Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Gemünden
Icon Pfeil nach unten

GEMÜNDEN: Zwei Koffer an zwei Orten erinnern an die jüdische Gemeinde

GEMÜNDEN

Zwei Koffer an zwei Orten erinnern an die jüdische Gemeinde

    • |
    • |
    Mit dem geplanten Koffer-Denkmal für die deportierten und umgebrachten jüdischen Mitbürger soll auch die Inschrift der Gedenktafel für die Gemündener Synagoge zwischen Mühltorstraße und Plattnersgasse wahrhaftiger beschriftet werden, ist man sich im Stadtrat Gemünden einig.
    Mit dem geplanten Koffer-Denkmal für die deportierten und umgebrachten jüdischen Mitbürger soll auch die Inschrift der Gedenktafel für die Gemündener Synagoge zwischen Mühltorstraße und Plattnersgasse wahrhaftiger beschriftet werden, ist man sich im Stadtrat Gemünden einig. Foto: Foto: Michael Fillies

    In großer Einmut hat der Stadtrat beschlossen, dass sich die Stadt Gemünden an der neuen zentralen unterfränkischen Gedenkstätte für die jüdischen Opfer der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten in Würzburg beteiligen wird. 1400 Euro werden für das zu bestellende Werk eines hiesigen Künstlers bereitgestellt.

    Es handelt sich um das Projekt „DenkOrt Aumühle“, an dem die Israelitische Gemeinde Würzburg, die Stadt Würzburg, der Bezirk Unterfranken, die Regierung von Unterfranken und weitere beteiligt sind. Nach den Informationen der Stadtverwaltung wurden vom damaligen Güterbahnhof Aumühle in Würzburg aus 1941 bis 1942 die meisten (1795) der 2068 unterfränkischen deportierten Juden abtransportiert; von ihnen überlebten nur 60. Über einen längeren Zeitraum soll an der Aumühle ein Gedenkort wachsen.

    Erinnerung an die Deportation

    Die Grundidee des damit befassten Architekten und Künstlers Matthias Braun ist es, je damaliger jüdischer Gemeinde zwei symbolische, identische, witterungsbeständige Gepäckstücke anfertigen zu lassen, von denen das eine im Heimatort der Deportierten und das andere an der Aumühle aufgestellt wird. Nähere Informationen zur jeweiligen ausgelöschten jüdischen Gemeinde werden auf Hinweistafeln neben den Gepäckstücken gegeben.

    Nach Information der Stadtverwaltung gab es bis 1932 auf dem Gebiet des heutigen Unterfranken 109 jüdische Gemeinden, darunter eine in Gemünden und eine in Adelsberg sowie in 13 weiteren Orten des heutigen Landkreises Main-Spessart. Unter anderem Arnstein, Marktheidenfeld und Kreuzwertheim werden sich beteiligen. Wie Jürgen Lippert am Montagabend in der Stadtratssitzung ausführte, habe er Kontakt zu einem Gemündener Künstler aufgenommen, der für 1200 Euro zwei identische Koffer aus Beton anfertigen könnte. Möglich nach den Vorgaben aus Würzburg seien auch Gepäckrollen oder Rucksäcke, so wie es auf Fotografien von den unglücklichen Menschen damals zu sehen ist. Interessiert an einer Mitarbeit an dem Projekt ist laut Lippert auch der Klub Rassismus ablehnender Schüler (Krass) des Friedrich-List-Gymnasiums.

    Reicht ein zentraler Gedenkort?

    Gegen das Vorhaben sprach kein Stadtrat, im Gegenteil: Hubert Fröhlich setzte sich dafür ein, auch Adelsberg in das Gedenken einzubeziehen und dort ebenfalls einen Koffer und dessen Gegenstück an der Aumühle aufzustellen. Matthias Risser pflichtete ihm bei, doch unterlagen die beiden beim anschließend zur Abstimmung gestellten Antrag. Kilian Blum (Adelsberg) hatte eingewandt, in Adelsberg fehle der Publikumsverkehr, ein Gedenkort zentral in Gemünden sei ausreichend. Nach der Abstimmung allerdings meldete sich nochmals Bernd Rützel zu Wort: „Das war alles sehr schnell. Ich würde sagen, dass wir Adelsberg nicht generell ausschließen. Vielleicht sollte man das mit dem Vereinsring bereden.“ Dem stimmte Bürgermeister Lippert zu.

    Auf die Frage, wo er sich den Standort des Gemündener Koffers vorstelle, antwortete Lippert, er denke an die Plattnersgasse (neben dem Marktplatz), zentral gelegen und neben dem Standort der einstigen Synagoge. In dem Zusammenhang schlug Ferdinand Heilgenthal vor, den Text der dortigen Gedenktafel abzuändern. Er lautet – nicht falsch, aber auch nicht wahrhaftig: „Bis zur Kriegszerstörung im Jahre 1945 stand hier die Synagoge der jüdischen Kultusgemeinde Gemünden a. Main.“ Der Text unterschlägt, dass eine SA-Horde bereits in der sogenannten Reichspogromnacht am 9. November 1938 das Gebetshaus ungestraft geschändet und zerstört hatte, ehe das Gebäude 1945 durch US-amerikanische Bomben endgültig eingelegt wurde.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden