Beim FC Karbach ist der Wurm drin – und das tausendfach. Im Erdreich des Fußballplatzes wimmelt es nur so von den Tierchen. Wie viele es sein mögen, vermag Otto Väthröder nicht zu sagen. 150 Stück pro Quadratmeter seien nichts Ungewöhnliches, sagt der beim Verein als Vorstandsmitglied für die Öffentlichkeitsarbeit Verantwortliche. Da das Spielfeld 100 mal 70 Meter groß ist, wäre es also möglich, dass sich im Boden eine Million Würmer und mehr tummeln.
Was sie anrichten können, hat der Karbacher Fußballverein häufig erfahren. Es gab Tage in den vergangenen fünf, sechs Jahren, da erinnerte der Platz eher an eine „Mondlandschaft“ denn an ein Fußballfeld, erzählt Väthröder. Sogar Ligapartien habe man absagen müssen, weil das Terrain vollkommen schmierig und damit unbespielbar gewesen sei. Schuld am miserablen Zustand des Geläufs waren die Würmer, die unzählige Kothäufchen aus ihren unterirdischen Gängen an die Oberfläche befördert hatten.
Das Zaubermittel, mit dem man der Würmerplage ein Ende bereiten kann, heißt Biodyozon. Entdeckt hat dessen Wirkung der Agrarbiologe Dr. Gerhard Lung, Geschäftsführer der Firma Optimax aus Dußlingen (Lkr. Tübingen), eher zufällig. Vor mehr als zehn Jahren bereitete er auf einem Golfplatz im Spessart Teichwasser auf, als plötzlich überall Würmer aus der Erde lugten – warum, das konnte sich Lung damals nicht erklären.
Inzwischen weiß er, dass beim Verregnen von Wasser, dem Biodyozon beigemischt wurde, die Haut der Tiere leicht gereizt wird; deshalb verlassen sie ihre Wohnröhren. Lung betont, das Gemisch sei nicht toxisch: „Wir wollen die Würmer nicht töten, sondern nur um die Ecke bringen“, sagt er. Soll heißen, die Tiere werden nach ihrer Flucht ins Freie vorsichtig vom Rasen „gepflückt“ und umgesiedelt – „auf Flächen, wo sie nützlich sind und nicht stören“.
Um zu demonstrieren, wie seine „Wunderwaffe“ funktioniert, war Lung am Dienstag auf den Karbacher Sportplatz gekommen – und mit ihm ein Team des Bayerischen Rundfunks (BR), das für das Wochenmagazin „quer“ einen Beitrag über die Wurmprobleme von Fußballvereinen drehte. So recht wirken wollte Lungs Behandlung beim „Schaulaufen“ für das Fernsehen jedoch nicht; nur sporadisch kamen die Würmer ans Tageslicht. Mit der Biodyozon-Konzentration hing die schwache Ausbeute jedoch nicht zusammen, sondern mit dem Wetter. Bei den sommerlichen Temperaturen hätten sich die Tiere in die unteren Bodenschichten zurückgezogen, erklärte Lung. Die ideale Zeit für den Sturm auf den Wurm sei Frühling oder Herbst – „wenn es nachts kühler und der Boden feuchter ist“.
So blieben die Eimer der 14 Jugendfußballer, die zum Aufklauben der Würmer angetreten waren, relativ leer. Für die Kinder war der Nachmittag trotzdem ein Riesenerlebnis. Für BR-Kamerafrau Angela Witt schritten sie das Fußballfeld ab und ließen die Glibbertierchen durch ihre Finger in die Eimer gleiten. Ein ums andere Mal – so lange, bis Witt und Tontechniker Bernhard Riegel ihre Aufnahme im Kasten hatten.
Vor ihrem Besuch in Karbach waren die Fernsehleute für etwa zwei Stunden im Nachbarort Roden gewesen, um auch dort zu filmen. Auf dem Sportgelände des FC hatte im April 2009 die erste Wurmumsiedelung im Landkreis Main-Spessart stattgefunden. Mehrere Schubkarren voll mit Würmern hätten die Helfer damals gesammelt, erzählt Vorsitzender Erwin Eyrich. Die Tiere wurden in mit feuchter Erde gefüllten Boxen in den Gemeindewald transportiert, der etwa einen Kilometer vom Sportplatz entfernt liegt. Seither habe der Verein „lange nicht mehr so viele Probleme“, sagt Eyrich.
Völlige Ruhe vor dem Wurm hat der FC Roden jedoch nicht: Anfang April dieses Jahres seien wieder Häufchen auf dem Rasen gewesen, berichtet Zweiter Vorsitzender Franz-Josef Sendelbach. Wenn es bei der „Entwurmung“ wärmer gewesen wäre, wären mehr Tiere aus ihren Löchern geschlüpft, gibt Sendelbach die Worte von Dr. Lung wieder. BR-Autor Wolfram Jung interviewte Sendelbach am Dienstag auch für die „quer“-Sendung – genau wie Vorstandsmitglied Norbert Redelbach.
Ob auch der FC Karbach bereit ist, die bis zu 5000 Euro aufzubringen, die die „Befreiungsaktion“ kostet, ließ Vorstandsmitglied Otto Väthröder offen. Eine Entscheidung werde der Vorstand gemeinsam treffen. Auch Väthröder erklärte, der Verein werde sich der Störenfriede keinesfalls mit Hilfe von Gift entledigen; schließlich seien Würmer „nützliche Tiere“.
Die Sendung „quer“ mit dem fünfminütigen Beitrag aus Roden und Karbach ist heute um 20.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen zu sehen.
Biodyozon
Bis zu sechs Jahre sind Sportplätze, die mit dem Wasser-Biodyozon-Gemisch behandelt wurden, weitgehend wurmfrei, verspricht die Firma Optimax. Wenn die Mixtur in das Erdreich eindringt, verlassen die Regenwürmer innerhalb von weniger als einer Minute ihre Gänge und kommen an die Oberfläche. Werden die Tiere nicht aufgesammelt, ziehen sie sich innerhalb von zehn Minuten wieder zurück. Sobald die ersten Regenwurmhäufchen auftreten, kann mit der Umsiedlung begonnen werden (Frühjahr/Herbst). Bei sachgerechter Anwendung werden zwischen 80 und 90 Prozent der Wurmpopulation aus dem Boden getrieben. Zum Überprüfen, ob der Zeitpunkt günstig ist, kann ein Test mit einer erhöhten Biodyozon-Konzentration auf kleiner Fläche durchgeführt werden.
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