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MARKTHEIDENFELD: Vor der Wahl: Helga Schmidt-Neder im Interview

MARKTHEIDENFELD

Vor der Wahl: Helga Schmidt-Neder im Interview

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    Amtsbonus: Helga Schmidt-Neder, Bürgermeisterin der Stadt Marktheidenfeld, will noch einmal wiedergewählt werden. 2020 möchte die Freie-Wähler-Politikerin dann ihre Rathaus-Karriere beenden.Fotos (2): Roland Pleier
    Amtsbonus: Helga Schmidt-Neder, Bürgermeisterin der Stadt Marktheidenfeld, will noch einmal wiedergewählt werden. 2020 möchte die Freie-Wähler-Politikerin dann ihre Rathaus-Karriere beenden.Fotos (2): Roland Pleier

    Helga Schmidt-Neder ist seit sechs Jahren Bürgermeisterin der Stadt Marktheidenfeld. Noch einmal will sie sich der Wahl stellen. Im Gespräch mit den Main-Post-Redakteuren Andreas Brachs und Roland Pleier zieht sie Bilanz und blickt nach vorn.

    Frage: Vor sechs Jahren sind Sie erstmals zur Bürgermeisterin gewählt worden. Wussten Sie, was auf Sie zukommt?

    Helga Schmidt-Neder: Ich konnte es mir nicht in allen Details vorstellen; man unterschätzt die Arbeit eines Bürgermeisters. Neben der Hauptaufgabe, die Verwaltung und den Stadtrat zu führen, kommen noch viele andere Aufgaben wie Vereins- oder Jubilarbesuche dazu und meine Arbeit als Kreisrätin. Mein Arbeitstag dauert oft von 8.30 bis 22 Uhr.

    Welche Ziele haben Sie in den ersten sechs Jahren erreicht?

    Schmidt-Neder: Die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Betreuungsmöglichkeiten in Kindergärten, Schule und in den Ferien. Zwei große Projekte habe ich übernehmen dürfen: das Rathaus-Center und das Bad Wonnemar. Auch die Bürgerbeteiligung ist gelungen. Die Bürger sind aktiv in Projektgruppen, ihre Ziele stoßen im Stadtrat auf offene Ohren, und dafür investieren wir auch. Die Stadt als Wirtschaftsstandort hat sich sehr positiv entwickelt. Es geht uns finanziell gut, und das schafft großen Gestaltungsspielraum.

    Welche Ihrer Ziele haben Sie nicht erreicht?

    Schmidt-Neder: Was ich gern gehabt hätte: eine erweiterte Fußgängerzone. Ich glaube, dass es der Innenstadt gut täte. Die Voraussetzungen sind gegeben, aber es gelingt nur im Zusammenspiel mit Einzelhandel und Gastronomie.

    Haben Sie das Thema 2010 zu blauäugig angepackt?

    Schmidt-Neder: Ich gebe zu, es hätten noch mehr Gesprächsrunden stattfinden müssen. Aber der Einzelhandel muss auch auf das veränderte Einkaufsverhalten der Kunden reagieren. Das wäre eine Chance für die Innenstadt, ebenso wie gleichlange Kern-Öffnungszeiten.

    Sie haben damals gesagt: „Ein bloßes Rückversetzen in den unbefriedigenden Zustand wie vorher kann es nicht geben!“ Aber eine wirkliche Verkehrsberuhigung in der Altstadt gibt es bis heute nicht. Warum?

    Schmidt-Neder: Wir haben die Erprobungsphase auslaufen lassen, obwohl es eine Mehrheit im Stadtrat für die erweiterte Fußgängerzone gab. Aber ein Durchdrücken gehört nicht zu meiner Politik. Die Verkehrsberuhigung ist ein schwieriges Terrain. Die Unüberlegtheit, teilweise Rücksichtslosigkeit, der Verkehrsteilnehmer ist ein Problem. Ich weiß nicht, wie man das in den Griff bekommt.

    Könnte man nicht geschwindigkeitsreduzierende Bodenwellen einbauen?

    Schmidt-Neder: Keine Bodenwellen, aber Pflanzgefäße und mehr Sitzmöglichkeiten in der Innenstadt. Aber dabei muss man den Rettungsweg freihalten. Nach der Sanierung der alten Mainbrücke und der Umstufung der Straßen wollen wir ein Verkehrskonzept für die Innenstadt, das neue Gestaltungsmöglichkeiten zulässt. Das gilt auch für die Wohnquartiere, in die künftig nur noch die Anwohner direkt einfahren sollen.

    Sie wollten die Bürger an der Kommunalpolitik beteiligen. Wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz und mit den Ergebnissen der Projektgruppen?

