Heuer war das Ackerland mit seiner weltweiten Bedeutung Hauptthema der Tagung zum ländlichen Raum, zu der Fritz Schroth in seiner Funktion als Vorsitzender des Ausschusses Ländliche Räume der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, gemeinsam mit Dr. Traugut Farnbacher und Dr. Jürgen Bergmann von Mission EineWelt einlud.
Drei Tage befassten sich Referenten aus aller Welt in den Christlichen Gästehäusern mit der Thematik „Die ländlichen Räume zwischen Spekulationsobjekt und Grundlage nachhaltiger Entwicklung“. Themen waren dabei unter anderem die Bedeutung des Ackerbodens, die künftige Ernährung der Menschen in China, die Auswirkungen der Bodenschatzförderung und Naturzerstörung in Papua-Neuguinea, die agrarökologische Wende in Brasilien und Ernährungsperspektiven für Asien.
Der Blick in die Welt gehörte genauso dazu wie der Blick in die Bibel, der Blick auf die Bedeutung des Ackerbodens in Deutschland, sowie der Blick auf die Entwicklungen im Biosphärenreservat Rhön.
Zur Einführung erläuterte Fritz Schroth, warum das Thema Ackerland für Christen so wichtig ist: „Heute ist das Ackerland die bedrohte Grundlage der Ernährung für uns Menschen.“ Er sprach von einer „schleichenden Katastrophe“, der ungebremst zunehmenden weltweiten Zerstörung der Ackerböden.
Während 1960 pro Weltbürger 0,44 Hektar Ackerland zur Verfügung standen, seien es heute weniger als 0,22 Hektar. „Immer stärker werden Investoren auf die Anlage Farmland aufmerksam. Banken, Fondsgesellschaften, Versicherungen und Hedgefonds und vor allem vermögende Anleger investieren ihr Geld vermehrt in Ackerböden.
Durch weltweite Übernutzung, Erosion, Versalzung und Bevölkerungswachstum werde die Verfügbarkeit fruchtbaren Bodens pro Kopf weiter abnehmen. Werde Ackerland in Entwicklungsländern an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet, gehe die Fläche für die einheimische Bevölkerung in der Regel verloren und verschärfe die Armutssituation. „Der weltweite Ausverkauf führt zu Hunger, Gewalt und zu einem Leben in Armut.“ Seit der Weltwirtschaftskrise 2007/2008 hätten die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis, Mais, Weizen und Zucker weltweit eine exorbitante Höhe erreicht.
Es herrsche ein Wettlauf um Ackerland. Regierungen und Konzerne sicherten sich mit Pachtverträgen weltweit große Teile fruchtbaren Bodens. Ethisch sei es höchst fragwürdig, wenn arabische Staaten in Äthiopien Ackerland bestellen lassen, um für die eigene Bevölkerung Nahrungsmittel zu sichern.
Und das Thema Biosprit? Sind die Bauern in den USA, die den Mais anbauen, um ihr eigenes Einkommen zu sichern, auch Mittäter im globalen „Hunger-System“, da der „Biosprit-Mais“ den Platz des „Nahrungsmittel-Maises“ reduziert, fragte Schroth. „Hohen Wert hat nur noch das, was Gewinn und Geld verspricht.“
Die umfassende Problematik wurde von den Referenten aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Einig waren sich alle bei der abschließenden Podiumsdiskussion, dass ein weltweites Bodenbewusstsein geschaffen werden müsse, um die Probleme lösen zu können.
Landrat Thomas Habermann sprach von der Notwendigkeit, ein Gleichgewicht mit Maß und Ziel im Blick zu haben. Materielle und immaterielle Werte müssen sich in Balance befinden. Der Schlüssel hierfür sei die Genügsamkeit, um nicht alles zu Geld zu machen, was zu Geld gemacht werden könne. „Letztlich geht es ums Lebensglück.“ Als konkretes positives Beispiel führte Habermann die Kernzonenausweisung im Biosphärenreservat Rhön an.
In den vergangenen Wochen war er in den Gemeinden unterwegs, um für den Verzicht auf wirtschaftliche Nutzung und für Kernzonen zu werben. Glücklich sei er über die große Bereitschaft, auf die er gestoßen ist. Habermann ist aber auch überzeugt, dass er in einer Gegend mit höheren materiellem Wohlstand Schiffbruch erlitten hätte. „Ich wäre im bayerischen Oberland ausgepfiffen und davongejagt worden.“
Dass aber auch im Biosphärenreservat noch viel zu tun ist, zeigte der Leiter der bayerischen Verwaltungsstelle, Michael Geier, anhand des Flächenverbrauchs, der im Biosphärenreservat deutlich höher liege als in Bayern oder Deutschland. Das stimme ihn bedenklich, denn es sei exemplarisch für ländliche Regionen insgesamt.
Als Grund führte er Ausweisungen von immer weiteren Siedlungsgebieten an, wie es gerade auch aktuell wieder in der Rhön geschehe.