Es war am Mittwoch um 14.27 Uhr, als sich für Landrat Thomas Habermann das Geheimnis lüftete, welche Auswirkungen die von Minister Markus Söder lange angekündigte Behördenverlagerung in den ländlichen Raum für Rhön-Grabfeld hat. Und als er das Ergebnis vor sich hatte, zeigte er sich sehr zufrieden.
Insgesamt 70 Stellen werden in den nächsten Jahren nach Rhön-Grabfeld verlagert – den ersten Erkenntnissen alle nach Bad Neustadt. Der größte Teil davon, nämlich 50 Arbeitsstellen, fallen beim Finanzamt an, 15 Beschäftigte soll das „Bayern-Cert“, eine am Finanzministerium angegliederte Stabsstelle für IT-Sicherheit bei Landes- und Kommunalbehörden, erhalten. Fünf weitere Beschäftige werden am regionalen IT-Zentrum „BayernLab“ tätig.
Auch wenn der Landrat im Vorfeld einige Hinweise hatte, dass Stellen nach Rhön-Grabfeld verlagert werden, war er hocherfreut über deren Zahl und vor allem auch Qualität. Welche neuen Aufgaben mit dem Ausbau des Finanzamtes verbunden sind, lasse sich derzeit noch nicht sagen. Besonders aber die Bereiche Internet und Computersicherheit, in denen die anderen Stellen angesiedelt sind, seien sehr zukunftsträchtig, passten zum Technologie-Standort Rhön–Grabfeld und sorgten für wichtige Impulse. Gerade beim stetig an Bedeutung gewinnendem Thema Computersicherheit kann sich der Landrat in der Zukunft personelles Wachstum vorstellen.
Wichtig für Habermann ist aber nicht nur Blick auf Rhön-Grabfeld, sondern auch auf die Region mit den Nachbarlandkreisen Haßberge und Bad Kissingen, in die jeweils 100 Arbeitsplätze verlagert werden. Dank gemeinsamer Anstrengungen sei die Region mit 270 neuen Stellen sehr gut bedacht worden. Dass 100 Beschäftigte künftig in Bad Kissingen im Bereich Gesundheitsmanagement tätig sein sollen, passe in die Region und stärke auch Rhön-Grabfeld.
Wie Habermann verweisen auch die Landtagsabgeordneten Steffen Vogel (Theres) und Sandro Kirchner (Premich) bei der Frage, warum in den Nachbarkreisen je 100 Stellen in Rhön-Grabfeld aber nur 70 geschaffen werden, darauf, dass erst kürzlich in Mellrichstadt die Zentrale Gebührenabrechnungsstelle für Asylbewerber und Aussiedler (GaSt) mit 20 Mitarbeitern eröffnet sowie der Bestand des Beschussamtes gesichert wurde, das nun für mehr als 16 Millionen Euro neu gebaut wird.
Einen Wermutstropfen sehen Habermann und die Landtagsabgeordneten allerdings doch. So hätten sie wie auch die Verantwortlichen im Landkreis Haßberge gerne Bad Königshofen berücksichtigt gesehen. Aber hier sieht Habermann das Ende der Entwicklung noch nicht erreicht. Jetzt sei bekannt, welche Verlagerungen in welche Landkreise geplant sind. Nun könne man in die Verhandlungen einsteigen, wo die einzelnen Standorte sein sollten.
Der geplante Standort für das Bayern-Cert soll wohl das Vermessungsamt sein, dessen Leiter Konrad Unsleber dort durchaus die dafür nötigen räumlichen Kapazitäten sieht. Das BayernLab, das ebenfalls am Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung angesiedelt werden soll, sähe der Landrat allerdings lieber „wirtschaftsnah“ an der Berufsschule, an der auch das Technologie-Transfer-Zentrum seinen Standort hat. Ob alle 50 Beschäftigten im Finanzamt ad Neustadt einen Arbeitsplatz finden, ist nicht klar. Vielleicht böte sich hier eine Perspektive für Bad Königshofen.
Bad Neustadts Bürgermeister Bruno Altrichter, der sich ebenfalls sehr zufrieden mit den Entscheidungen von Minister Söder zeigt, modernste Arbeitsplätze nach Bad Neustadt zu verlagern und damit auch Rückkehrern eine berufliche Perspektive zu bieten, hat zwar Verständnis für die Interessen von Bad Königshofen, verweist aber darauf, dass in Bad Neustadt durchaus Räumlichkeiten vorhanden wären, um 50 Finanzbeamte unterzubringen.
Wichtig ist allen aber, dass mit der Behördenverlagerung das Engagement für die Entwicklung der Region nicht beendet sein kann. So wollen sich Steffen Vogel und Sandro Kirchner sich weiter dafür einsetzen, dass das Standbein Elektromobilität in Bad Neustadt weiter ausgebaut wird.
Lab und Cert
Fünf der 70 neuen Stellen durch Söders Ämterverlagerung sind für den Aufbau eines der insgesamt acht so genannten BayernLabs vorbehalten. Die Nachricht davon wurde bereits Ende November 2014 verbreitet. Das Lab, ein modernes, regionales IT-Zentrum, soll vor Ort Wirtschaft, Hochschulen und Schulen vernetzen und als Innovationszelle unterstützen. Das Lab soll mit einem mindestens 150 Mbit/s-Anschluss ausgestattet sein. Firmen sollen hier beispielsweise eine Plattform finden, um digitale Trends und Produkte vorzustellen, Schulklassen können lernen, wie man am sichersten in der digitalen Welt navigiert.
Das Computer Emergency Response Team (Cert) soll 15 Stellen umfassen. Es kümmert sich – vereinfacht ausgedrückt – um Computersicherheit. Die IT-Sicherheitsspezialisten geben Warnungen vor Sicherheitslücken heraus, starten regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen und bieten Lösungsansätze an. Das Angebot richtet sich vor allem an Teilnehmer, die an das bayerische Behördennetz angeschlossen sind.