(new) „Sie sind nicht so biblisch“, wissen die Patienten der Rhön-Saale-Klinik die Qualitäten von Pater Helmut Esser zu schätzen. Der beliebte Krankenhausseelsorger hat die Nähe zum praktischen Leben behalten und macht es seinem Gegenüber leicht, sich zu öffnen und Herzensnöte oder auch Todesangst auszusprechen. Viele Menschen, die er in Tagen der Krankheit begleitet hat, dachten an ihn, als er gestern seinen 75. Geburtstag feierte. Recht abenteuerlich erscheint sein Lebensweg verlaufen zu sein, denn es sind nicht wenige Stationen, die ihn zwischen Westerwald und Rhön hin- und hertrieben und von manchem Abstecher zeugen. Aber Pater Esser spürt den roten Faden: „Jesus hat mich geführt“.
Geboren wurde Helmut Esser in Betzdorf im Westerwald. Seine berufliche Laufbahn begann er als Schlosser. Im Alter von 23 Jahren entschloss er sich, bei den Missionaren der Heiligen Familie in Lebenhan sein Abitur zu machen und erlebte dabei einen Klassenverband, in dem 12-, aber auch 35-Jährige saßen.
Nach einem Jahr Noviziat im Kloster der Heiligen Familie in Mühlbach kam es am Tag vor den Gelübden zu einem Einschnitt: Er wurde nicht zugelassen. Der Grund: Seine Latein- Kenntnisse wurden als nicht ausreichend angesehen, um dem Dekret von Papst Johannes XXIII. gerecht zu werden und der Theologie in der lateinischen Sprache zu begegnen.
Für den 30-Jährigen bedeutete diese Entscheidung den Richtungswechsel in die Auszeit. Er arbeitete ein Jahr als Hausmeister in Werne in Westfalen. Als in ihm der Wunsch erwachte, Krankenpfleger zu werden, begann er eine Ausbildung in Montabaur, eine Tätigkeit in Köln schloss sich an.
Weil die Sehnsucht nach dem Priestertum weiter in ihm lebte, nahm er im Alter von 36 Jahren wieder Kontakt mit der Heiligen Familie auf. Er bekam die Chance, in Ravengiersburg Philosophie und in Mainz Theologie zu studieren. Am 29. Juni 1974 wurde er in Mainz zum Priester geweiht.
5000 Katholiken sah sich Pater Esser dann zweieinhalb Jahre lang als Kaplan in Neuss gegenüber, das waren ihm zu viele für eine eigene Pfarrei. Da zog er lieber Winden in der Eifel vor. Als in seinem Geburtsort Betzdorf das Kloster in ein Altenheim umgebaut wurde, übernahm er ab 1988 die Leitung der Pflegestation. Doch nach sechs Jahren wurden die Weichen für ihn wieder neu gestellt. Er ließ sich in Saarlouis zum Krankenhausseelsorger ausbilden und kam nach Bad Neustadt ans Rhön-Klinikum. Doch bei der Menge an Patienten und der ausschließlichen Konfrontation mit der Intensivstation zog er bald die familiäre und überschaubare Atmosphäre des Kreiskrankenhauses vor und fühlt sich hier seit dem 1. Oktober 1994 zu Hause, weil er zu allen gute Kontakte hat. Darüber hinaus hält er Gottesdienste in einigen Orten des Landkreises Rhön-Grabfeld und vermag dabei den Menschen offensichtlich ebenso viel zu geben wie in der Rhön-Saale-Klinik. Denn da bekommt er schon mal einen Anruf: „Sie kennen mich sicher nicht. Aber ich schätze Sie durch die Messen, die Sie mit uns feiern. Deshalb möchte ich gerne von Ihnen getraut werden.“ Keine Frage – Pater Esser macht's gern, locker von Herzen, wie es seine Art ist.