Ein Blick in die Vergangenheit weckt im Alter die vielfältigsten Erinnerungen. Senioren können untereinander oder im Gespräch mit Kindern und Enkeln zurückliegende Zeiten und Lebensverhältnisse neu aufleben lassen. Gertraud und Ulrich Gräßel, die Hauseltern des Seniorenheimes Lehmgruben, versuchen, den Hausbewohnern mit vielen themenbezogenen „Museumsecken“ immer wieder Anstöße zur Rückbesinnung auf oft schöne Momente ihres erfahrungsreichen Lebens präsent zu halten.
Gerade Gerätschaften und Gebrauchsgegenstände aus Berufsleben, Haushalt oder Freizeit sind es, an denen viele persönliche Erinnerungen haften. An verschiedenen Orten des Hauses bietet sich den betagten Menschen die Gelegenheit, sich zu Rückblicken anstoßen zu lassen.
Manch einer lässt sich hier ganz für sich alleine in vergangene Tage zurückversetzen, während andere diese Bereiche nutzen, um bei Besuchen der Kinder oder Enkel zu zeigen, wie man das eigene Leben mit oft einfachen Mitteln bewältigen konnte. Mikrowellenherd oder Einweg-Babywindeln gab es nicht.
Besonders interessant für alle Generationen, und damit auch eine gute Gelegenheit sich im Gespräch zwischen Opa und Enkeln zu finden, ist die Schulecke, in der Theo Breitenberger, früherer Mitarbeiter der Main-Post-Lokalredaktion in Uettingen, die Schiefertafel und die Schulfibel aus seiner Schulzeit zeigen kann. Er erklärt bei unserem Besuch den Kindern aus der St.-Kilian-Schule, wie man einst mit Griffel, Schwamm und Tafellappen seine Schulaufgaben machte. Eine schon sehr museal erscheinende Schreibmaschine zeigt aber, dass man damals auch schon technische Vorteile zu nutzen wusste, um die Zeitungsberichte zu verfassen, ohne alles handschriftlich festhalten zu müssen.
In der Handarbeitsecke können sich die Kinder bei einem ihrer regelmäßigen Besuche im Seniorenheim von Heidemarie Mertens zeigen lassen, wie man Pullover oder warme Wollsocken für den Winter strickt. Während Sven sich schon einmal als Hausmann im Bügeln übt, hat Marie einen Stickrahmen entdeckt, dessen Handhabung sie sich erklären lässt, wie unsere Bilder zeigen.
Sina, Joshua und Jonas lassen sich dagegen lieber von Anita Krauß in der Koch- und Waschecke zeigen, was ein Wellholz ist und wie man damit früher den Teig für Blechkuchen mit Zwetschgen, Äpfeln oder als Käsekuchen zum Backen vorbereitete. Aber auch das alte Küchenbuffet, der Holzherd, die Waschtöpfe und Wärmflaschen, deren Gebrauch sie sich teilweise erklären lassen müssen, haben es den Kindern angetan. So kann all dass, was früher oft in der Großfamilie zuhause nahtlos weitergegeben wurde, nun auch im Haus Lehmgruben gezeigt und erklärt werden und daraus ein Miteinander zwischen Alt und Jung bewahrt werden.
Doch ist damit der Rundgang durch die Museumsecken noch lange nicht vollständig. Das Haus Lehmgruben hat auch Teile eines Jagdzimmers mit Gehörnen und Stücken aus einem Jagdbogen zwischen Zellingen und Retzbach. Ein katholischer Hausaltar mit Bildern und Heiligenfiguren lädt ebenso zum Verweilen ein wie die Präsentation einer Kleidergruppe mit dem Sonntagsstaat einer Lehmgrubener Diakonissin. Eine Kaffee-Ecke mit echten Bohnen, Kaffeemühle und Brühfiltern lässt sich nahe dem Senioren-Café ebenso finden, wie eine lauschige Tee-Ecke mit Geschirr und Spitzentischdecke oder eine Kinderspielecke mit Bauklötzchen, Puppenstube und Puppenwagen. Auch eine Handwerksecke findet der aufmerksame Besucher der Museumsinseln. Ulrich Gräßel hat viele weitere Ideen für Ecken; so ist ein Wäsche- und Aussteuerschrank genauso in der Vorbereitung wie eine Museumsecke zum Thema „Freizeit und Urlaub in vergangener Zeit“. Der Hausvater lädt nicht nur gerne alle Gäste zur Besichtigung der bisher erstellten Museumsecken ein, sondern er nimmt auch ergänzende Ideen zu anderen Themenkreisen immer dankbar entgegen.