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PARTENSTEIN: Rüdiger Staab reitet mit der Erstgeborenen den Jakobsweg

PARTENSTEIN

Rüdiger Staab reitet mit der Erstgeborenen den Jakobsweg

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    Rüdiger Staab aus Partenstein mit seiner Appoloosa-Stute Wenona vor dem Start zu seiner Wallfahrt auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela.
    Rüdiger Staab aus Partenstein mit seiner Appoloosa-Stute Wenona vor dem Start zu seiner Wallfahrt auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Foto: Foto: Roland Pleier

    Sie trägt den indianischen Namen Wenona, „Die Erstgeborene“. Allein mit ihrer Großmutter, „Käth“, hatte Rüdiger Staab als Wanderreiter schon mehr als 24 000 Kilometer bewältigt, sogar die Alpen überquert. Nun soll ihn Wenona, die achtjährige Appaloosa-Stute, 1000 Kilometer tragen – ein Drittel des Weges nach Santiago de Compostela: Am Ende seines aktiven Arbeitslebens bei Rexroth startet der 61-Jährige Partensteiner zu seiner ersten Pilgerreise, macht er sich auf den Jakobsweg.

    Am Freitagvormittag wird er sich und seinem Indianerpony vom evangelischen Pfarrer Michael Nachtrab segnen lassen, sich dann beim (katholischen) Kapuziner-Pater Josef Aszyk in Mariabuchen den Stempel für sein Pilgerbuch abholen. Erstmals übernachten wird er bei Freunden in Erlenbach, dann beim Reitverein Tauberbischofsheim, dann bei einem Ferienbauernhof in Krautheim, den ihm ein Freund empfohlen hat. So hofft er, von Station zu Station weiterempfohlen zu werden. Denn bei weitem nicht jede Pilgerstation ist auf Pferde eingestellt.

    Indianische Pferderasse

    Wenona ist ein Appaloosa, eine Rasse aus Nordamerika, einst gezüchtet von Nez-Percé-Indianern, erst seit 1975 auch in Deutschland vertreten. Staab züchtet sie seit 30 Jahren, jetzt schon in fünfter Generation (auch Wenona ist schon Mutter). Leicht erkennbar sind sie durch auffallende Tupfen auf ihrem Fell. „Indianerponys“ werden sie auch genannt – wenngleich Wenona mit einem Stockmaß von 1,54 Metern das Stockmaß eines Turnier-Ponys um sieben Zentimeter übertrifft.

    Staab will seiner Begleiterin, die 450 Kilogramm auf die Waage bringt, nicht zu viel zumuten, mit jeweils sieben Kilo für sich und das Pferd sowie fünf Kilo Ausrüstung auskommen. Zu letzterem gehört sein Notbeschlagbesteck: Beißzange mit Voramboss, Hauklinge, Raspel, Hammer und Hufmesser. Denn Staab, der neben seinem Hauptberuf als Werkzeugmachermeister auch den Meister als Hufschmied gemacht hat, muss davon ausgehen, dass die Hufeisen nach 1500 bis 2000 Kilometer abgelaufen sind – obwohl er sie speziell für die lange Reise mit dem Metall Wolfram präpariert hat. Sein Wahlspruch fällt ohnedies nicht ins Gewicht: „Genieße deine Zeit, denn Du lebst nur jetzt und heute. Morgen kannst Du gestern nicht nachholen und später kommt früher als du denkst.“

    Mindestens Tempo 5,5

    Sechs bis sieben Kilometer legt sein Pferd pro Stunde vor, wenn es müde ist „nicht unter 5,5 Kilometer, versichert Staab. Das ist eine Herausforderung auch für ihn, der mit 61 Jahren nicht mehr der jüngste ist, der durch einen Trümmerbruch an Fersenbein und Sprunggelenk sowie einer Knieverletzung nach einem Unfall gehandicapt ist.

    Doch es wird ohnedies Wanona sein, die Tempo und Rhythmus bestimmt: „Pferde sind Grasfresser“, macht Staab deutlich, und das normalerweise zwölf bis 15 Stunden am Tag. Deshalb wird er alle eineinhalb Stunden eine 20-minütige Graspause einlegen. So rechnet er damit, an einem Tag durchschnittlich 45 Kilometer zu schaffen. Für ihn selbst bedeutet das Tagesmärsche von 30 Kilometern, denn nur etwa ein Drittel der Strecke will er sich in den Sattel schwingen.

    Schlafen auch neben dem Pferd

    Eine Nacht neben dem Pferd im Stroh zu schlafen, ist Staab gewohnt. Schon als er zwölf war, hat er von Michael Schäffner, den „Schlappefabrikanten“ und Islandpferde-Züchter, die Schlüssel zum Stall bekommen, weil er dort ausgeholfen hat. „Ich konnte reiten, was ich wollte.“ Schon als Jugendlicher liebte er es, sein eigenes Pferd zu satteln, mit einer Decke, „einem etwas dickeren Geldbeutel“ und einer Flasche Jim Beam einfach irgendwohin zu reiten. Er weiß, dass (s)ein Pferd nicht länger als vier Stunden liegen kann, was ihm schon Wanonas Oma mit einem Stupser deutlich gemacht hat.

    Pferde seien ein Spiegelbild der Seele des Reiters, heißt es. „Das kann ich bestätigen“, sagt der Partensteiner, der als Wehrpflichtiger Hilfsausbilder bei den Fallschirmspringern war, kundig des Kartenlesens ist, auch mit nassem Holz Feuer machen und sich ein Nachtlager herrichten kann. Als Fallschirmjäger, der später in Glanzzeiten bis zu 17 Pferde hielt und als privilegierter Nebenerwerbslandwirt heute fast 14 Hektar Grünland bewirtschaftet, war er wohl eher ein Raubein, „eine Kampfsau“, wie er selbst sagt. „Ich war vielleicht ein bisschen aggressiv, wo man ein bisschen friedlicher hätte sein können.“ Heute könne er stundenlang den Pferden zuschauen, wie sie buckeln, steigen, fressen ... „Das gibt mir die innere Ruhe.“

    Evangelischer Christ auf katholischem Pfad

    Bleibt die Frage nach der Konfession. Staab ist evangelisch, wie es sein Vater war. Die Mutter war Katholikin. „Ich bin mal rechts, mal links in die Kirche“, erzählt er. So macht sich der evangelisch Getaufte also auf den von Katholiken geprägten Pilgerweg in Richtung Spanien. „Ich nenn mich gläubig“, sagt Staab, „auch wenn ich vielleicht nicht den Ansprüchen eines Christen erfülle, der regelmäßig in die Kirche geht.“ Er glaubt an „etwas, was das Gute, Friedliche und Harmonische“ propagiere. Das finde er in der Natur – und erhofft er sich auf dem Weg nach Santiago.

    Der wird sicher etwas länger werden als der von Fußwallfahrern, der mit 2800 Kilometern ausgewiesen ist. Gittertreppen und Pfade, schmaler als einen Meter (etwa der entlang einer Hängebrücke), wird er umgehen. Zudem will er Pilgermassen meiden, muss Grünland und Wasserstellen suchen. Einhundert und einen Tag hat er sich dafür genommen. „Ich denke, dass ich das schaffe“, ist er zuversichtlich.

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