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HOFSTETTEN: „Schönrain birgt noch viele Rätsel“

HOFSTETTEN

„Schönrain birgt noch viele Rätsel“

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    Ein spektakulärer Zufallsfund: Diese 50 Zentimeter langen Sandsteinrinnen, sauber gearbeitet mit Fugen für die Abdeckplatten, zogen sich im 11. Jahrhundert hoch in Richtung Massenbuch bis zur etwa eineinhalb Kilometer entfernten Klosterquelle.
    Ein spektakulärer Zufallsfund: Diese 50 Zentimeter langen Sandsteinrinnen, sauber gearbeitet mit Fugen für die Abdeckplatten, zogen sich im 11. Jahrhundert hoch in Richtung Massenbuch bis zur etwa eineinhalb Kilometer entfernten Klosterquelle. Foto: FOTO Ferdinand Heilgenthal

    Das um 1080 im Investiturstreit zwischen Kaiser Heinrich IV und Papst Gregor VII als Hirsauer Priorat gegründete Benediktinerkloster wurde nach seiner teilweisen Zerstörung im Bauernkrieg von 1525 vom Hirsauer Abt für 3100 Gulden und unter der Auflage, die Kirche wieder aufzubauen und weiterhin wöchentlich dort zwei bis drei Messen zu halten, an den Grafen Philipp III von Rieneck verkauft. Dieser ließ die Klosteranlage in den darauf folgenden Jahren als Wohnschloss im Renaissancestil wieder auf- und umbauen, fühlte sich nach der Säkularisation des Hirsauer Mutterklosters aber schon frühzeitig nicht mehr an die gegebenen Verpflichtungen gebunden. Graf Philipp starb wenig später – nur drei Jahre nach der im Türsturz seines Schlosses eingemeißelten Jahreszahl 1556.

    Der Letzte des Grafengeschlechts der ehemaligen Burggrafen von Mainz, hinterließ den auf Würzburger Seite gelegenen Schönrain und die dazugehörigen Dörfer seiner Gemahlin Margarete als Witwensitz. Sie starb 1574. Schönrains Bedeutung verblasste, wenngleich die Gebäude anschließend noch über 200 Jahre hauptsächlich für Forst- und Jagdzwecke vom Fürstbistum Würzburg genutzt wurden. Bis 1818, als Schönrain mit dem Abbruch des Dachstuhls, der für den Bau des neuen Forsthauses in Massenbuch genutzt werden sollte, dem Verfall Preis gegeben war.

    Schwerpunkte setzen

    Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte man den großen Erhaltungswert der verbliebenen Mauern und Gebäude. So findet man Schönrain reichhaltig dokumentiert in der Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege „Die Kunstdenkmäler von Bayern – Bezirksamt Gemünden“, erschienen im Jahr 1920. Das Königliche Landbauamt führte schon 1902 die ersten Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen auf Schönrain durch. Bis heute investiert der Bayerische Staat regelmäßig in erhaltende Arbeiten.

    Seit einigen Jahren bekommt er hierbei ehrenamtliche Unterstützung. Der Förder- und Geschichtsverein „Gefährten Schönrains & Freunde e. V.“ bringt sich immer mehr in die baulichen Maßnahmen mit ein, nachdem er zunächst vor allem in der Aufarbeitung der faszinierenden Geschichte Schönrains engagiert war. Oliver Herrmann, Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins, lobt die sehr gute Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden. Sie gibt dem Verein eine gewisse Gestaltungs- und Wirkungsfreiheit. Ob das Staatliche Bauamt in Würzburg, der Forstbetrieb Hammelburg oder das Landesamt für Denkmalpflege – ohne diese guten Verbindungen, die beiderseitiges Vertrauen voraussetzen, wäre selbst eine reine Pflege dieses herausragenden historischen früh- bis spätmittelalterlichen Denkmals kaum möglich: „Wir sind nicht nur diejenigen, die auf Schönrain die Wiesen mähen, den Müll einsammeln oder Historisches im Internet oder auf einer Geschichtstafel veröffentlichen“, zeigt sich Herrmann zufrieden, „sondern können in Absprache mit den jeweiligen Behörden auch eigene Vorhaben und Schwerpunkte verwirklichen.“

    So sind nach der für die vielen Wanderer geschaffenen Sitzgelegenheit aus Holz mit einem Steintisch in der Zwischenzeit eine ganze Reihe weiterer Projekte hinzugekommen. Vom Herrichten und Befestigen des großen Kellereingangs angefangen, bis hin zum Freilegen des im Volksmund als „Verlies“ bezeichneten Kellergewölbes unter den Resten des Eckturms. Dazu musste meterhoch Schutt und Abfall abgetragen werden, der sich in den letzten Jahrzehnten angesammelt hatte.

    Die von den umliegenden Dörfern relativ weit abgelegene Ruine mit dem gut erhaltenen und begehbaren Treppenturm, war schon immer Ausflugsziel für Schulklassen, Wanderer – und auch für Verliebte, wie die alten Einritzungen im Putz des Turmes belegen. „Der Putz am Schloss ist noch im Originalzustand“, erklärt Herrmann, der mit dem harten Kern seiner 40 wackeren Mitstreiter im wahrsten Sinne des Wortes auf Schönrain viel bewegt hat.

