„Diese Klinik ist ein Segen für die Region.“ Beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen der Neurologischen Klinik am Mittwochnachmittag betonten Landrat Thomas Habermann und Bürgermeister Bruno Altrichter die Bedeutung der Klinik für die medizinische Versorgung der Rhöner und natürlich als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber.
Wolfgang Pföhler, Vorstandsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG, verwies stolz darauf, dass sich aus bescheidenen Anfängen eines der großen Zentren für integrierte neurologische Akut- und Rehabilitationsmedizin in Deutschland entwickelt hat.
Die Klinik hat 284 Betten. 500 Mitarbeiter behandeln und betreuen Patienten mit allen Schweregraden neurologischer Erkrankungen. Haupteinzugsgebiet ist der gesamte nordbayerische Raum, Schwerpunkte liegen in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen. 2010 wurden über 5400 Patienten behandelt.
Das Spektrum reicht über vier Behandlungsphasen von der Akutneurologie und der frührehabilitativen Behandlung Schwerst-Schädel-Hirn-Verletzter über die weiterführende Rehabilitation und die Anschlussheilbehandlung bis hin zur ambulanten medizinischen Rehabilitation.
„Bei der Entwicklung dieses integrierten Angebots ist die Neurologische Klinik Trendsetter“, sagt der ärztliche Direktor Professor Bernd Griewing. „Durch dieses Konzept kann jeder Patient dort versorgt werden, wo es sein Zustand erfordert. Die organisatorischen und räumlichen Strukturen erlauben einen fließenden Übergang zwischen den einzelnen Behandlungsphasen ohne Zeit- und Informationsverlust.“
Die stete Weiterentwicklung der Klinik ist besonders mit Bernd Griewings Namen verbunden. Unter seiner Leitung wurde 1998 die Stroke Unit mit damals vier – heute acht – Betten eröffnet. In diesem Zuge wurde eine neurologische Akutabteilung für die Behandlung von Schlaganfall, Parkinson, Demenz, Multipler Sklerose und Epilepsie ins bisherige Behandlungskonzept eingegliedert.
Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, wurde 2001 ein zusätzlicher Gebäudeteil angebaut, in dem Notaufnahme und Diagnostik ebenso wie die Bereiche für Intermediate Care und Intensivmedizin untergebracht sind. Der Anbau erfolgte unter Federführung von Geschäftsführer Jörg Rieger.
Der Schwerpunkt der therapeutischen Maßnahmen im Rehasektor liegt darin, den Rückgewinn gestörter Funktionen nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Verletzungen zu fördern. Hierzu hält die Klinik Abteilungen für Physiotherapie, Ergotherapie und Schlucktherapie, Neuropsychologie, Logopädie, Physikalische Therapie, Ernährungs- und Diätberatung sowie einen Sozialdienst vor. Alle Rehamaßnahmen sind auf die Förderung der Selbsthilfe und Mobilität ausgerichtet. Die Patienten erlernen Funktionen neu, um ausgefallene Funktionen kompensieren zu können. „Oberstes Ziel ist die möglichst weitgehende Wiedereingliederung in das familiäre und gesellschaftliche Leben und in das Berufsleben“ sagt Chefarzt Dr. Alfred Baumgarten.
Als einschneidendes Ereignis ging in die Geschichte der Klinik am 16. April 2010 der Brand im Westflügel ein, der acht Monate später wiedereröffnet wurde. „Die Situation nach dem Brand haben wir genutzt, um Strukturen und Prozesse völlig neu zu gestalten“, erklärt Geschäftsführer Burkhard Bingel. „Die betroffene Frühreha-Station zum Beispiel wurde mit modernster Technik ausgerüstet, um die Behandlung der Schwerst-Schädel-Hirn-Verletzten zu verbessern.
Im April dieses Jahres wurde eine Epilepsiestation eingerichtet.“ Ziel ist es, den Patienten nach einem ersten epileptischen Anfall eine optimale Diagnostik beziehungsweise im Falle einer chronischen Erkrankung oder nach einem Epilepsie-chirurgischen Eingriff eine individuelle Rehabilitation zu bieten.
Neben der Diagnostik und Behandlung von Epilepsie liegen weitere Schwerpunkte auf den Bereichen Parkinson, Rückenschmerz und Demenz.
Unter Federführung der Neurologischen Klinik wurde das Stroke Angel Konzept entwickelt, das deutschlandweit auf inzwischen vier weitere Regionen ausgedehnt wurde. Beim Stroke Angel handelt es sich um ein telemedizinisches Konzept im Rahmen der Schlaganfallversorgung, das die Schnittstelle von Rettungsdienst und Krankenhaus wesentlich verbessert und die Zeit bis zur Behandlung in der Klinik deutlich verkürzt.
Die Mitarbeit der lokalen Rettungsdienste an diesen innovativen Konzepten hob Professor Griewing besonders hervor. In der Region verankert zu sein, den Kontakt zu den Akteuren im Gesundheitswesen zu pflegen, sei ihm ein großes Anliegen. Die Informationsstände der zahlreichen Selbsthilfegruppen im Foyer des zeigten, dass auch diese Zusammenarbeit zwischen Klinik und Umfeld gut funktioniert.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Ohne gute Mitarbeiter keine gute Pflege. „Wir sind ein gleichwertiges Zahnrad“, beschreibt Pflegedienstleiterin Elisabeth Hertel, seit 20 Jahren im Team, den Status ihrer Mitarbeiter. Die Pflege habe neben dem medizinischen Bereich eine enorme Weiterentwicklung erfahren. „Pflege heute steht auf einem wissenschaftlichen Fundament“, sagt Hertel. „Wir arbeiten auf der Basis von nationalen Expertenstandards und setzen für bestimmte Krankheitsbilder speziell ausgebildete Fachpflegekräfte ein. So werden Patienten der verschiedenen neurologischen Krankheitsbilder von spezialisierten Pflegekräften versorgt, etwa die Multiple-Sklerose-Patienten von einer MS-Nurse. Pflege versteht sich als eine selbstbewusste Berufsgruppe, die inzwischen an Projekten mit nationaler Bedeutung mitwirkt.“ Pflegekräfte aus der Neurologischen Klinik arbeiten beispielsweise gemeinsam mit Wissenschaftlern vom Forschungszentrum Informatik Karlsruhe (FZI) an Möglichkeiten zur Verbesserung der Patientensicherheit. Aktuell kommen im Rahmen einer Studie Sensor-Matten zur Sturzprävention zum Einsatz.