Modischer Trend: Dirndl und Lederhosen sind beliebter denn je, auch auf Laurenzi. Doch die Kleidung trifft nicht jedermanns Geschmack. Auch unsere jungen Kommentatoren haben unterschiedliche Ansichten.
Gehört zum Volksfest wie die Verkleidung zum Karneval: Unser Kommentator Aron Gruner kann sich Laurenzi ohne Tracht nicht vorstellen.

Wenn man mit einem Ortsfremden über Bayern redet, drängt sich schnell das Bild von Männern in Lederhosen und Frauen in Dirndl auf, die mit einer Maß Bier in der Hand in einem Biergarten oder einem Festzelt bei Volksmusik beisammensitzen. Das ist das Bild Bayerns für den Rest Deutschlands und den Rest der Welt – wobei es hier natürlich vor allem Oberbayern und München ist, worauf Auswärtige Bayern reduzieren.
Nichtsdestotrotz sind auch wir Franken ein Teil Bayerns, und Biergärten und Volksfeste, sei es das Kiliani Volksfest in Würzburg, die Lohrer Spessartfestwoche oder unsere Marktheidenfelder Laurenzi-Messe, gehören zu unserer Tradition. Und in ein bayrisches Festzelt zu Biertischen, Maß und Volksmusik gehört einfach eine Tracht! Sie komplettiert nicht nur das Bild von einem „richtigem“ Volksfest, sondern ist gleichzeitig ein Symbol für die Identifikation mit unserem schönen Freistaat.
Auch erinnert sie an die Traditionen unserer Vorfahren. Da in der heutigen Gesellschaft leider eh schon unzählige Bräuche und Gewohnheiten verloren gehen, ist es doch schön zu sehen, dass mit dem Tragen der Tracht wenigstens ein kleiner Teil der bayrischen Kultur von den jüngeren Generationen übernommen und aufrechterhalten wird. Natürlich ist das für viele beim Kauf eines Dirndls oder einer Lederhose nur ein positiver Nebenaspekt.
Das Entscheidende ist, wie so häufig, das Aussehen. Hier muss man einfach sagen, dass Frauen in Dirndl und Männer in Lederhosen schlicht und einfach gut aussehen. Und wann, wenn nicht an den Volksfesten in der Umgebung, haben die Besitzer einer Tracht die Möglichkeit diese zu tragen? Diese Volksfeste gehören zu Bayern wie der Karneval zum Rheinland und wie aufwendige Verkleidungen zum Karneval gehören Lederhosen und Dirndl ins bayrische Festzelt. Stellen Sie sich einmal Karneval ohne Kostüme vor, es wäre nicht dasselbe und es würde etwas Grundlegendes fehlen, genauso ist es mit Trachten auf der Laurenzi-Messe. Lederhosen und Dirndl gehören genauso dazu wie Bier in Maßkrügen, Riesenbrezel und Festzeltmusik!
Lederhosen und Dirndl haben in Franken keine Tradition: Unser Kommentator Tobias Kiefer vermisst die Vielfalt der regionalen Trachten.

Wie so oft liegt die Erkenntnis in der Vergangenheit. Wenn die Menschen eines verinnerlichen sollten, dann das Bewusstsein für die Geschichte. Sie ist der Quell des Wissens, denn sie ist voller Fehler, aus denen man lernen kann.
Die Tracht wie wir sie heute kennen hat ihren Ursprung vor knapp 400 Jahren als Kurfürst Maximilian I. eine Kleiderordnung erlies, anhand derer man den Stand des Trägers erkennen konnte. Das war der Startschuss für die langsame Entwicklung hin zu vielfältigen, regionalen Trachten. Doch die Tracht, die die meisten als solche erkennen, ist die oberbayerische Gebirgstracht, genauer: die Miesbacher Gebirgstracht.
Berühmt gemacht hat sie niemand geringerer als Prinzregent Luitpold von Bayern, nachdem er 1886 die Regierung übernahm. Er trug sie zu offiziellen und privaten Anlässen und machte sie zu dem Identifikationsmerkmal für die Bayern, die sie heute ist. Immerhin unterscheidet man heute noch zwischen sechs verschiedenen Arten von Gebirgstrachten, ganz verloren ist die Tradition also nicht.
Aber die individuellen Trachten, wie es sie über ein Jahrhundert gab, findet man auf den Volksfesten nicht mehr. Um die volle Vielfalt der Trachtenmode zu begreifen, muss man in die abgelegeneren Orte Bayerns reisen. Dort, wo die Trachtenvereine die regionalen Stile ihrer Tracht bewahren. Denn, so schön die Dirndl mit kurzem Rock und großzügigem Dekolleté auch sein mögen, traditionell sind sie nicht. Perfektes Beispiel ist wohl die Schleife. Sie hat eine zentrale Bedeutung. Je nachdem, wo die Dame die Schleife trägt, ist sie ledig (vorne links), vergeben (vorne rechts), verwitwet (hinten) oder jungfräulich (vorne mittig).
Wenn die bayerische Gebirgstracht, egal ob traditionell oder China-Import, zu einem fränkischen Volksfest wie der Laurenzi-Messe getragen wird, scheiden sich oft die Geister. Franken hat eine eigene Trachtenkultur, die scheinbar in Vergessenheit gerät. So bedauere ich den Verlust der damit verbundenen Geschichte, die ein Teil des großen Ganzen ist.