Mit Ablauf dieses Jahres endet bei der Firma HeidelbergCement AG eine Ära: Wilhelm Schwerdhöfer, 43 Jahre Mitarbeiter im Werk Lengfurt und 37 Jahre Betriebsratsvorsitzender sowie 13 Jahre Vorsitzender des europäischen Betriebsrats, geht in den Ruhestand. Bei der Betriebsversammlung im Saalbau Lengfurt wurde Schwerdhöfer feierlich verabschiedet.
Werksleiter Michael Cypra würdigte die Tätigkeit des 57-jährigen Schwerdhöfer und sagte: „Nach 43 Jahren, die Sie im Zeichen des Löwen gearbeitet und gekämpft haben, werden Sie eine Lücke hinterlassen, die erst mal geschlossen werden muss.“ Als Betriebsratsvorsitzender sei Schwerdhöfer „hart in der Sache, aber fair und verlässlich“ gewesen. Die Liste von Schwerdhöfers Tätigkeiten sei lang, sagte Cypra. „Zuerst kam das Zementwerk, dann die Familie – und ich hoffe, dass die Umstellung jetzt nicht zu hart für Sie wird.“
Christian Schäfer, Zweiter Vorsitzender des Betriebsrats, sagte: „Du hast Dein Leben dem Zementwerk gewidmet.“ Er erinnerte an etwas, das viele noch gar nicht wussten: Mit großem Engagement hat Schwerdhöfer 1984 die jährliche Organisation der Kinderweihnachtsfeier übernommen. Geduldig übte er die Theateraufführungen mit den Kleinen ein. Er schaffte es, junge Talente zum Mitmachen zu ermutigen und Kinder von Nicht-Betriebsangehörigen einzugliedern.
Paul Schmid, Gewerkschaftssekretär der IG BAU, erinnerte sich an die ersten Begegnungen, die er als „junger Spund“ bei der Gewerkschaft mit dem „Haudegen“ Schwerdhöfer hatte. „Er war in der Tarifkommission stur wie ein Panzer und hat gekämpft wie ein Löwe, um Dinge zu erreichen und erreichte Positionen zu behaupten.“ Schmid lobte die Rolle, die Schwerdhöfer bei der Gründung der Unterstützungskasse der Steine&Erden-Industrie Bayerns gespielt habe. Damals sei er gescholten worden, jetzt sei man ihm dankbar. Schmid dankte Schwerdhöfer für seinen „aufrechten Gang, die immer kritischen Bemerkungen und seine Haltung“.
Als leidenschaftlicher Zitherspieler hatte Schwerdhöfer Konzerte unter dem Namen „Infra-Kultur“ organisiert, die allesamt gut besucht waren. Seine Abschiedsrede kleidete er in Zither-Stücke (darunter „Imagine“ und „We shall overcome“). Schwerdhöfer gab zu, nie bequem gewesen zu sein und mahnte an, dass man bei Versprechungen und Reden immer genau hinhören solle. Nirgends werde so viel gelogen „wie vor Gericht, vor Wahlen und nach einer Jagd“. An seine Kollegen appellierte er, sie sollten das Gemeinwohl im Auge behalten: „Geben Sie denen Ihre Stimme, die gezeigt haben, wofür sie stehen.“ Wähle man die, die sich ehrlich an die „oft beißende Wahrheit“ halten, dann ziehe der „Heidelberger Geist“ wieder ein in die „heiligen Hallen“.
Schwerdhöfer sagte, er gehe mit zwei lachenden Augen, weil eine Riesenbelastung von ihm abfalle – und den zweiten Grund verschwieg er. Er habe aber auch zwei weinende Augen, eines wegen der Intrigen, die man „von bestimmter Seite“ in der Vergangenheit gegen ihn gesponnen habe, und das zweite, weil er ausgerechnet „jetzt, wo wir wieder einen Chef haben, der gut ist fürs Unternehmen und für seine Leut‘“, gehen müsse.
„Yesterday“, von Schwerdhöfer mit der Zither zum Schluss gespielt, klang noch ein bisschen schwermütiger, als Paul McCartney es sich 1965 ausgedacht haben mag.
Wilhelm Schwerdhöfer
Sein Berufsleben im Zementwerk Lengfurt begann er 1968 mit der Ausbildung zum Betriebsschlosser. Danach arbeitete Wilhelm Schwerdhöfer in der Kraftfahrzeugwerkstatt und im Steinbruch. Unterbrochen wurde seine Tätigkeit nur durch den Wehrdienst 1974/1975 in Koblenz. Schon im Alter von 27 Jahren wurde Schwerdhöfer 1981 in den Betriebsrat gewählt und drei Jahre später Vorsitzender, der er bis heute blieb. Von 1989 bis 2004 gehörte er dem Aufsichtsrat der HeidelbergCement AG an. 1996 wurde Schwerdhöfer in den europäischen Betriebsrat gewählt, dessen Vorsitzender er zwei Jahre später wurde. Seit 1985 ist er außerdem im erweiterten Bezirksvorstand der IG BAU Mainfranken, seit 1988 Mitglied der großen Tarifkommission der IG BAU in Bayern, seit 2001 stellvertretender Vorsitzender der IG BAU, Bezirk Mainfranken. Zudem ist er als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht tätig. Der Tiefenthaler ist verheiratet und hat drei Kinder. In den 1990er Jahren überstand er eine schwere Krankheit.

