Die Alkoholfahrt von Margot Käßmann, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), beschäftigt die evangelische Basis. In einer Umfrage der Main-Post äußern sich evangelische Geistliche aus unserem Verbreitungsgebiet zu Käßmanns Fehl- und Rücktritt:
Pfarrer Paul Häberlein, Karlstadt, sagt: „Auch eine Bischöfin ist ein Mensch und Menschen sind fehlbar.“ Natürlich müsse sie die rechtlichen Konsequenzen tragen für ihr schuldhaftes Verhalten.
„Was ich gut finde, ist, dass sie den Fehler öffentlich einräumt.“ Letztlich aber sei es schwierig, aus der Ferne zu einem Sachverhalt Stellung zu nehmen, dessen genaue Hintergründe man nicht kennt.
Gerade jetzt in der Passionszeit seien Schuld und Vergebung ein zentrales Thema. Daher sollte keiner vorschnell über andere Menschen urteilen.
Pfarrerin Elfriede Koch, Lohr, zeigte sich „einerseits entsetzt“ darüber, „dass das passiert ist“, denn eine Bischöfin sollte ihrer Meinung nach schon Vorbild sein. Andererseits bedauere sie den Rücktritt der Landesbischöfin „schon sehr, weil ich sie für eine sehr kompetente Frau gehalten habe“.
Pfarrerin Gudrun Reuther, Remlingen, kennt selbst Situationen, in denen man versucht ist, in einer Feierlaune Alkohol zu trinken. Reuther gibt zu: „Ich kann nicht sagen: Das würde mir nie passieren.“ Sie hat für sich allerdings eine Regel aufgestellt: „Maximal ein Bier oder ein Schoppen, wenn ich fahre“. In der Fastenzeit verzichtet sie vollständig auf Alkohol.
Die Pfarrerin glaubt überdies, dass das Fehlverhalten einer Frau besonders von der Öffentlichkeit unter die Lupe genommen wird. „Bei Männern gilt Alkoholmissbrauch eher als Kavaliersdelikt.“ Zu den Kritikern sagt sie, es sei menschlich, Fehler bei anderen zu suchen. Aber Reuther zitiert dazu auch Luther: „Wir sind alle Sünder und Gerechte.“
Das Vergehen Käßmanns findet Reuther trotzdem „bedenklich“. Man sollte „nicht einfach darüber hinweggehen“. Aber der Rücktritt der EKD-Ratsvorsitzenden hat sie überrascht. „Das hatte ich nicht erwartet. Reuther hätte es auch nicht verlangt: Buße ja – Rücktritt nein.
Da sie Bischöfin Margot Käßmann als „toughe“ Frau kennengelernt hat, vermutet sie, dass hinter dem Rücktritt noch mehr steckt. Wenn er für Käßmann persönlich nötig war, „kann ich das gut akzeptieren“, sagt die Remlinger Pfarrerin.
Pfarrer Gunnar Zwing, Burgsinn, sagt: „Verstehen kann ich eigentlich nicht, wie so etwas passieren kann. Schließlich hat Frau Käßmann ja genau für solche Fälle einen Fahrer und einen Dienstwagen zur Verfügung.“
In so einer Position habe man eine besondere Verantwortung und eine gewisse Vorbildfunktion, so die Meinung des Pfarrers: „Das ist sicher kein Kavaliersdelikt.“