    In den letzten beiden Jahren hat man sich verstärkt um die Außenarbeiten gekümmert. Insbesondere um die zu zahlreich auf den Mauerresten stehenden Eichen, die nicht nur die Substanz der Baureste durch Wurzelwerk und Feuchtigkeit stark in Mitleidenschaft gezogen hatten, sondern auch die Anlage als Ganzes nicht mehr wahrnehmbar machten. Unter der Federführung von Vereinsmitglied und Kassenwart Hugo Herrmann, in Zusammenarbeit mit Bernhard Karl vom Staatlichen Bauamt und Adolf Herr von den Bayerischen Staatsforsten, wurde der Umfang des Projektes in dieser, im Bezug auf mögliche versteckte Baureste sensiblen Umgebung festgelegt. Eine große Herausforderung war laut Herrmann das Fällen der Bäume inmitten der alten Anlage.

    Fleiß und Muskelkraft

    Auch die Beseitigung der über 200 Tonnen Steine, die meterhoch mit Brennnessel überwachsen vor der nördlichen Mauer lagerten, war neben viel Fleiß und Muskelkraft nur mit schwerem Gerät möglich. Die Sandsteine stammten noch von einer Baufirma aus der Region, die vor Jahrzehnten im Staatsauftrag mit Ausbesserungsarbeiten für die Bestandssicherung beauftragt war, aber leider auch völlig fremdartige Steinfragmente vor der Ruine lagerte – und teilweise auch unsachgemäß und ohne Dokumentation einbaute. „Das Problem war, die Originalsteine der Ruine von neuzeitlichen Fensterstürzen und anderen Elementen zu trennen“, erklärt Herrmann weiter. Es hätten sich sogar Elemente vom Umbau des alten Lohrer Krankenhauses im Steinlager gefunden.

    Ein weiteres Ärgernis ist der Vandalismus. Anscheinend unmotiviert, oder durch Spaß an primitiver Zerstörungswut, haben einfältige Zeitgenossen einen gerade erst freigelegten Treppenaufgang mit Steinen aus der nahe liegenden Natursteinmauer beschädigt. Weitaus schlimmer sind jedoch Beschädigungen, von denen ein erhebliches Sicherheitsrisiko ausgeht. „Im letzten Herbst wurde mehrmals innerhalb weniger Tage die Vergitterung des Kellerfensters neben dem Treppenturm entfernt. Erst herausgebrochen, dann, nachdem ein neuer Stab von uns eingemörtelt worden war, sogar heraus gemeißelt.

    Die Arbeit auf dem weiträumigen Ruinengelände sieht Architekt Herrmann auch als idealen Ausgleich zu seiner Alltagstätigkeit im Büro. „Schönrain und die damit verbundene Geschichte unserer fränkischen Region ist sicher eine große Leidenschaft. Die Arbeit auf diesem Bergsporn ist überaus faszinierend, erleben wir geschichtsträchtige Orte doch zumeist nur in passiver Rolle. Hier aber kann man dabei sein. Zwar hauptsächlich um zu erhalten und zu pflegen, aber ab und an auch, um weitere, unentdeckte Puzzleteile zusammen zu tragen. Und nebenbei – was gibt es schöneres, wie an einem solch historisch bedeutenden Ort, umgeben von dem Zwitschern der Vögel und dem Duft des Waldes – mit einer Gartenharke und einem Besen in der Hand – ein wenig zu arbeiten und Ruhe zu finden.“

    Ein spektakulärer Zufallsfund war vor einigen Wochen bei Säuberungsarbeiten am Pförtnerhaus die Entdeckung der historischen Wasserleitung des Klosters. Etwa 50 Zentimeter lange Sandsteinrinnen, sauber gearbeitet mit Fugen für die Abdeckplatten, zogen sich im 11. Jahrhundert hoch in Richtung Massenbuch bis zur etwa eineinhalb Kilometer entfernten Klosterquelle. Diese spendet heute noch aus der gefassten Brunnenstube klares Trinkwasser und ist eine der Attraktionen des neu ausgewiesenen Spessartwegs 1.

    Schönrain birgt weitere Rätsel

    „Schönrain birgt noch viele Rätsel, es gibt immer was zu tun, und wir sind für jede Unterstützung dankbar“, wirbt Herrmann für den Verein. Erst vor wenigen Wochen konnten sich die Mitglieder über eine von der Familie Haas in Massenbuch überlassenen „Neidfratze“ aus Schönrain freuen, die in ihrer Scheunenwand eingebaut war, jetzt im Original als Leihgabe im Lohrer Spessartmuseum zu besichtigen ist, und als Replik in einer Außenwand der Ruine eingelassen wurde. Ähnliche Fragmente könnten auch in den umliegenden Dörfern noch zu finden sein, weil das verfallene Kloster und das Schloss nach dem Abzug der Forstdienststelle im frühen 19. Jahrhundert als „Steinbruch“ genutzt wurde.

    Online-Tipp

    Wer den Verein unterstützen oder als Mitglied beitreten möchte, findet im Internet unter www.schoenrain.de weitere Informationen.

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