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Wenn die Lerche flügge wird

Gemünden

Wenn die Lerche flügge wird

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    Die "Lerche" heißt eigentlich "Alouette" und ist die neueste Entwicklung aus dem Hause Vario Helicopter. Sie ist der Stolz von Uli Streich, der vergangenes Wochenende mit vielen geladenen Gästen das 30-jährige Bestehen seiner Firma feierte. Seit 15 Jahren ist das Unternehmen in Gräfendorf ansässig. Der 61-Jährige schwärmt: "Die Alouette röhrt und faucht wie ein richtiger Hubschrauber und es riecht nach Kerosin." Männerherz, was willst du mehr! Man merkt schnell: Streich ist begeistert von Hubschraubern, sie sind seine Passion.

    Wie so oft bei Passionen, hat auch seine Begeisterung für Modellflugzeuge als Hobby begonnen. Ein Foto im Hinterzimmer des Verkaufsraumes zeigt den vielleicht zwölf Jahre alten Jungen, wie er sein erstes Modellflugzeug, eine "Starlet" (Sternchen) zusammenbaut. Zum 50.  Geburtstag haben die Kollegen ihrem Chef den Konstruktionsplan des Modellfliegers geschenkt. Bei der Bundeswehr - Streich sagt "Barras" - kam er dann mit "echten" Hubschraubern in Berührung. Am Ende war der gelernte Mechaniker für die technische Ausbildung an den Helikoptern zuständig.

    Danach folgten Jahre in der Baubranche. Braucht ein Kunde neue Fenster, einen neuen Anstrich oder will er sein Dach decken lassen, verkauft Streich das Material und vermittelt die passenden Firmen. Doch die Modellflugzeuge verliert der gebürtige Esslinger nie aus dem Blick. 1974 gründet er in Karlstadt seine Firma, zieht später nach Gemünden um, wo er noch heute wohnt, und landet 1989 in Gräfendorf, in einem Gebäude oberhalb des Fischguts Seewiese. Dort steht Streich ein großes Testgelände zur Verfügung.

    Fünf Jahre nach der Gründung beginnt seine Firma mit dem Bau von Modellhubschraubern und ist heute wahrscheinlich das einzige Unternehmen in Deutschland, das die Hubschrauber nicht nur zusammenbaut, sondern alle Teile selbst entwickelt. Auch Zubehör wie Scheibenwischer, Blinklichter oder Helme für die Miniatur-Piloten werden in Gräfendorf konzipiert. "Unsere Spezialität ist es, die Hubschrauber so naturgetreu wie möglich zu bauen", erklärt er. Die Modelle sollen aussehen wie das Original.

    Im Verkaufsraum der Gräfendorfer Firma stehen Modellhelikopter auf dem Boden oder hängen von der Decke, die durch ihre Detailtreue bestechen. Ein in Tarnfarben bemalter Hubschrauber ist sogar mit Raketenwerfern ausgestattet, die natürlich reine Attrappe sind. Die Aufdrucke auf den Hubschraubern lauten "Flash", "Coast Guard", "Sunrise Airlines" oder "Sky Fox". Auch auf den Kanistern mit dem orange-rotfarbenen Treibstoff dominiert die englische Sprache: "Helicopter Power Sprit" ist darauf zu lesen.

    Seine Modellhubschrauber liefert Streich in die ganze Welt, zum Beispiel in die USA, nach Australien, China, Japan oder Russland. Läuft im Fernsehen eine Serie, in der ein Helikopter eine Rolle spielt, kann der 61-Jährige sicher sein, dass die Nachfrage nach diesem Modell steigt. Der "Renner" in dem 50 Hubschrauber-Typen umfassenden Sortiment ist nach wie vor der "Airwolf". "Das ist der Traum jedes Modellfliegers - dieser Hubschrauber geht seit 20 Jahren wie verrückt", sagt Streich. Und das, obwohl das Modell mit 5000 Euro nicht gerade billig ist.

    Doch der Unternehmer lebt von den Träumen seiner Kundschaft. "Dieses Hobby verführt", sagt er. Es verführt dazu, sich ständig neues Zubehör zu kaufen. "Da gibt es Sachen ohne Ende - schließlich macht es die Summe." Die Grundausstattung wie Fernsteuerung, Mechanik und der Rotorkopf bleiben meist gleich, das Äußere lässt sich dagegen fast beliebig verändern - daher auch das "Vario" im Firmennamen. "Unsere Geräte sind - abgesehen vom Rumpf - äußerst wandelbar."

    Wandelbar ist auch der Firmengründer selbst. Entwicklung und Konstruktion der Hubschrauber überlässt er seit einiger Zeit jüngeren Mitarbeitern. "Ich kann auch mal was abgeben, bin jetzt mehr der Manager", so der 61-Jährige. Außerdem habe er sehr gute Leute, die fanatisch bei der Sache seien. Streich beschäftigt 18 Arbeitskräfte, darunter zwei Auszubildende. Von seinen Leuten erwartet er, dass Modellbau ihr Hobby ist. "Man muss die Ambitionen dafür haben - ohne Begeisterung geht es nicht."

    Sein eigenes Hobby hat Streich in den vergangenen Jahren leicht abgewandelt. Er lässt keine Modellhubschrauber mehr fliegen, sondern sitzt selbst am Steuerknüppel eines Helikopters. Seit zwei Jahren ist er Pilot, am Firmengelände hat er einen Landeplatz errichtet. Vor dem Haus ziehen zwei ausgediente Hubschrauber die Blicke auf sich. Uli Streich ist fast genauso aufgeregt wie vorhin, als sich die "Lerche" in die Lüfte erhoben hat. "Das richtige Fliegen", sagt er und hält einen Moment träumerisch inne, "das richtige Fliegen ist noch viel schöner."

     
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