Ernster Hintergrund für ein bemerkenswertes Konzert in der Michelriether Michaelskirche: Der Kammerchor der Aschaffenburger Kantorei und das Bachcollegium Aschaffenburg unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Christoph Emanuel Seitz wiederholte dort den Gedenkabend vom Vortag in der Aschaffenburger Christuskirche.
Die Geschichte sei ein Fundament der heutigen Gesellschaft, deshalb sei Erinnerung notwendig, sagte Pfarrer Manacnuc Lichtenfeld von der evangelischen Christuskirche in Aschaffenburg. Er rief die dortigen Kriegsereignisse in Erinnerung. Die Motette Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) "Jesu meine Freude" (BWV 227), hervorragend einstudiert, eröffnete das Konzert.
Pfarrer Friedrich Tiggemann aus Eschau rezitierte Einprägsames von Marie Luise Kaschnitz, Dietrich Bonhoeffer und Hans-Dieter Hüsch zu Trauer, Verwüstung, Friedenssehnsucht und Gottsuche. Der Kantor der Dresdner Kreuzkirche Rudolf Mauersberger (1889 bis 1971) hatte am Karfreitag 1945, noch unter dem Eindruck der Vernichtung Dresdens am 13. Februar 1945, die Trauermotette "Wie liegt die Stadt so wüst" komponiert. Der stark expressive Satz nach einem Text aus den Trauerliedern des Jeremias wurde vom Chor einfühlsam vorgetragen.
Kurz vorher entstand das Lied "Von guten Mächten wunderbar geborgen", das Dietrich Bonhoeffer an der Jahreswende 1944 zu 1945 in Nazi-Haft verfasste. Kirchenmusikdirektor Christoph Emanuel Seitz stellte mit seinem Ensemble seine hierüber komponierte Kantate für Sopran (Ursula Seitz), Alt- (Petra Heinemann) und Bariton-Solo (Olaf Nowak), Chor, Oboe und Streicher vor. Im steten Wechsel der Besetzung und des Kompositionsstils wurde gerade dieses Werk zu einer nachhaltigen Mahnung zum Frieden.
Ähnlich eindringlich: Die Chormotette "Die Nacht ist vorgedrungen", ebenfalls eine Komposition von Seitz.
Mit der doppelchörigen Motette "Fürchte Dich nicht" (BWV 228) von Johann Sebastian Bach, Glockengeläut und Stille endete ein Konzertabend, der neben musikalischem Genuss und Besinnung auch manch mahnende Frage aufwarf.