Malve Gräfin Rothkirch feierte an diesem Sonntag im Kreise ihrer Familie und Freunde ihr 95. Wiegenfest. Im Rahmen seiner Ansprache nannte Sohn Leonhard die Jubilarin „eine besondere Persönlichkeit“. Und jeder, der zum Gratulieren ins Schloss nach Neustädtles gekommen war, mochte dem zustimmen. Strahlend saß Malve Gräfin Rothkirch auf dem Sofa, um voller Rührung die zahlreichen Glückwünsche entgegenzunehmen, wobei sie nicht müde wurde, sich immer wieder herzlich zu bedanken.
Geboren wurde Malve Gräfin Rothkirch, geborene Freiin von Medem, am 26. Februar 1922 in Potsdam. Hier wuchs sie auf, studierte später Kunstgeschichte und Philosophie in Berlin. Kurz vor Weihnachten 1944 heiratete die junge Frau Karl Christoph Graf Rothkirch. Die letzten Kriegstage verbrachte das Paar auf Burg Falkenstein im Harz, welche sich im Besitz der Großeltern des Grafen befand.
Wie viele Menschen ihrer Generation musste die Familie flüchten und alles Hab und Gut zurücklassen. Glücklicherweise kam man im Westen bei Verwandten unter, ist die Gräfin noch heute dankbar. Fünf Kinder machten die Familie komplett: die Söhne Leonhard, Thilo und Dorotheus sowie die Töchter Amélie und Adelheid.
Die heute 95-Jährige musste bereits einige Schicksalsschläge verkraften. Früh verlor sie ihren Ehemann, der nur 58 Jahre alt wurde. Auch Sohn Thilo erlag einem Krebsleiden. Gehadert habe die zierliche Frau jedoch nie, stets sei sie für ihre Lieben dagewesen, wie ihre Tochter verrät. Heute umsorgen die Kinder die rüstige Seniorin. Die meiste Zeit verbringt sie bei Tochter Adelheid und Schwiegersohn Graf Alfred von Soden in Neustädtles. Gelegentlich weilt sie auch in Bonn bei der drittgeborenen Amélie.
Die große Leidenschaft der Jubilarin galt zeitlebens der Kunst. Gerne zeichnete sie, leider lassen dies heute ihre schlechten Augen nicht mehr zu, wie sie bedauert. Auch als Autorin verschiedener Bücher machte sich die Gräfin einen Namen. Zudem lag ihr das Gemeinwohl sehr am Herzen, weshalb eine Familienstiftung gegründet wurde.
Vermutlich ist es ihrer positiven Einstellung, der nie versiegenden Neugierde und dem unerschütterlichen Glauben zu verdanken, dass die Gräfin selbst im hohen Alter noch nahezu jugendlich wirkt. Auf Wunsch einer Gratulantin rezitierte sie aus dem Stegreif Eduard Mörikes Gedicht „Er ist's“ über den Frühling. Wie Sohn Leonhard sagt, habe sich seine Mutter die Dankbarkeit für das Leben zum Grundsatz gemacht. Nur so sei es ihr möglich gewesen, stets achtsam ihrer Wege durch diese schwierige Welt zu gehen.
Fröhlich erhob die traute Festgesellschaft am Sonntag ihr Glas, stimmte ein Ständchen an und ließ die Hauptperson des Tages hochleben. Gerne war zu diesem Anlass auch Bürgermeister Thomas Fischer gekommen, um im Namen der Gemeinde Nordheim zu gratulieren. Diese Aufgabe sei ihm ein ganz besonderes Vergnügen, sagte Fischer – immerhin ist die Gräfin eine von 137 Einwohnern des Dorfes Neustädtles. Und natürlich hofft das Ortsoberhaupt darauf, der Jubilarin auch zum 100. Wiegenfest ein Präsent überreichen zu können.