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Wernfeld: Zurück vom Appalachian-Trail: "Mein Leben ist entschleunigt"

Wernfeld

Zurück vom Appalachian-Trail: "Mein Leben ist entschleunigt"

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    Peter Lengler ist zurück in der Heimat.
    Peter Lengler ist zurück in der Heimat. Foto: Markus Rill

    Der 57-jährige Peter Lengler ist in Wernfeld aufgewachsen, sein Vater war dort jahrelang Küster. Von 8. März bis 17. August dieses Jahres hat Lengler über 3500 Kilometer auf dem Appalachian Trail, der durch 14 US-Bundesstaaten führt, zu Fuß bewältigt. Unterwegs hatte er rund 20 Kilogramm Gepäck dabei und übernachtete überwiegend im Zelt oder unter freiem Himmel. Bereits im Juli berichtete er von einigen Erlebnissen während seiner Reise. Zurück in Deutschland erzählt er nun, wie ihn dieses Abenteuer bewegt und verändert hat. 

    Frage: Herr Lengler, als wir Ende Juli miteinander sprachen, hatten Sie noch 600 Kilometer vor sich. Wie ist es Ihnen auf diesem letzten Abschnitt ergangen?

    Peter Lengler: Beeindruckend waren die letzten 160 Kilometer des Trails, die sogenannte 100-Mile-Wilderness. Das ist nochmal ein besonders herausfordernder Abschnitt in der wilden Natur, fast ohne Handy-Empfang. Dort ist mir eine völlig aufgelöste 21-jährige Frau begegnet, die ihre Familie auf dem Trail treffen wollte und verpasst hatte. Ich bin dann ein paar Tage mit ihr gegangen und wo immer wir Handynetz hatten, haben wir versucht, Kontakt zu ihren Leuten aufzunehmen. Nach zwei Tagen kam Emma wieder mit ihrer Familie zusammen.    

    Am Ende des Trails wartet ein schwieriger Berg.

    Lengler: Mount Katahdin. Puh, das war ein wirklich tougher Aufstieg, bei dem man richtig klettern musste. Manche köpfen oben eine Sektflasche, ich hatte eine Dose "Gipfelbier" dabei. Das habe ich an dem Schild, das den Gipfel markiert, getrunken. Nach dem stundenlangen Aufstieg war es mir zu gefährlich, den selben Weg herunterzuklettern. Ich bin einen anderen Weg bergab gegangen. Dabei traf ich nochmal auf Emmas Familie ...

    ... sicher ein schönes Erlebnis.

    Lengler: Ja. Sie bedankten sich noch einmal und luden mich ein, mit ihnen zu essen. Dann sagten sie, sie hätten jetzt gern noch einen Kaffee. Den habe ich dann mit meiner "French Press", von der ich meinen Trail-Spitznamen hatte, zubereitet. Und dann habe ich Emma diese Pressstempelkanne geschenkt. Auch mir wurden unterwegs nützliche Dinge geschenkt, beispielsweise Laufstöcke. Das gehört zur besonderen Verbundenheit der Hiker, die sich auf dem Trail begegnen. "The trail provides", sagen die Hiker, sinngemäß etwa: Der Trail versorgt dich.

    Peter Lengler aus Wernfeld auf dem Appalachian Trail. 
    Peter Lengler aus Wernfeld auf dem Appalachian Trail.  Foto: Archiv Lengler

    Wie war die Rückkehr in die Zivilisation? 

    Lengler: Nach 162 Tagen auf dem Trail ist sie mir nicht leicht gefallen.

    Inwiefern?

    Lengler: Ich musste mir für den Heimflug eine neue Jeans kaufen, weil ich so viel abgenommen hatte. Da saß ich eine Stunde lang vor der Shopping Mall im Mietwagen, bevor ich mich aufgerafft habe, reinzugehen.

    Und wie geht's Ihnen jetzt?

    Lengler: Ich bin in Frankfurt an einem Freitagmorgen gelandet, hab an diesem Nachmittag meinen neuen Firmenwagen abgeholt und musste am Montag wieder bei SAP arbeiten. Aber im Home Office. Ich finde mich wieder rein. Natürlich bin ich sehr glücklich darüber, wieder ein Bett zu haben. Einen Herd, auf dem ich kochen kann. Und deutsches Brot und Brötchen, das habe ich sehr vermisst.

    Haben Ihre Erlebnisse Sie verändert?

    Lengler: Meine Partnerin kennt mich nur als Workaholic, das bin ich nicht mehr. Ich habe viel von der auf dem Trail erlebten Ruhe mitgenommen. Hektik und Stress brauche ich definitiv nicht. Mein Wertegefühl hat sich nicht verändert, eher verstärkt: Es geht nicht um materielle Dinge. Es geht um Zwischenmenschliches, um Freundschaft, Verlässlichkeit. Mein Leben ist jetzt "entschleunigt".

    Das klingt, als vermissen Sie den Trail.

    Lengler: Ich vermisse es, die Natur so intensiv zu erleben. Aber ich habe schon Pläne. Im nächsten Jahr möchte ich den Olavsweg in Norwegen gehen, rund 600 Kilometer. Und den rund 3000 Kilometer langen "Te Araroa" in Neuseeland möchte ich bewältigen. Aber das teile ich auf zwei Touren auf,  denn nach rund 100 Tagen allein unterwegs erlebt man psychisch ein Tief, das geht fast jedem so. Und ich möchte nochmal die Alpen überqueren; dafür brauche ich nur zehn, zwölf Tage.

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