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GEMÜNDEN: Warum im Stadtarchiv manches unter Verschluss bleibt

GEMÜNDEN

Warum im Stadtarchiv manches unter Verschluss bleibt

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    Metallgegenstände müssen aussortiert werden, sonst oxidieren sie.
    Metallgegenstände müssen aussortiert werden, sonst oxidieren sie.

    Das Prachtstück im Gemündener Stadtarchiv ist ein Büchlein von 1695: die Aschenrother Dorfordnung. „Es soll kein Nachbar eine Kuh allein führen“, steht etwa darin. Das Buch ist schön geschrieben und obendrein gut erhalten.

    „Die Größe des Ortes sagt nichts über die Qualität der Sachen, die er hat“, sagt Kreisarchivpfleger Werner Fella angesichts des Buches. Fella kümmert sich zusammen mit Norbert Schuch seit Juli 2009 ehrenamtlich um das Archiv, das im Nebengebäude des Huttenschlosses untergebracht ist und auch Akten beherbergt, die bis heute nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

    Das Archiv liegt im Winkel des Nebengebäudes. Außen weist kein Schild oder dergleichen den Weg, auch regelmäßige Öffnungszeiten gibt es noch nicht. Aber einen Besuch ist das Archiv für jeden lokalgeschichtlich Interessierten allemal wert. Wer etwas sucht, sollte bei Archiv- und Stadtbibliotheksleiter Joachim Hellmann anfragen. Zehn Stunden die Woche arbeitet er im Archiv.

    „Es gibt noch für Jahrzehnte genug Arbeit.“

    Joachim Hellmann Archiv- und Büchereileiter

    Bei Anfragen, die mit wenig Arbeit verbunden sind, schauen Hellmann, Fella oder Schuch selbst nach, was sie finden können. Bei größeren Anliegen muss der Ratsuchende einen Termin für einen Archivbesuch ausmachen. In sogenannten Findbüchern ist verzeichnet, was wo zu finden ist. Selber darf der Interessierte allerdings nicht an die verschlossenen Schränke. Längst ist nicht alles verzeichnet. „Es gibt noch für Jahrzehnte genug Arbeit“, sagt Hellmann. Im Moment ist er auch damit beschäftigt, alte Leitz-Ordner auszuräumen, Metallteile wie Klammern von den Dokumenten zu entfernen, da diese rosten können, und die Unterlagen in säurefreie Mappen und Kartons umzuräumen.

    In 52 Schränken befinden sich im Stadtarchiv rund 400 laufende Meter Archivgut. Das meiste kommt dabei allerdings nicht aus Gemünden, dessen Archivmaterial 20 Schränke umfasst, sondern aus den eingemeindeten Orten. Langenprozelten allein füllt 13 Schränke im Stadtarchiv. Allerdings lagern im Dachgeschoss des Gemündener Rathauses noch Bauakten, die irgendwann ins Stadtarchiv umziehen sollen.

    Doch dort sind die Schränke jetzt schon ziemlich voll. „Wir hätten gern ein bisschen mehr Platz“, sagen deshalb die drei Archivmitarbeiter. Eigentlich steht dem Archiv der Platz auch zu, sagt Schuch, da „das Archiv eine Pflichtaufgabe der Stadt“ ist. Eine Empfehlung des Staatsarchivs Würzburg spricht von rund 200 zusätzlich benötigten Quadratmetern.

    Auch weitere Schenkungen und Nachlässe von Bürgern, auf die die Archivmitarbeiter hoffen, brauchen Platz. Von den Schenkungen und Nachlässen kann ein Archiv aber nicht immer alles gebrauchen. „Man muss immer auswählen“, sagt Fella. „Ein Archiv ist keine Altpapiersammlung.“ Etwas, das neu dazukommt, sollte den Bestand ergänzen, sagt Hellmann.

    Im Archiv finden sich beispielsweise alte Amtsbücher, Protokollbücher der Ratssitzungen, Karten und Pläne, Fotos, Plakate, Nachlässe, die gesammelten Ausgaben des Gemündener Tagblatts von 1951 bis 1977 sowie für manche Orte Geburten-, Heirats- und Sterberegister ab den 1870ern. Was es nicht gibt, sind alte Urkunden, sagt Hellmann.

    Fella wundert sich darüber, dass überhaupt so viel überliefert ist. Schließlich sind Rathaus und Stadtarchiv bei der Zerstörung Gemündens 1945 vernichtet worden. Manches Archivstück sieht aber arg mitgenommen aus. Deshalb lassen die Mitarbeiter immer wieder Stücke restaurieren. Dieses Jahr standen dafür aus Stadtmitteln und durch Spenden rund 1500 Euro zur Verfügung.

    Das älteste Stück ist ein in Leder gebundenes Gemündener Wirtsbuch von 1619, in dem die Gasthäuser aufgeführt sind. Im Nachlass des Gemündener Ehrenbürgers und ehemaligen Zweiten Bürgermeisters Friedemann Macher findet sich beispielsweise die Zugordnung des historischen Festzugs anlässlich der allerersten Scherenburg-Festspiele im Jahr 1909. Das Stadtarchiv beherbergt auch Akten, die niemand einsehen darf. Darunter sind die Protokolle von nicht-öffentlichen Ratssitzungen aus dem vorigen Jahrhundert wie auch die Entnazifizierungsakten der Spruchkammern. Letztere werden im Regelfall erst zur Einsicht freigegeben, wenn sie Personen behandeln, deren Geburtsdatum mindestens 110 Jahre zurückliegt. Über die Freigabe muss im Einzelfall der Archivleiter entscheiden.

    Etwas provisorisch wirken die großen Pappkartons, die an den Fensterscheiben hängen. Die sollen zum einen vor unerwünschten Einblicken schützen, zum anderen vor Sonnenstrahlen. Im Sommer kann es sonst zu warm werden für den Archivbestand. Dafür wünschen sich die Archivmitarbeiter eine solidere Lösung. Und sie hoffen, dass der Gemündener Bürgermeister bald die Satzung des Archivs auf die Tagesordnung einer Stadtratssitzung setzt, und dass dieser den Satzungsentwurf dann genehmigt.

    Wer das Archiv besichtigen möchte, hat bei einer Führung der Vhs mit Joachim Hellmann und Werner Fella am Dienstag, 15. Januar, von 16.30 bis 18 Uhr dazu Gelegenheit.

    Vorbildliche Arbeit

    Vor drei Jahren musste Dr. Ingrid Heeg-Engelhart vom Staatsarchiv in Würzburg noch „schlimme Archivzustände“ beklagen. Heute ist nicht zuletzt dank der ehrenamtlichen Arbeit von Werner Fella und Norbert Schuch, die beide auch im Historischen Verein Gemünden und Umgebung Mitglied sind, alles wohl geordnet.

    Die Feuerwehrgarage am Huttenschloss beherbergte bis 2009 noch die Dokumente der Stadt, die Garage wurde im Jahr darauf abgerissen. Anfang 2010 brachten Werner Fella und Norbert Schuch, die damals als kommissarische Leiter des Archivs eingesetzt waren, mithilfe des städtischen Bauhofs die alten Schätze in ihre neuen Räume im Nebengebäude des Huttenschlosses.

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