Ein Chinese hat neulich, wie auch in der Main-Post zu lesen war, 1,4 Millionen Euro für einen jungen Hund bezahlt. Eins-Komma-vier Millionen – unwahrscheinlich also, dass der Hund einmal auf dem Teller landet. Vielmehr will der Chinese das Tier offenbar als Statussymbol. Bei dem Millionen-Hund handelt es sich um eine Tibetdogge, die ob ihres flauschigen, mähnenartigen Fells in China geschätzt wird. In Deutschland ist die Rasse selten, im vergangenen Jahr gab es hierzulande gerade einmal 30 Welpen. Kathrin und Christoffer Friedrich aus Burgsinn besitzen dafür gleich vier ausgewachsene Tibetdoggen. Grund genug, dort einmal vorbeizuschauen.
Ob ich Angst vor großen Hunden habe? Solange sie mir nichts tun . . . Also lässt das Frauchen erst einen großen, schweren, Ehrfurcht gebietenden Wuschelhund raus und dann nach und nach drei weitere. Im Nu bin ich eingezwängt von vier aufgeregten Riesenhunden mit gewaltigen Köpfen. Drei sind rot-braun gefärbt, eine Hündin hat die schwarz-beige Färbung eines Rottweilers. Jeder will gestreichelt werden, ich werde angesprungen, Hundehaare wirbeln herum, ein Mordsmaul nimmt meine Hand leicht zwischen die Zähne.
Die Hunde wollen nur spielen. Dann gehen sie mit ins Haus und verteilen sich nach einer Weile friedlich ausgestreckt über den Fußboden.
Zweimal hatten die Friedrichs beziehungsweise ihre Hunde auch schon einen Wurf. Sind Sie Millionäre, Herr und Frau Friedrich? Sie lachen bei der Frage. Nein, das seien sie nicht, versichern sie. Christoffer Friedrich glaubt, dass die Chinesen bei den Kaufsummen – 2011 machte schon einmal eine Tibetdogge mit einem Kaufpreis von über einer Million Schlagzeilen – etwas tricksen. Nach dem Motto: Ich kaufe dir einen Hund für so viel ab und du mir dafür einen für so viel. Hauptsache, Schlagzeilen.
„In China nimmt's überhand“, findet Friedrich. Sowohl was die Preise anbelangt, als auch was das Aussehen der Hunde angeht. Dort wird den Tibetdoggen eine immer größere Mähne angezüchtet. Die vier Friedrich'schen Hunde haben im Vergleich zu manchen ihrer chinesischen Verwandten eher dezente Mähnen. Doch das könnte in der nächsten Generation schon wieder anders aussehen: Der chinesische Großvater der schwarz-beigen Hündin Hi-la hatte eine gewaltige Mähne. Und wenn alles gut läuft, wird Hi-la dieses Jahr Mutter. Die Friedrichs wollen ein „Mittelding“. Wie sind die Burgsinner auf den Hund aus Tibet gekommen? Das erste Mal, erzählen sie, sind sie vor zwölf Jahren bei einem Urlaub auf Gran Canaria auf die Rasse gestoßen. Mit großen Hunden, namentlich mit Berner Sennenhunden, hatten sie schon Erfahrung. „Von der Größe her ist das kein großer Unterschied“, sagt der 35-jährige Christoffer Friedrich. Der dreijährige Tibetdoggen-Rüde Basco hat eine Schulterhöhe von 72 Zentimetern und wiegt 56 Kilogramm.
Tibetdoggen, die eigentlich keine Doggen sind, seien „noch nicht überzüchtet“. Die Friedrichs bevorzugen den tibetanischen Namen Do Khyi. Vor elf Jahren kauften sie ihre erste Hündin.
Die Hunde sind eigentlich Schutzhunde für Yakherden, im Einsatz gegen Wölfe und Bären. Wie andere Herdenschutzhunde auch sind sie selbstständige Tiere. Dementsprechend wachsam sind sie von ihrer Veranlagung her. Und stur. „Man muss konsequenter sein als bei einem Schäferhund“, sagt der 35-jährige Elektroniker. Was sie nicht einsehen, machen sie auch nicht mit, etwa Apportieren. Ihr Verhalten sei noch wölfischer als bei anderen Hunderassen, es gebe eine klare Rangordnung, die Körpersprache spiele noch eine starke Rolle. Da sie in Tibet oft kein Fleisch bekämen, sondern eher Getreidebrei und Brot, seien sie gute Futterverwerter.
Es seien Familienhunde, bei den Friedrichs gar Familienmitglieder – nicht nur, weil sie so wuschelig sind und sich für den siebenjährigen Sohn der Friedrichs als Kuscheltiere eignen. Die Hunde wirken ausgeglichen. Und pflegeleicht sind sie offenbar: Abends legen sie sich um halb sieben hin und schlafen bis zum nächsten Morgen. Oft Gassi gehen müsse man mit ihnen nicht.
Den Friedrichs haben es eher exotische Rassen angetan: Passend zu den großen Tibetdoggen haben sie noch einen Tibetspaniel, einen kleinen Hund „mit den Charaktereigenschaften eines großen“, wie es Christoffer Friedrich ausdrückt. In Tibet hätten die kleinen Spaniel früher als Wachhunde in Mauernischen gesessen. Und angeblich haben sie Mönchen in der Kutte die Hände gewärmt. Hinzu kommen bei den Friedrichs zwei Birma-Katzen und eine riesige, achteinhalb Kilo schwere Maine-Coon-Katze.
Der Traum der Friedrichs ist eine Tibetreise – um dort womöglich irgendwo eine ursprüngliche Tibetdogge zu finden und gegebenenfalls mit nach Burgsinn zu nehmen.
Tibetdogge
Die aus Tibet, von den Hochebenen des Himalaja, stammende alte Rasse, auch Tibet-Mastiff oder Do Khyi (angebundener Hund) genannt, ist ein Herdenschutz- und Wachhund mit einer löwenartigen Mähne. Der Hund genießt in seinem Herkunftsland große Wertschätzung.
Marco Polo brachte erste abenteuerliche Berichte über die Tibetdogge nach Europa. So entstanden wahre Legenden über den angeblich so mächtigen Gebirgshund aus dem fernen, unbekannten Himalaja.
In Typ und Größe sind die Hunde dort allerdings sehr verschieden. Der Rassestandard ist nicht streng: Für Hündinnen sieht er eine Mindestgröße von 63, für Rüden von 66 Zentimetern vor. Nach oben hin keine Grenze.