Das Fernglas steht neben Kaffeetasse und Marmeladenbrot. Ein Blick hinein und Stefan Markert kann, gemütlich auf seinem Balkon sitzend, beobachten, was seine wollenen Freunde so treiben. 2012 hat der Schwebenrieder seine ersten drei „Walliser Schwarznaseschafe“ gekauft. Mittlerweile ist Stefan Markert einer von insgesamt acht Züchter in Bayern.
Dass die Wahl vor zwei Jahren auf die Schweizer Rasse aus dem Oberwallis fiel, hatte rein optische Gründe. „Wir haben im Internet gesucht, und da haben uns die Schwarznasenschafe einfach am besten gefallen“, erzählt Stefan Markert. Mit ihrer charakteristischen schwarzen Färbung an Nase, Augen, Ohren sowie den schwarzgestiefelten Beinen im sonst weiß-gelockten Fell sehen sie ein wenig aus wie eine Mischung zwischen Bobtail und Pudel. Wären da nicht die Hörner, die beim männlichen Schaf schraubenförmig, beim weiblichen eher gerade wachsen.
Natürliche Rasenmäher
Und ihre Vorliebe für Grünzeug: Auch die war für Stefan Markert Grund, sich für Schafe zu entscheiden. „Schafe sind optimal, um ein Gelände ,natürlich‘ wiederherzustellen“, sagt er. „Was sie nicht fressen, machen sie platt.“ So zum Beispiel eine alte Streuobstwiese, die Stefan Markert wieder in Schuss bringen möchte. 20 Jahre lang lag sie brach. Nun hat der Schwebenrieder angefangen, die Bäume zu veredeln und die Wiese zumindest so herzurichten, dass die Tiere draufkonnten. „Durch die Schafe werden die Weiden abgefressen und gleichzeitig gedüngt“, erklärt er. Mit dem Ergebnis, dass auf den Flächen oft ganz neue Pflanzen wachsen und die Wiesen vielfältiger werden.
Doch eine Weide allein reicht bei weitem nicht aus. Auch wenn Stefan Markert bisher „nur“ zehn Schafe hat. „Am Anfang war es schwierig, Wiesen zu finden, da auch die Biogasanlagen immer Flächen suchen“, erzählt er. Mittlerweile werden ihm die Grünstücke angeboten. Bevor die Schafe drauf können, zäunt er das Gelände mit einem Elektrozaun ein. Dabei kommt ihm zugute, dass die Schwarznasen ihrem Standort treu und auch sehr personenbezogen sind. Um seine Tiere umzuweiden, muss er nur vorneweg laufen, und schon folgen sie ihm alle brav. Dabei sei es wichtig, das Chefschaf auf seiner Seite zu haben.
Auch immer gern an seiner Seite – auch wenn es nicht auf eine andere Weide geht – ist das neun Wochen alte Schaf Lina. Seine Mutter ist bei der Geburt gestorben, und so wurde Lina mit der Flasche aufgezogen. Das führte dazu, dass Lina noch zahmer ist als alle anderen und mit ihren Ersatzeltern sogar „bei Fuß“ Spaziergänge durch den Ort unternahm. Nicht selten wurde sie mit einem Pudel verwechselt.
„Lina fühlt sich nicht als Schaf“, beschreibt es Stefan Markert. Dadurch fiele es dem Tier aber auch schwerer, eine Bindung zu den anderen Schafen aufzubauen.
Aber auch Stefan Markert hat seine Probleme damit, sich von einem Schaf zu trennen. So musste er erst vor kurzem Böcke zum Schlachten fahren. Aber mehr als einen ausgewachsenen Bock kann seine Herde nicht vertragen. Und anderweitig gingen Böcke kaum weg. Zweimal pro Tag schaut Stefan Markert, wenn möglich, bei seinen Schafen vorbei. Im Moment ist das kein Problem, denn er hat gerade Elternzeit. Normalerweise aber arbeitet er bei der Firma SenerTec in Schweinfurt. Wenn er hier, wie so oft, auf Montage unterwegs ist, übernimmt seine Frau die Schafe.
Groß Gewinn macht die Familie mit den Schafen nicht. Das war allerdings auch nicht die Motivation. „Unterm Strich kommen wir bei der Schafzucht auf null raus“, sagt Stefan Markert. Was auch daran liegt, dass er für seine Tiere lieber ein bisschen mehr macht als zu wenig. So baute er ihnen für ihr Winterquartier einen aufwendigen Stall. Zudem werden alle neuen Tiere ins Herdbuch eingetragen, was rund 100 Euro kostet.
Dafür sind seine Tiere gefragt: Selbst aus Russland hat er schon Kauf-Anfragen bekommen. Ihm ist es allerdings am liebsten, wenn die Tiere in der Gegend bleiben – so kann er sie weiterhin im Auge behalten.
Geschichte der Walliser Schwarznasenschafe
Überlieferungen nach galt Mitte des 16. Jahrhunderts das Kupferschaf als verbreitete Schafrasse im Oberwallis. Aus diesen Schafen wurden die braunwolligen und gehörnten Älwen gezüchtet, die mit Einkreuzungen einer bislang unbekannten„schwarzen gehörnten Schafrasse“ als direkte Vorfahren der Walliser Schwarznasenschafe gelten. Ab 1884 wurden australische Southdownschafe eingekreuzt, die sich jedoch in der Gebirgslandschaft als wenig anpassungsfähig erwiesen.
In den 1930er bis 60er Jahren bestand die Gefahr, dass das Walliser Schwarznasenschafe durch das, auf den modernen Markt hin optimierte Weiße Bergschaf verdrängt wurde. Im 20. Jahrhundert verschob sich im Wallis die Bedeutung der Schafhaltung von der Eigenversorgung hin zur reinen Nebenerwerbs- und Hobbyschäferei.
Bei den Zuchtbemühungen wurde dadurch zunehmend auf ästhetische Gesichtspunkte geachtet. Der Oberwalliser Schwarznasenschafzuchtverband wurde 1948 gegründet. Erst 1962 wurde das Schwarznasenschaf als Rasse anerkannt und 1964 in den Schweizer Schafzuchtverband aufgenommen. Quelle: Wikipedia