Sie „snackt Platt“, als wäre es ihre Muttersprache, würde gerne mal den blutrünstigen Vampir geben, ist für die Lady Macbeth noch viel zu jung und plaudert gern aus dem Theater- und Fernsehnähkästchen: Die Karriere von Tina Landgraf ist bemerkenswert. Abgehoben hat die 33-Jährige trotzdem nicht.
Frage: Frau Landgraf, wann kamen Sie auf die Idee, Schauspielerin werden zu wollen?
Tina Landgraf: 1995 sah ich Cats in Hamburg und Hardy Rudolz (deutscher Musical-Star, Anm. d. Red.) am Ernst-Deutsch-Theater steppen. Am nächsten Tag musste mir meine Mama Steppschuhe kaufen – das war's dann. Mit Hardy Rudolz spielte ich inzwischen schon zweimal an der Fritz-Reuter-Bühne am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin.
Wie lautet Ihre offizielle Berufsbezeichnung?
Landgraf: Offiziell bin ich eine „staatlich geprüfte Bühnendarstellerin für Tanz, Gesang und Schauspiel“ (lacht). Diese Bezeichnung habe ich aber noch nie gebraucht. Ich bin einfach Schauspielerin.
Welche Erfahrungen sammelten Sie als angehende Schauspielerin?
Landgraf: Wer im Geschäft bleiben will, muss geduldig sein und darf sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen. Man muss auch aus einem schlechten Casting rausgehen und darf sich von einer Absage nicht unterkriegen lassen. Ich weiß, das ist oft schwer, aber es ist so.
Wie etabliert man sich im Geschäft?
Landgraf: Man muss oft über seinen Schatten springen und sich anbieten. Für mich ist das ganz schlimm, aber es funktioniert leider (zuckt mit den Achseln). Vor solchen Telefonaten brauche ich immer einen langen Anlauf. Die meisten Karrieren scheitern nicht am mangelnden Können, sondern an der mangelnden Geduld.
Wie groß ist die Konkurrenz?
Landgraf: Es gibt rasant viele junge Schauspielerinnen. Ich gebe bei jedem Casting mein Bestes. Entweder die mögen mich oder nicht. Es kann an Kleinigkeiten scheitern, wie zum Beispiel am Schwung der Augenbrauen. Das hat nichts mit fehlendem Können zu tun.
Wie wichtig sind Beziehungen im Geschäft?
Landgraf: Es hilft, wenn man Regisseure oder Choreografen kennt, aber das heißt noch lange nicht, dass man deswegen auch die Rolle kriegt.
Wird man aufgrund seines Typs schnell in eine „Schublade“ gesteckt?
Landgraf: Ja, und man muss lernen, diesen Typ zu bedienen. Ich bin nie die Prinzessin, sondern stets deren beste Freundin. Für mich ist das die bessere Rolle. Ich bin die Kleine, Struppige, Kulleräugige. Die Lady Macbeth könnte ich nicht geben – dazu bin ich noch viel zu jung. Zurzeit werde ich aber fürs Fernsehen schon als junge Mutter gecastet. Im Theater hingegen muss ich wahrscheinlich noch zehn Jahre lang die 17-Jährige spielen (lacht).
Welche Charaktere spielen Sie am liebsten?
Landgraf: Am liebsten Schwank: Tür auf, Tür zu und haha. Ich würde aber auch gerne mal in einem Horrorfilm spielen. Am liebsten was mit ganz viel Blut. Ich kann auch toll schreien.
Können Sie allein von der Schauspielerei leben?
Landgraf: Nebenbei jobben gehört immer dazu. Ohne geht es bei den meisten Schauspielern nicht. Auch Werbung gehört dazu. So spielte ich schon die Maggi-Kochberaterin, eine von Berufsunfähigkeit „bedrohte“ Zahnärztin für Allianz oder die „Webseitenstewardess“ für ClickandBuy. Werbecastings habe ich immer. Aber für Tampons und Inkontinenzeinlagen würde ich nicht werben wollen (grinst).
Gibt es noch langfristige Engagements?
Landgraf:
In Deutschland sind nur etwa 4000 Schauspieler langfristig engagiert. Die meisten werden nur für eine Spielzeit am Theater oder für ein paar Drehtage beim Fernsehen gebucht. Das große Los zieht man beim Fernsehen mit einer Serie.
