"Es ist fünf vor zwölf", sagte Triefensteins Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock, als sie in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates vor rund 30 Zuhörern die bislang bekannten Fakten zu dem Windparkprojekt auf der Nachbargemarkung Dertingen in unmittelbarer Nähe zur Homburger Gemarkungsgrenze bekannt gab. Die Infos erfuhr auch die Homburger Bevölkerung zum ersten Mal.
Sie wurden deshalb nicht mit besonderem Wohlwollen zur Kenntnis genommen, weil zu viele Unwägbarkeiten seitens der Projektplaner erkannt sowie gravierende Nachteile für das Winzerdorf nicht ausgeschlossen wurden. "High Noon" würde es im amerikanischen Sprachschatz heißen, wenn quasi kurz vor Torschluss die Bürger von einem Projekt erfahren, das die Errichtung von fünf Windrädern mit einer Gesamthöhe von 285 Metern auf einem sechzig Hektar großen Areal mit einer Gesamtleistung von 36 Megawatt vorsieht.
Der Markt Triefenstein muss sich aktuell als Träger öffentlicher Belange aus der Sticht des Immissionsschutzes zum geplanten Windparkstandort äußern. Was Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock und auch den Zuhörern offensichtlich missfiel, war der Umstand, dass die gesamten Unterlagen des Windparkprojekts einschließlich der technischen Gutachten bereits seit Juli 2024 dem Landratsamt Tauberbischofsheim vorlagen und der Gemeinde erst am 6. Dezember in vier Ordnern mit der Bitte um Stellungahme bis 11. Januar 2025 übermittelt wurden.
Im Lengfurter Rathaus hofft man jetzt, dass die beantragte Fristverlängerung auf offene Ohren stößt. Rückblende: Bereits vor zehn Jahren hatte der Markt Triefenstein seine Bedenken zu einem Projekt geäußert, das vier 140 Meter hohe Windräder vorsah und unter anderem wegen des dort vorkommende "Roten Milan" verworfen wurde. Es waren vor allem "Beeinträchtigungen auf das Orts- und Landschaftsbild", die Triefenstein damals vorgebracht hatte.
Die jüngsten Fakten hatte die Bürgermeisterin auf einem 22seitigen Infoblatt aufgelistet und in der Sitzung für Gemeinderat und Zuhörer lesbar auf eine Leinwand geworfen. Wenngleich für das aktuelle Großprojekt offiziell noch kein Standort bekannt ist, so wird angenommen, dass sich dieser an dem vor zehn Jahren ausgewiesenen Areal orientiert. Die Bürgermeisterin befürchtet erneut eine massive Beeinträchtigung des Homburger Ortsbildes. Nachfragen nach einer genauen Planung blieben bislang unbeantwortet. Bekannt ist allerdings, dass die Bayernwerk AG ausgerechnet auf bayerischer Seite ein Umspannwerk in die Planung aufgenommen hat. Auf Unverständnis stieß auch der Umstand, dass die Abstandsflächen zwischen Windädern und der nächsten Siedlung weitaus geringer als in Bayern sein sollen.
Auch die Bayerische Staatskanzlei wurde vom Markt Triefenstein um Unterstützung in Sachen Windpark gebeten. Auf den Wunsch nach einer einheitlichen politischen Regelung von Windparks in Grenzgebieten wurde im Antwortschreiben nicht eingegangen. Die Entscheidungshoheit liege bei der zuständigen baden-württembergischen Genehmigungsbehörde war aus München zu hören. Für ein Gutachten, so Bürgermeisterin Deckenbrock, seien für eine "Schallimmissionsprognose 13 Standorte, darunter vier in Homburg (Am Wolpenberg 17, Weingartenstraße 8, An der Stadtmauer 24. Remlinger Straße 20) ausgewählt worden. Überall würden die Werte eingehalten bzw. unterschritten. Schädliche Umwelteinwirkungen durch Windrädergeräusche seien nicht zu erwarten, ist in dem Gutachten weiter zu lesen. Zum Artenschutz heißt es unter anderem: Die zwei Brutplätze des Rotmilan befinden sich in einer ausreichend großer Entfernung. Der Uhu-Brutstandort liege 1,,15 Kilometer entfernt im Steinbruch Wüstenzell. Für 14 Fledermausarten soll vorsorglich ein "Abschalt-Logarithmus" installiert werden um Mögliche Konflikte auszuschließen, bemerken weiter die Gutachter
In ihrem Fazit erwähnt Bürgermeisterin Deckenbrock die gleichen Bedenken, wie sie in der Stellungnahme im Jahr 2014 vorgebracht wurden, sie seien möglicherweise noch gravierender. Zu den Akten will Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock die "Causa Windkraft" noch nicht legen. Im Gegenteil: Zusammen mit Bürgermeister Daniel Bachmann (Holzkirchen) möchte sie alle Möglichkeiten ausloten, die keine negativen Auswirkungen auf den Ortsteil Homburg haben. Verwunderung hat bei der Rathauschefin auch die Tatsache ausgelöst, dass in dem Gutachten keine "erhebliche Beeinträchtigung auf dem Erholungsraum" sowie auf die Papiermühle Homburg erfolgt, die in deutlicher Sichtweite zu den Windrädern liegt und für die die Aufnahme in das "Unesco-Weltkulturerbe beantragt wurde. Ein großes Dankeschön von Kerstin Deckenbrock durften zum Ende der öffentlichen Sitzung die Gemeinderäte für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen 14 Sitzungen und alle Bürger hören, die sich im Markt Triefenstein ehrenamtlich engagieren.