Als Pauli-Fan outet sich die Lohrer CSU-Stadträtin Rosemarie Stenger: "Sie gefällt mir, weil sie sich traut, ihre Meinung zu äußern." Paulis Forderung, der Ministerpräsident solle nicht mehr kandidieren, hält sie für berechtigt, obwohl sie nichts gegen Stoiber habe. Der habe Großes geleistet, betont sie, sei aber seit seiner "Berlin-Absage" angeschlagen. "Es läuft nicht mehr so rund."
Dass Stoiber an seiner Stellung festhält, kann Stenger verstehen: "Er hat seinen Stolz und will nicht gehen, wenn er gehen soll." Die von Pauli geforderte Mitgliederbefragung unterstützt Stenger. "Was ist verkehrt daran, mit der Basis den Kurs abzustimmen?", fragt sie. Stoiber schwebe abgehoben "oben", weit weg von den Mitgliedern. Ein jüngerer Nachfolger bräuchte die Unterstützung der Partei: "Es ist noch kein Ministerpräsident vom Himmel gefallen."
Wegen des Pauli-Stoiber Konflikts dürfe nichts übers Knie gebrochen werden, findet die CSU-Stadträtin Brigitte Kuhn aus Lohr. Noch sei es zu früh, einen Nachfolger zu benennen. Von einem "freiwilligen" Abschied Stoibers - wie ihn die Fürther Landrätin fordert - hält die Stadträtin nicht allzu viel. Sie findet, Stoiber gerne wieder antreten. "Er muss es ja nicht die ganze Legislaturperiode machen."
Hat Stoiber ein gestörtes Verhältnis zur Damenwelt wie von Pauli behauptet? "Ich glaub's net. Die Christa Stewens (Bayerns Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Anm. d. Red.) kommt angeblich gut mit ihm zurecht", sagt Kuhn. Männer dieser Generation hätten nur öfter Schwierigkeiten mit Frauen in Führungspositionen, so ihre Erfahrung.
Pauli habe unglücklich formuliert, findet Rosemarie Stenger. Ganz abtun will sie die Attacke der Landrätin gegen die Nr. 1 in Bayern nicht: "Es könnte ein Körnchen Wahrheit dran sein", sagt sie. Stoiber traue den Frauen vielleicht nicht zu, was sie können, weil er denke: "Ach, das ist ja nur eine Frau."
Eine klare Meinung vertritt Elisabeth Schöbel, Ortsvorsitzende von CSU und Frauenunion in Gemünden: "Stoiber soll nochmal antreten und dann die richtigen Leute aufbauen", fordert sie. Nur wenn er aufhören wolle, würde sie ihn unterstützen. Auf die Frage, ob Stoiber Angst vor dem anderen Geschlecht habe, antwortet sie: "Wohl kaum, sonst hätte er nicht so eine kompetente Frau wie die Karin an seiner Seite." Stoibers Gattin kennt Schöbel von vielen Veranstaltungen persönlich.
Paulis aggressive Attacken seien für sie nur so erklärbar, dass die Frau nach oben strebe. Sie wolle, dass die Parteimitglieder gegen Stoiber arbeiten: "Da mache ich nicht mit." Vor ein paar Wochen noch hätten die wenigsten die Fürther Landrätin gekannt. "Wenn ich scharf auf einen Posten in München wäre, würde ich auch mal so richtig Dampf ablassen", sagt Schöbel. Sie stellt sich damit auf die Seite derer, die behaupten, Pauli habe sich mit ihrer Kritik nur in Position gerückt, da sie Stoiber den Posten streitig machen wolle.
Dies bezweifelt allerdings die Lohrer Stadträtin Stenger. "Eine Frau, die in Bayern Ministerpräsidentin werden will, hat keine Chance. Das weiß Frau Pauli." Darüber kann sich Stenger mit Pauli am Freitag unterhalten. Da trifft sich die CSU zu einer Klausurtagung in Langenzenn bei Fürth.
"Keine Ahnung warum er sich das antut", sagt Linda Plappert-Metz, Bürgermeisterin aus Arnstein und Vorsitzende der Frauenunion (FU) im Landkreis, über das Vorhaben Stoibers, an der Spitze der Partei zu bleiben. "Das ist ein waghalsiges Unterfangen bei so viel Gegenwind." Wenn sich die Mitglieder eine Befragung wünschen, sollte diese nicht abgewürgt werden. "Das wirkt feige."
Gleichzeitig hält sie nichts von "Der-muss-jetzt-weg"-Parolen. Im Gegenteil: "Stoiber hat viel geleistet für Bayern und er kann noch viel bewirken." Anstatt über mögliche Nachfolger zu spekulieren, sollte geklärt werden, "was das Beste für die Partei ist".
"Irgendwann wäre ein Wechsel an der Spitze sicher sinnvoll", sagt Marlene Herfs, Vorsitzende des Ortsverbandes der Frauenunion (FU) in Lohr, vorsichtig. Das bringe frischen Wind und neue Ideen. Doch solange es keine Alternative zu Stoiber gebe, wolle sie sich nicht äußern. Herfs, die Stoiber von politischen Veranstaltungen kennt, habe nichts Negatives mit ihm erlebt. "Er geht ganz normal mit Frauen um", so ihre Erfahrungen. Dass Frauen in der CSU benachteiligt werden, weist Herfs von sich. "Wie viele Frauen wollen denn wirklich Führungspositionen übernehmen?", fragt sie.
"Eine Frau, die in Bayern Ministerpräsidentin werden will, hat keine Chance."
Rosemarie Stenger, CSU-Stadträtin aus Steinfeld
Stoibers "herrschaftliches Gebaren" gefällt Gabriele Hofstetter, CSU-Stadträtin aus Marktheidenfeld, nicht: "Er sagt, was gemacht wird, und das müssen dann alle schlucken." Deswegen hätte sie auch eine Mitgliederbefragung befürwortet. Dass einige Parteikollegen nun den Parteiausschluss von Pauli forderten, hält Hofstetter für völlig überzogen: "Wir müssen doch Kritik üben dürfen in einer Partei, wenn nötig auch am Chef."





Seit Wochen gehe es nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um Personen, kritisiert sie. Der Konflikt sei eskaliert, weil Stoiber im Vorfeld nicht mit der Fürther Landrätin gesprochen habe. "Er dachte wohl, so bleibt sie ruhig." Ein Trugschluss, wie sich herausstellte. Für Hofstetter ist deswegen klar: "Der Umgang mit starken Frauen gelingt ihm nicht. Da fehlt ihm die nötige Souveränität."