einem Ehepaar, von dem keine Namen genannt werden. Die Freunde Catherine und David sind nicht zu sehen, sondern werden nur per Bandansage über Anrufbeantworter, Festnetztelefon oder Handy eingespielt – die beiden Darsteller stehen also textsicher in ständigem Dialog, eine schauspielerische Leistung. 

    Zuschauer sitzen beim Ehestreit in der ersten Reihe

    Sie ist sich schnell sicher, dass es sich um eine Einbrecherinnengang handeln muss, weil Männer keine Kleidung klauen. Daraus entwickelt sich ein Streitgespräch über klassische Rollenbilder, das den ganzen Abend anhält. Er vertritt die Meinung, dass Catherine das schwer verdiente Geld von David ausgibt, während sie Catherine dafür lobt, dass diese sich mit ihrer kleinen Vogelhandlung einen Kindheitstraum erfüllt hat. Das geht so weit, dass er ihr anhand von Wellensittichen vorrechnet, wie viel David in der Kanzlei verdient.

    Dann kommt sie mit der Theorie, dass es gar kein Einbruch war, sondern, dass Catherine David verlassen hat. Das hält er wiederum für Schwachsinn, bis das Gespräch auf seine neue Mitarbeiterin fällt.

    Auch beim Thema Fremdgehen gehen die Meinungen stark auseinander. Für ihn teilt sich der Körper eines Mannes in zwei Teile: den Nordteil mit dem Kopf und dem Herzen und den Südteil mit den Füßen und Zehen. "Das stimmt nicht immer überein. Der Süden hat schon Schlachten verloren. Der Norden hat aber immer gewonnen". Sie kontert: "Die Frau teilt sich sogar in drei Teile. Aber bei uns gibt es keinen Krieg. Alle Teile empfinden immer genau dasselbe".

    Komödie mit Selbsterkennungswert

    Geht es zunächst noch um das Leben der Freunde, wird immer klarer, um wen es in der Diskussion tatsächlich geht. Die Beziehung der beiden wird gnadenlos auf den Prüfstand gestellt und beide verfallen in wildeste Spekulationen und versteckte Anschuldigungen.

    "Sie" wird gespielt von Iris Katzer, "er" von Timo Dassinger. Beide überzeugen mit klarer Aussprache, ausdrucksstarker Gestik und deutlicher Mimik, wobei jedoch letzteres bei ihm manchmal stark übertrieben wirkt.

    Nachdem ein befreundete Paar das gemeinsame Abendessen absagt, müssen "er" (Timo Dassinger) und "sie" (Iris Katzer) sich mit ihrer eigenen Beziehung auseinandersetzen.
    Nachdem ein befreundete Paar das gemeinsame Abendessen absagt, müssen "er" (Timo Dassinger) und "sie" (Iris Katzer) sich mit ihrer eigenen Beziehung auseinandersetzen. Foto: Susanne Feistle

    Geschmunzelt wurde in dem knapp 90 Minuten dauernden Stück vom Publikum viel, herzhaft gelacht leider wenig. Einzig das Anspringen des Anrufbeantworters mit lustigem Vogelgezwitscher sorgte immer wieder für einige Lacher. Trotzdem hätte man dem Theater mehr als die 32 Besucherinnen und Besucher, die zur Premiere da waren, gewünscht.

    Auch wenn man den Verlauf und das Ende des Stücks recht schnell erahnen kann, lohnt sich ein Besuch im gemütlichen kleinen Theater von Helga Hartmann für alle, die sich eine leichte Komödie mit Selbsterkennungswert anschauen möchten.

    Wer wissen möchte, ob Catherine einen Führerschein hat und wer am Ende alles ein neues Kapitel aufschlägt, der hat noch bis Januar Gelegenheit.

    Termine und Infos unter www.spessartgrotte.de oder Telefon 09351/3415.

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