Zwei Männer haben sich daran gewagt, „den Zorn“, der als Treffpunkt und Weinlokal viele Jahrzehnte in Lengfurt eine wichtige Rolle spielte, wieder zu einem Mittelpunkt des Ortes zu machen. Seit dem Frühsommer arbeiten die beiden für die Renovierung des 1651 gebauten Hauses zusammen: Werner Thamm, Bautechniker aus Lengfurt, der die Baugenehmigungsplanung erstellte, und Johannes Hettiger, Architekt aus dem Marktheidenfelder Architekturbüro Gruber+Hettiger, der sich neben den Zuwendungsverfahren um die Werk- und Detailplanung kümmert sowie für Ausschreibung und Vergabe zuständig ist.
Der Großvater von Werner Thamms Ehefrau Verena, Georg Zorn, war 1988 verstorben, und es fand sich damals niemand, der die Tradition des Weinhauses, das gut 80 Jahre bestand, fortführen wollte. „Ich hatte schon seit über zehn Jahren vor, eine Generalsanierung durchzuführen,“ sagt Thamm. Jetzt musste er gleich dreimal mit seiner Bauplanung von vorne anfangen. Nicht nur waren in den 60er Jahren bei einigen altersbedingten Linienführungen im Haus („eine echte Sünde“) auch die charmanten Rundlinien mit Gipskarton einfach zugedeckt worden, man entdeckte in diesem Zusammenhang auch einige Stuckdecken, die durch eigenwillig eingefügte Mauerführungen regelrecht durchquert worden waren.
Obendrein stieß man im Zuge der Sanierungsarbeiten auf einen Schacht hinter der Schildwand des großen Gewölbekellers. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um einen ehemaligen Hausbrunnen. Da der Schacht im Bereich der zukünftigen Küche endet, wurde er umgehend in die Planung mit einbezogen und findet nun Verwendung für den Speiseaufzug, über welchen der Weinkeller künftig versorgt wird.
Neben dem 25 Meter langen und über sechs Meter breiten Gewölbekeller und einem Hofbereich, der im Sommer zu einem Schoppen im Freien einlädt, gibt es noch die bestehende Brennerei, in der Werner Thamm weiterhin das zum Haus gehörende Brennrecht nutzen wird.
Große Herausforderungen ergaben sich für die Zimmerleute im Dachbereich: Sparrenfußpunkte, Deckenbalkenköpfe und –auflager, Fußpfetten und Kehlbalken wurden neu angesetzt oder komplett ausgewechselt, ein Diagonalbinder musste statisch ertüchtigt werden, und das Dach im Mansard-Stil wurde komplett neu gedeckt. In den letzten Kriegswochen 1945, bei der Sprengung der Mainbrücke vor den vorrückenden US-Truppen, wurde das Dach durch die Druckwelle in einen Schrägstand in Firstrichtung versetzt, welcher Ausladungen von bis zu 60 Zentimetern erreicht. Das ist jetzt statisch gesichert. 15 neue Gauben wurden in das zweigeschossige Mansard-Dach eingefügt, und im zweiten Stock wird eine Wohnung mit Dachterrasse entstehen.
„Es ist ein Traumobjekt,“ sagt Johannes Hettiger. Nach langem, kompliziertem Antragsverfahren stand dann auch zu Jahresbeginn die Finanzierung. Die Bausumme speist sich aus zwei Quellen. Zum einen aus dem Entschädigungsfonds des Kultusministeriums über das bayerische Landesamt für Denkmalpflege und zum anderen aus der Städtebauförderung der Regierung von Unterfranken über den Markt Triefenstein.
Die Lengfurter, vom gastronomischen Glück nun nicht gerade gesegnet, können es dem Vernehmen nach kaum erwarten, wenn hier wohl ab nächstem Sommer wieder Weinkultur und Gastlichkeit einkehren. Noch in diesem Jahr ist eine Rohbaubesichtigung für interessierte Bürger geplant.