Wo spielen Sie lieber: im Fernsehen oder im Theater?
Landgraf: Theater ist Wiederholung: Ein Stück dauert normalerweise drei Monate mit Proben und Spielen. Man probt und probt und versucht die Rolle, obwohl man sie schon 40 Mal gespielt hat, immer wieder besonders zu machen. Fernsehen ist anders, die Kamera ist empfindlicher, man kann genauer arbeiten. Allerdings muss man hier mit Langeweile umgehen können, um dann auf Knopfdruck wieder auf dem Punkt genau da zu sein. Ich habe die letzten Jahre Theater gespielt und möchte mich jetzt aufs Fernsehen konzentrieren.
Warum sind Sie trotz des Erfolgs von „Verbotene Liebe“ weg?
Landgraf:
Weil ich das Gefühl hatte, dass ich das, was ich dort lernen konnte, gelernt habe.
Was gab Ihnen Ihre Erziehung auf dem Lande mit für Ihren Beruf?
Landgraf: Das Bodenständige, dass ich mir die Sachen erarbeite. Ich kann kochen und weiß, wenn ich mich für eine Rolle als Köchin bewerbe, wie man einen Fisch ausnimmt. Ich kann kellnern, auch das hilft mir bei meinen zahlreichen Jobs.
Haben Sie noch Kontakt nach Hause?
Landgraf: Ja, meine Familie ist mir ganz wichtig: meine Mama, meine Tante, meine Oma, meine Schwester und mein Neffe.
Werden Sie hier auf Ihre bisherigen Auftritte angesprochen?
Landgraf: Hier nicht, aber in Hamburg. Ich habe am Ohnsorg-Theater gespielt. Sie glauben gar nicht, wie viele ältere Leute einen da kennen. Die schauen auch ganz genau hin, ob man das, was man macht, auch genau und richtig macht. Ich musste zum Beispiel einmal spinnen. Da habe ich vorher in jeder freien Minute am Spinnrad geübt, damit ich's auch ja richtig hinkriege. Fürs Ohnsorg-Theater habe ich auch Plattdeutsch gelernt (lacht). Ick geew nu sogor Radio-Interviews up Platt un keeneen markt wat... (Ich gebe nun sogar Radiointerviews in Platt und keiner merkt was.)
Leben Sie gerne in der Großstadt?
Landgraf: Mir gefällt das Multi-Kulti der Großstadt. Ich habe lange auf St. Pauli gelebt. Jetzt wohne ich in St. Georg und unter mir im Haus sind ein Sexshop und ein Puff (schmunzelt). Ich kenne mittlerweile die Mädels; wir schwätzen miteinander. Beruflich ist es für mich wichtig, in einer Großstadt zu leben, aber ich brauche auch die Nähe im Viertel. Ich mag es zentral und bunt, den Gemüsehändler, bei dem man anschreiben lassen kann. Piekfein wäre nichts für mich.
Könnten Sie sich vorstellen, auch in Würzburg am Theater zu arbeiten?
Landgraf: Ja, ich habe mich auch schon oft mit meiner Vita in Würzburg, in Sommerhausen und in Maßbach beworben. Ich müsste halt mal wieder nachhaken.
Tina Landgraf
Die Schauspielerin Tina Landgraf (Jahrgang 1976) wurde in Cochem geboren. 1984 kam sie nach Unterwittbach. 1996 legte sie am Gymnasium in Marktheidenfeld das Abitur ab. Es folgte eine dreijährige Ausbildung an der „Stage School of Music, Dance and Drama“ in Hamburg.
Landgraf spricht Englisch, Französisch und Plattdeutsch. Sie spielt Klavier, beherrscht Stepptanz, klassisches Ballett, Jazz und Gesang.
Dem Fernsehpublikum bekannt wurde sie als „Natascha Seeger“ in „Verbotene Liebe“. Von 2000 bis 2006 spielte sie am Ernst-Deutsch-Theater und am Ohnsorg-Theater in Hamburg und von August 2007 bis März 2010 am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin. Bei „Neues aus Büttenwarder“ war sie im Juli 2009 die Rita in der Folge „Mambo“.
Näheres über Tina Landgraf gibt es unter:
www.ohene-dokyi-management.de/downloads/schauspielerinnen/odm_tina-landgraf.pdf.