Andy Ost ist der Sieger des Fränkischen Kabarettpreises 2015. Bei der Endrunde in der Stadthalle Arnstein setzte er sich recht klar, vor allem aufgrund der Publikumsstimmen, gegen Erik Lehmann durch. Auf Rang drei kam John Doyle.
Einmal mehr wurde auch beim neunten Durchgang des Fränkischen Kabarettpreises deutlich: Comedy schlägt politisches Kabarett! Lehmann legte mit seinen bitterbösen Betrachtungen über Migration und betriebswirtschaftliche Betrachtungen in der Altersmedizin einen extrem starken Tobak vor, der womöglich einige der Zuhörer regelrecht verstörte, während der Sieger Ost mit einem locker, leichten und herrlich vergnüglichen Spaziergang durch die Freuden und Leiden eines frischgebackenen Vaters die Herzen des Publikums im Sturm eroberte.
Jubel, begeisterte Pfiffe und Zugabe-Rufe am Ende des Auftrittes von Andy Ost waren schon so etwas wie eine Vorentscheidung. Der 35-Jährige aus Hanau lieferte eine perfekt aufgebaute Performance: Was zunächst etwas belanglos mit einem positiven Schwangerschaftstest begann, entwickelte sich innerhalb von 20 Minuten zu einer furiosen Schau mit spritzigem Humor und ebenso ergötzlichen Musikeinlagen.
Wenn der werdende Papa bei der Geburt umkippt und später Mutter und Kind wohlauf sind, er aber in Gips liegt, wenn er verzweifelt mit Pastinaken in Babygläsern kämpft und beim Wickeln ein verzagtes Stoßgebet sendet: „Bitte lass es Pipi sein!“, weil er Angst vor dem großen Geschäft hat, dann kann das bei den weiblichen Gästen eine gewisse Schadenfreude und bei den Männern Déja-vu-Bilder hervorrufen.
Schiere Begeisterung aber rief Ost mit seinen modernisierten Kinderliedern hervor. Aus „Angst vor Rolf Zuchowski“ ließ er aufs Köstlichste im typischen Grönemeyer-Grölen den Fuchs die Gans stehlen oder alle Vöglein schon da sein – im Februar – was soll das?! Mit Peter Maffay stand das Männlein im Walde und „Rosenstolz“ ließ die Affen durch den Wald rasen. Als dann noch in völlig verquerer Interpretation das Häslein in der Grube saß und schließ, geriet das Publikum aus dem Häuschen.
Von ganz anderer Machart war der Auftritt von Erik Lehmann. Schon in der dritten Vorrunde thematisierte der „Sächsische Wutbürger“ schonungslos seine Aspekte der Integration. „Herr Umckaloabo, Sie sind zwar ein Neger, aber so geht das nicht!“ Nach seiner Philosophie „Integration ja, aber nicht in meiner Nachbarschaft“, verwahrt er sich gegen Beduinenzelte in deutschen Kleingärten und schwarze Gartenzwerge im Bastrock. Wenn dann noch die eigene Ehefrau beim fremdländischen Nachbarn die Trommelgruppe besucht, ist für den Wutbürger die Grenze überschritten: „Distanz schafft schließlich Nähe!“
Lachen blieb im Halse stecken
Erik Lehmann spricht Vorurteile offen und ungeschminkt aus, obwohl seine Gags extrem überzogen sind, treffen sie mitten ins Zentrum und lassen dem Zuhörer das Lachen im Halse stecken bleiben. Auch im zweiten Teil seines Auftritts, als er die betriebswirtschaftlichen Abwägungen medizinischer Eingriffe bei alten Menschen schonungslos offenlegte. Wie hoch ist der Restwert vom Opa? Sind die Kosten höher als der mögliche spätere Konsum durch den Senior? Was tun, wenn das Herz zwischen Stand-by und Good-bye steht?
John Doyle, der dritte Finalteilnehmer wandelte sprachlich und kulturell zwischen den Welten und kokettierte mit seinen amerikanischen Wurzeln. Genüsslich zog er über die weitverbreiteten Anglizismen her und amüsierte über die Abhängigkeit von Smartphones, wenn die jungen Leute so schreiben wie sie sprechen. Nach 21 Ehejahren ist er auf der Suche nach Auffrischung der Partnerschaft, doch wenn er für sie Dessous kauft, haben die kaum Stoff – und Zahnseide besitzt sie schließlich schon. Doyle hat einen sehr direkten Humor, der durchaus spritzig und mitreißend ist, aber sich zuweilen auch sehr nahe der Gürtellinie bewegt – und gelegentlich auch unappetitlich wirkt.
Aufschlussreich war das Abstimmungsverhalten der Besucher und der Fachjury. Zwar sahen auch die Profis Andy Ost als Sieger, jedoch nur mit drei Prozentpunkten, während die Zuschauer im Saal einen Abstand von fast zehn Zählern zu Erik Lehmann festlegten. Sie gaben sogar bessere Noten für John Doyle als für den Zweitplatzierten. Das Publikum will eben lieber die leichte Comedy-Kost als das schwer verdauliche politische Kabarett.
Den mit 2500 Euro dotierten Fränkischen Kabarettpreis und die Symbolfigur, den „Schaffer“ übergaben gemeinsam der Vorsitzende des Fördervereins, Roland Metz, der Präsident des Unterfränkischen Bezirkstags, Erwin Dotzel, und die Schirmherrin Monika Wagner-Repiscus. Die Moderation des Abends lag bei dem bestens aufgelegten Vorjahressieger André Hartmann.