    Schmidt-Neder: Bei der Auftaktveranstaltung war das Interesse groß. In den Arbeitsgruppen war die Teilnahme geringer, aber von den Ergebnissen bin ich überzeugt. Der Rahmenplan zur Mainufergestaltung wird wirklich etwas Großartiges, auch wenn es 15 bis 20 Jahre dauert, das zu finanzieren. Das Klimaschutzkonzept ist unser Mitwirken an der Energiewende. Es muss nur noch geklärt werden, wer sich darum kümmert.

    Sie hätten gern einen Klimaschutz-Manager?

    Schmidt-Neder: Ja, zumindest solange er gefördert wird, also für drei Jahre. Damit die Ideen der Bürger schnell umgesetzt werden.

    Auch das Bürgerforum im Internet war ein Angebot zum Mitdiskutieren. Da hat man den Eindruck, dass es sich totgelaufen hat. Soll es bleiben?

    Schmidt-Neder: Ich werde es im Stadtrat zur Diskussion stellen. Aber die Kosten sind gering, und es ist eine Plattform für die Bürger, die punktuell wahrgenommen wird.

    Der Neubau der Stadtbücherei liegt auf Eis. Wann gehen Sie in die Planung?

    Schmidt-Neder: 2014 kommt die Planung, und für mich ist es das Ziel, 2015 mit dem Bau zu beginnen. Die Stadtbücherei wird die Innenstadt beleben und Besucher anziehen.

    Chance und Risiko könnte der neue Baumarkt von Udo Lermann sein. Wie ist Ihre Meinung dazu?

    Schmidt-Neder: Diese Entscheidung ist nicht einfach. Der Bürger würde den Baumarkt begrüßen; es wäre für die Stadt ein Gewinn. Aber wenn der Baumarkt zehn oder 20 Prozent innenstadtrelevante Sortimente anbietet, wäre das für den Einzelhandel ein großer Einschnitt. Das muss gut abgewogen sein.

    Vor eineinhalb Jahren hat die Stadt die Abteilung Stadtmarketing, Tourismus und Kultur geschaffen. Was hat sich seither verbessert?

    Schmidt-Neder: Die Zusammenarbeit mit der Werbegemeinschaft, dem Einzelhandel und der Gastronomie läuft jetzt hervorragend, bedingt durch die Person Frau Albert (Leiterin der Abteilung, Anmerk. d. Red.), die sehr aktiv ist. Es muss eine Stelle geben, die alle Fäden zusammenführt.

    Was wünschen Sie ihr: dass sie bleibt oder dass sie als Bürgermeisterkandidatin in Gemünden erfolgreich ist?

    Schmidt-Neder: Ich wünsche ihr, was sie sich selbst wünscht. Ich glaube, dass sie das Bürgermeisteramt in Gemünden ausfüllen kann. Es würde für sie ein steiniger Weg, aber die Frau hat das Zeug dazu. Sie ist zäh, intelligent, kreativ und kommunikativ – eine Power-Frau. Für die Stadt Marktheidenfeld würde ich mir wünschen, dass sie bleibt, weil sie sehr gut ins Team passt und ihre Arbeit eine Bereicherung ist.

    Das Wonnemar ist innen attraktiv, aber dem Freibad laufen die Besucher davon. Wollen Sie Einfluss nehmen, damit es für Familien wieder zum Anziehungspunkt wird?

    Schmidt-Neder: Der Start war holprig. Die Wonnemar-Verantwortlichen wissen das und werden Ende März einen Bericht vorstellen, in dem erklärt wird, was in der Freibad-Saison neu kommt.

    Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat?

    Schmidt-Neder: Als sehr gut. Sicher ein Grund dafür ist, dass wir gleich nach der Konstituierung in Klausur gegangen sind. Wir haben uns ein Leitbild gegeben und die Ziele für die nächsten sechs Jahre abgesteckt. Das werden wir auch nach der nächsten Wahl machen.

    Sie selbst setzen stark auf das Schlagwort Transparenz. Aber der Bürger erfährt vor Stadtratssitzungen nicht viel von den Themen, die die Stadt bewegen. Beispiel Lichtspielhaus: Wenn in ein und derselben Sitzung informiert und entschieden werden soll, wie sollen da Transparenz und eine öffentliche Diskussion entstehen?

    Schmidt-Neder: Man findet da vielleicht nicht immer den goldenen Weg, einerseits die Bürger einzubinden, aber andererseits den Stadtrat nicht hintanzustellen. Die Problematik des Lichtspielhauses war allen bekannt und auch, dass wir etwas tun müssen. Da zu handeln, fällt mir nicht leicht, denn ich bin ja froh, dass es eine Begegnungsstätte für junge Menschen gibt, aber es geht auch um das Wohl der Altstadtbewohner. Mein Ziel war es, dass der Betreiber Zeit bekommt, bis er eine Ausweichlokalität am Stadtrand findet.

