Nicht vergangene Fälle bewerten, sondern Zukunft gestalten, das will Manfred Endres. Aus diesem Grund hat sich der Großbardorfer nach seinem Jura-Examen in Würzburg direkt für den öffentlichen Dienst beworben. Seit 1992 ist der heute 55-Jährige Leiter der Bau- und Umweltabteilung mit 50 Mitarbeitern am Landratsamt Bad Neustadt. Rhön-Grabfelds Antlitz hat er in den vergangenen 25 Jahren in vielerlei Hinsicht mitgeprägt.
Als Richter hätte er über vergangene Fälle urteilen müssen, als Zuständiger für Bau- und Umweltfragen im Landkreis könne er hingegen bei zukünftigen Projekten mitreden. Er denkt da beispielsweise an zahlreiche Gespräche im Vorfeld zum Rhön-Klinikums-Neubau, bei denen er im Team mitgestaltete, aber auch an die Diskussion um die Marktbärbel.
Da sind manchmal heftige Emotionen im Spiel
Letztlich genehmigte Endres' Behörde den Abriss des ältesten Gebäudes der Stadt Bad Neustadt an der Marktbärbel und gewichtete damit das Interesse der Stadt, den Marktplatz weiterzuentwickeln, höher als den Denkmalschutz.
Seine persönliche Meinung müsse in solchen Momenten eine untergeordnete Rolle spielen, so Endres. „Gefragt ist oft kein Ja oder Nein, sondern ein: Es kommt darauf an.“ Argumente müssten abgewogen und am Ende eine „Entscheidung getroffen werden, die einer gerichtlichen Kontrolle standhalten kann“.
Das ist manchmal einfach, manchmal komplex. Sehr lang und umstritten war und ist die Diskussion um die Errichtung von Windkraftanlagen, die seine Abteilung genehmigte. Da seien ihm aus den beiden „grundlegenden Lagern“ mitunter „heftige Emotionen“ entgegengeschlagen.
„Wir sind der Meinung: Die Anlagen, wie sie jetzt stehen beziehungsweise gebaut werden, sind so genehmigungsfähig trotz einiger schwieriger Punkte wie Artenschutz oder Umzingelung einzelner Ortschaften.“ Die Gerichtsverhandlungen laufen noch. „Bisher hat unsere Entscheidung gehalten.“ Doch Endres ist bewusst, dass das Verfahren in diesem Fall noch zwei, drei Jahre dauern könnte.
Als Abteilungsleiter ist es vor allem seine Aufgabe, zu koordinieren und die verschiedenen Belange der Fachstellen zu bündeln. Widersprechen sich die Stellungnahmen, mitunter eben auch die aus der eigenen Abteilung, der Immissionsschutz rät beispielsweise etwas anderes als der Naturschutz, ist es an ihm abzuwägen und Belange vorzuziehen oder zurückzustellen.
Im besten Falle unterschreibt er Genehmigungen, manchmal aber auch – Endres nennt hier das Stichwort Schwarzbauten – Bußgeldbescheide.
Sicher ist: Jeder Bauherr, der des klassischen Einfamilienhaus genauso wie der einer Industrie- oder Windkraftanlage, hat mit Endres Abteilung zu tun, aber im besten Falle nicht mit ihm als Abteilungsleiter persönlich: „Denn ich komme dann ins Spiel, wenn etwas schief gelaufen ist oder es sich um einen ganz schwierigen Fall handelt.“
Weiterer Aufgabenbereich: der Denkmalschutz
613 Baugenehmigungen hat das Landratsamt Bad Neustadt allein 2016 ausgestellt. Endres selbst hatte als Bauherr übrigens auch schon einmal mit der eigenen Behörde zu tun: In Großbardorf hat der verheiratete fünffache Familienvater einen Anbau ans eigene Elternhaus errichtet und lebt dort seither in einem Mehrgenerationenhaus.
Auch der Landkreis tritt nicht nur als Genehmigungsbehörde, sondern selbst als Bauherr auf. Das Technische Bauamt unter Leitung von Kreisbaumeister Herbert Bötsch, das sich um Hoch- und Tiefbaumaßnahmen kümmert, ist allerdings fachlich unabhängig und nur rechtlich Endres' Bauabteilung eingegliedert.
In Endres Abteilung werden aber nicht nur Bauanträge genehmigt, es werden außerdem denkmalschutzrechtliche Erlaubnisse erteilt – der Landkreis verzeichnet 3487 Denkmäler – und der Immissionsschutz überwacht. Im Sachgebiet Grundstücksverkehr werden die Bodenrichtwerte aus den getätigten Grundstücksverkäufen ermittelt, die in Bad Neustadt übrigens schon mal bei 65 Euro pro Quadratmeter liegen in einem Stadtteil Bad Königshofens hingegen nur bei 12,50 Euro.
Das Team vom Sozialen Wohnungsbau kümmert sich um Beratung und Förderung von Bauvorhaben junger Familien und sozial Bedürftiger. Im Bereich Wasserschutzverwaltung werden beispielsweise Wasserschutzgebiete ausgewiesen und die Lagerung wassergefährdender Stoffe wie Öltanks überwacht.
Auch das staatliche Abfallrecht und die kommunale Abfallwirtschaft sind an Endres Abteilung angedockt, das Kommunalunternehmen wiederum, das mit der Müllentsorgung beauftragt ist, ist ein Tochterunternehmen des Landkreises und gehört nicht zu seiner Abteilung.
Das Umweltamt wächst stetig
Nur vier Mitarbeiter zählte 1992 das Umweltamt, mittlerweile sind es 30. „Der Bereich ist stetig am Wachsen.“ Das Team kümmert sich um den Vollzug des Naturschutzgesetzes, bewertet Eingriffe, ordnet Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen an, und ermittelt mitunter auch die Verursacher unbefugter Eingriffe. Darüber hinaus ist der Landkreis seit den 70er Jahren Eigentümer von fast 1000 Hektar Grün- und Waldflächen in Naturschutzgebieten. Auch deren Pflege muss von Endres Abteilung veranlasst werden.