Rund 60 Bürger kamen zum SuedLink-Infomarkt ins Karlstadter Rathaus, mit dem der Netzbetreiber Tennet über den aktuellen Planungsstand informierte. Laut Thomas Wagner, Referent für Öffentlichkeitsbeteiligung bei SuedLink, liegt diese Beteiligung im Rahmen. Die Infomärkte sind sei Mitte März entlang der möglichen Trassen unterwegs.
SuedLink sind zwei überregionale Stromleitungen, die von Wilster bei Hamburg bis Grafenrheinfeld und von Brunsbüttel bis Großgartach in Baden-Württemberg in Hochspannungs-Gleichstromtechnik gebaut werden sollen.
Seit sie nicht mehr als Freileitung an über 70 Meter hohen Masten, sondern als Erdleitung in 1,6 Meter Tiefe realisiert werden sollen, ist der Protest entlang der möglichen Trassen leiser geworden. Die meisten Besucher der Infomärkte sind laut Thomas Wagner vorab gut informiert; im Internet sind die möglichen Korridore und die Planungsunterlagen dazu frei zugänglich.
Breite Korridore
Mit einem Kilometer sind die Planungskorridore 30-mal breiter als die späteren Leitungstrassen mit etwa 30 Meter – wenn die beiden Stromleitungen nebeneinander geführt werden. Auch die Technik dahinter interessierte die Besucher. Gleichstromtechnik bedeutet zwei Leiter (Plus und Minus) für einen Stromkreis. Für jede der beiden Stromleitungen sind zwei Stromkreise nötig, um jeweils bis zu zwei Gigawatt Leitung übertragen zu können.
Die jeweiligen Kabel haben 14 Zentimeter Außendurchmesser und sind mit einem Leiter aus Kupfer geplant. Am Anfang und Ende sind Konverter nötig, die Dreh- in Gleichstrom wandeln – nicht mit Motoren und Generatoren, sondern per Leistungselektronik. In der Region betrifft das Grafenrheinfeld.
Höherer Wirkungsgrad
Für Tennet ist die Technik bei Überseeleitungen bewährt. Vorteil der Gleichstromtechnik sei der bessere Wirkungsgrad: Etwa ein Prozent im Konverter und eine halbes Prozent entlang der Leitung. Letzteres sind 60 Watt je Meter bei Volllast.
Die Landwirte haben Bedenken wegen der zu erwartenden Erwärmung des Erdbodens und der durch die Erdarbeiten entstehenden Störung der Kapillarwirkung (Feuchtigkeitstransport). Ackerbau soll auf den künftigen Trassen möglich sein, Wald und Weinbau wegen der tiefreichenden Wurzeln aber nicht.
Wo genau die Leitungen einmal verlaufen werden, ist derzeit noch offen. Grob gibt es einen östlicheren und einen westlicheren Korridor mit zahlreichen möglichen Querverbindungen. Der östliche verläuft an Schweinfurt und Dettelbach vorbei außerhalb des Landkreises. Der westliche von Gräfendorf an Karlstadt vorbei nach Birkenfeld und Greußenheim. Er könnte aber auch ab Karsbach den Weg über Eußenheim und Retzstadt nehmen. Zudem muss es dann eine Verbindung nach Osten geben, um Grafenrheinfeld zu erreichen. Auch für diese Verbindung sind mehrere Varianten möglich, es gibt also allein in Main-Spessart Dutzende denkbare Kombinationen. Gewünscht ist eine möglichst „gestreckte Führung“, um die Leitungen kurz und die Kosten niedrig zu halten.
Details am Computer
Im Detail konnte man sich beim Info-Markt an einer großen Übersichtskarte sowie an Computer-Bildschirmen über die Korridore informieren. Besonders interessant für die Landkreisbewohner sind neue Korridorsegmente aufgrund von Anregungen im vorhergehenden Verfahrensschritt für diese Querverbindungen. Etwa zwischen Gambach, Eußenheim und dem Bachgrund (Segmente 325 und 326) und bei Retzstadt und Leinach (Segmente 327 und 328). Letztere liegen teilweise schon im Landkreis Würzburg, würden aber Erdarbeiten in Weinbergen und den darüber liegenden Felswänden vermeiden.
Noch viel zu tun
Aus den vielen möglichen Varianten wird Tennet bis zum Jahresende einen Korridor erarbeiten. Der Untersuchungsrahmen nach §7 des Netzausbaugesetzes steht schon fest: Raumverträglichkeitsstudie, strategische Umweltprüfung, Natura2000-Verträglichkeit, Artenschutzrechtliche Ersteinschätzung, andere öffentliche und private Belange – eine Menge Hausaufgaben. Die lassen sich nicht nur vom Schreibtisch aus erledigen: in Zellingen und Thüngersheim sind Bohrungen zur Baugrunduntersuchung nötig.
Behörde legt Korridor fest
All das wird die Firma zum Jahresende zusammen mit einem Korridorvorschlag bei der Bundesnetzagentur einreichen. Den endgültigen und verbindlichen Korridor legt die Behörde fest.
Danach folgt das Planfeststellungsverfahren und schließlich von 2021 bis 2025 der Bau. Im Raum stehen bislang zehn Milliarden Euro Baukosten, grob das vier- bis achtfache einer Freileitung.