Es ist so eine Sache mit Open-Air-Events in diesem Sommer. So blieb das Cembalo-Konzert im Innenhof des Marktheidenfelder Franck-Hauses am frühen Mittwochabend ein kleines Vabanquespiel für Inge Albert als Leiterin der städtischen Kulturabteilung. Aber das Wetter hielt, wenn auch mit nur wenig sommerlichen Temperaturen.
So musste der Homburger Pianist Michael Günther mit seinem neapolitanischen Cembalo aus dem 17. Jahrhundert für südliches Flair vor rund 30 Gästen sorgen. Bürgermeister Thomas Stamm freute sich in seiner Begrüßung auf eine Stunde mit schöner Cembalo-Musik aus Italien und Süddeutschland, vorgestellt von einem renommierten Fachmann und Virtuosen für Alte Musik.
Variationsreich stellte Günther zwei eingängige Ciaconna-Kompositionen des Nürnberger Barockmeisters Johann Pachelbel vor. Der Musiker konnte dazu auf Noten aus seiner Sammlung zurückgreifen, deren Herkunft zum Mainstockheimer Kantor und Bach-Schüler Johann Heinrich Zang (1733-1811) führt. Mit dessen Wirkungsort nahe Kitzingen verbinde die große Tradition des Weinbaus- und - handels, so führte der Homburger aus. Dafür stehe gleichermaßen das Franck-Haus im seinerzeit so wohlhabend aufstrebenden Marktheidenfeld.
Von schwermütig bis temperamentvoll
Von Johann Sebastian Bach erklang ein besinnlich-schwermütiges Adagio, dass dieser nach einem Oboenkonzert eines venezianischen Komponisten geschaffen hatte. Die musikalischen Traditionen Italiens und Deutschlands seien in vielerlei Weise eng miteinander verflochten.
Weshalb an diesem Abend der Blick nicht nur wegen des sich im Franck-Haus-Hof bestens behauptenden Cembalos auf Neapel gelenkt wurde. Alessandro Scarlatti stammte aus Sizilien, avancierte aber am Fuße des Vulkans Vesuv zum Erneuerer der Barockmusik. Seine geschmeidigen kleinen Verrücktheiten in den "Variationen sopra l’aria di Folia" zeugten in Michael Günthers vorzüglicher Interpretation von südlichem Temperament und großer Lebhaftigkeit.
Vielfalt von Empfindungen
Ein wahres Spiegelbild südländischen Lebens in frohen wie ernsten Langen gelang Scarlattis Sohn Domenico. Dieser habe über 550 Sonaten für die musikalisch, hochbegabte portugiesische Prinzessin Maria Barbara de Bragançaport geschrieben, berichtete der Homburger Musikwissenschaftler. Durch ihre Heirat wurde sie später spanische Königin und Domenico Scarlatti folgte ihr an den Hof in Madrid. Eine Auswahl von fünf Sonaten ließ eine schlüssig dargebotene Vielfalt von Empfindungen wach werden, bis hin zu rasenden Kastagnetten-Passagen, die von weiblicher Anmut kündeten.
Großer Applaus für wundervolles Musikprogramm
Nach einer knappen Stunde dankte großer Applaus für ein wundervolles Musikprogramm und große Könnerschaft. Günther erwiderte diesen mit der besonderen Zugabe einer im Grunde, wenn auch ohne konkrete Worte, rhetorisch zu begreifenden Komposition des Römers Girolamo Frescobaldi. Der einstige Organist am Petersdom verstand die universelle Sprache der Musik und nutzte sie bisweilen für seine tief empfundenen, spirituellen Botschaften.
So gelang die Premiere eines Cembalo-Konzerts im romantischen Hof des Franck-Hauses völlig entspannt in bester Manier. Bürgermeister Thomas Stamm freute sich mit Michael Günther einen so guten Klavier-Interpreten in der Nachbarschaft zu wissen und versprach, dass ähnliche Ereignisse in kommenden Jahren im städtischen Kulturzentrum folgen könnten. So hat ein musikalisches Experiment, das man wegen der Corona-Regeln in dieser Form wagte, vielleicht durchaus angenehme Folgen.