    Kamen deshalb das Lärmgutachten und der Brief des Polizei-Chefs erst nach über einem Jahr auf den Tisch? Haben Sie auf Zeit gespielt, um den Umzug zu ermöglichen?

    Schmidt-Neder: Das Gutachten war da, und der Stadtrat wusste, dass die Lärmwerte über dem Erlaubten liegen. Daraufhin kam vom Betreiber das Signal: Ich suche mir was Neues. Wir wollten dann eine Satzung erstellen, die auch bei einer Klage vor Gericht standhält. So eine Ausarbeitung dauert aber länger.

    Sie sind im Stadtrat ziemlich nüchtern. Wann werden Sie emotional?

    Schmidt-Neder: Ich bin ein Mensch mit Regungen, aber im Amt ist eine Beständigkeit wichtig. Meine Mitarbeiter können sich darauf verlassen, auch wenn es heiß hergeht, dass ich korrekt bleibe, mich nie im Ton vergreife und dass wir sachlich diskutieren. Wenn jemand einen Fehler gemacht hat, wird es geklärt, und dann ist es gut. Ich brauche nicht auf den Tisch zu hauen. Ich verschaffe mir auch anders Respekt.

    In Ihrer potenziellen nächsten Amtszeit gehen drei tragende Stützen Ihrer Verwaltung in den Ruhestand: Hauptabteilungsleiter Heinz Matschiner, Stadtbaumeister Elmar Kirchner und Kämmerer Karl-Heinz Pilsl. Wie bereiten Sie den Umbruch vor?

    Schmidt-Neder: Ich bin mir dessen bewusst und wir sind im Gespräch. Wir werden auf jeden Fall die Stellen rechtzeitig nachbesetzen. Zwei würde ich nach Möglichkeit gern intern besetzen. Geeigneten Nachwuchs gibt es!

    Welche Ziele haben Sie für die nächsten sechs Jahre?

    Schmidt-Neder: Der Baumhof-Kindergarten muss saniert werden. Die Schulvielfalt will ich erhalten. An der Sanierung von Realschule und Gymnasium werde ich weiter hartnäckig dranbleiben. Das Klimaschutzkonzept soll umgesetzt werden. Die Innenstadt und die Stadtteile sollen gestärkt werden durch das Integrierte Stadtentwicklungskonzept und das Gemeindeentwicklungskonzept, und die Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden soll in Allianzen verbessert werden, zum Beispiel bei einem gemeinsamen Tourismuskonzept.

    Marktheidenfeld soll familienfreundlich und sozial sein. Ich möchte kulturelle und Bildungsangebote der Stadt kostenfrei oder gegen geringe Gebühr zugänglich machen, zum Beispiel durch eine Restkartenbörse. Die Kontakte mit den Firmen will ich weiterpflegen und ihnen die Vorzüge der Stadt mitteilen. Das ist manchmal das letzte i-Tüpfelchen für einen Betrieb, diesen Standort zu wählen.

    Ich will neuen Wohnraum ermöglichen durch das Schließen von Baulücken, aber keine Baugebiete mehr ausweisen, denn jedes neue Wohngebiet bringt neue Kosten und Landverbrauch mit sich. Ich will, dass die Innenstadt und die Stadtteile pulsieren und das Wohnen attraktiv gemacht wird und möglichst preiswert sein kann durch Bauverdichtung. Das würde ich konterkarieren durch neue Baugebiete.

    Gesetzt den Fall, Sie werden am 16. März gewählt, wollen Sie dann auch 2020 noch einmal zur Wahl antreten?

    Schmidt-Neder: Dann wäre ich 63 Jahre alt. Aber nachdem ich auch einen Mann habe, der fünf Jahre älter ist, habe ich ihm versprochen: Bis 2020, und dann steht wieder die Familie im Vordergrund.
     

    Helga Schmidt-Neder

    Die Marktheidenfelder Bürgermeisterin ist am 18. März 1957 in Wertheim geboren. Helga Schmidt-Neder ist in Gemünden aufgewachsen. Die Ausbildung zur Fachlehrerin für Werken/Textiles Gestalten und Hauswirtschaft absolvierte sie 1979 am Staatsinstitut in Nürnberg.

    1980 heiratete sie ihren Lehrerkollegen Karl Neder. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder. Schmidt-Neder war als Fachlehrerin an Grund- und Hauptschulen im Main-Spessart-Kreis tätig, betreute Junglehrer und hielt Unterricht für das Lehrerseminar.

    2002 kandidierte sie ohne Erfolg für den Stadtrat; zwischenzeitlich war sie Vorsitzende des Ortsverbands der Freien Wähler und des Jugendbeirats der Stadt. Bei der Bürgermeisterwahl 2008 setzte sie sich klar gegen ihre Mitkandidaten Hermann Menig (SPD) und Manfred Stamm (CSU) durch.

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