Für den amtlichen Naturschutz gehört das Entbuschen von Trockenstandorte und Streuobstwiesen praktisch zum Tagesgeschäft. Doch nicht alle Grundstückseigentümer sind damit immer einverstanden. In Wiesenfeld wandten sich über 30 Eigentümer von Flächen im Naturschutzgebiet Mäusberg-Rammersberg-Ständelberg mit ihrer Unterschrift gegen jegliche Landschaftspflegemaßnahmen auf ihrem Grund.
Dabei geht es nicht ums Geld, denn das Entbuschen durch den Landschaftspflegeverband wäre für sie dank Förderprogrammen von der EU wie LIFE „Natur und biologische Vielfalt“ kostenlos. Im Karlstadter Bau-, Umwelt-, Land- und Forstwirtschaftsausschuss erklärten Landschaftsarchitekt Jürgen Faust vom Projektmanagement MainMuschelkalk und Herbert Kirsch, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands, zunächst den Sachstand des Projekts „Weinberge und Streuobst auf Muschelkalk“. Grob gesagt läuft es von August 2012 bis Oktober 2017 und hat ein Budget von 2,56 Millionen Euro, davon 1,3 Millionen EU-Mittel.
Das 4640 Hektar große Projektgebiet liegt in den Landkreisen Bad Kissingen, Main-Spessart, Würzburg sowie die Stadt Würzburg. Generell geht es um die FFH-Gebiete der Muschelkalkhänge von Main, Saale und Wern. Zu den Zielen gehört die Optimierung, Ausdehnung und Vernetzung von xerothermen Lebensräumen (für wärmeliebende Arten).
Dazu wurde die mögliche Beweidung analysiert und Handlungsschwerpunkte festgelegt, zudem kaufte der Landkreis Main-Spessart bisher knapp 23 Hektar (für 278 000 Euro) auf. Die Beweidung soll Trockenstandorte langfristig sichern, für den Raum Retzbach wurde eine neue Ziegenherde gefördert. Für ökologisch bedeutsame Weinbergsstrukturen sollen Musterweinberge angelegt werden.
Auf 15 Hektar sollten im vergangenem Winterhalbjahr im Landkreis Trockenstandorte und Streuobstwiesen entbuscht, Felsen freigestellt und lichte Waldstrukturen geschaffen werden. Mit 6,8 Hektar konnte damit nur knapp die Hälfte umgesetzt werden. Jürgen Faust sprach von Problemen bei der Umsetzung. Die wären in einem Fall leicht zu vermeiden gewesen, als Schnittgut ausgerechnet über eine Streuobstwiese am Rammersberg in Wiesenfeld transportiert wurde, deren Eigentümer vorab gebeten hatte, genau das nicht zu tun.
Gravierender ist, dass sich mehrere Eigentümer von Grundstücken im Naturschutzgebiet Mäusberg-Rammersberg-Ständelberg bei Wiesenfeld gegen jegliche Landschaftspflegemaßnahmen aussprechen. Als Vorsitzender der Wiesenfelder Jagdpächter hat Franz Wolf dazu bereits über 30 Unterschriften gesammelt und übergeben. Wie er auf Nachfrage der Main Post erklärte, läuft schon eine weitere Sammelaktion. Im wesentlichen geht es den Jagdpächtern darum, dass die Interessen der Jäger nicht berücksichtigt würden und es geht um Kritik an der Vorgehensweise der Behörden.
Ankündigung im Mitteilungsblatt
Die Information über geplante Landschaftspflegemaßnahmen wie Entbuschung besteht nämlich aus einer Ankündigung im städtischen Mitteilungsblatt plus öffentlichen Aushang in den Informationskästen der Stadt. Dabei werden neben den Gemarkungsnamen die Flurnummern aufgelistet und die Eigentümer aufgefordert, gegebenenfalls Widerspruch einzulegen.
Viele merkten dadurch gar nicht, dass sie betroffen sind, kritisiert Franz Wolf. Gerade alten Leuten sei es nicht zuzumuten, ständig ihre Flurnummern nachzuschlagen. Insgesamt sei dieses Vorgehen unakzeptabel. Er will, dass alle Betroffenen persönlich angeschrieben werden und ihr Einverständnis erklären müssen. Wenn etwa das Landratsamt Gebühren erhebe, sei das ja auch möglich,
Das bezeichnete Herbert Kirsch im Ausschuss als erheblichen Aufwand. Bei den typisch fränkischen Strukturen mit „Handtuchgrundstücken“ kämen für eine Pflegemaßnahmen schnell 500 betroffene Eigentümer zusammen. Jürgen Faust fügte hinzu, inzwischen würden die öffentlichen Ausschreibungen durch Skizzen zur Lage des Gebiets ergänzt, manche wüssten aber nicht einmal, wo ihr Grundstück liegt.
Die Wiesenfelder Jagdpächter kritisieren aber auch das Entbuschen an sich: Durch die Pflege sind bereits Einstände für Wildschweine verschwunden, erklärt Franz Wolf. Das werde stillschweigend immer weiter vorangetrieben, ohne vorab mit den Jägern zu sprechen. Dabei seien sie es, die Jagdpacht bezahlten und die Wege in Schuss hielten, nicht das Landratsamt. Bei einem Ortstermin im letzten Winter sei ihm zudem von Vertretern der Naturschutzbehörde erklärt worden, die Zeit reiche nicht, um die generellen Auswirkung einer Pflegemaßnahme zu bewerten. Anders ausgedrückt: Was für wärmeliebende Arten gut ist, benachteiligt viele andere Arten. Das Argument von Jürgen Faust, durch das Entbuschen entstünden Äsungsflächen für Rehe, lässt Wolf nicht gelten.
Ohne einen Beschluss zu fassen war sich der Ausschuss einig, dass der Bürgermeister einen runden Tisch einberufen soll. Falls dabei kein Kompromiss zustande kommt, wäre es denkbar, nur öffentliche Flächen zu entbuschen. Ob das (rechtlich) für den Erhalt des Naturschutzgebietes genügt, ist derzeit unklar.