Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Königshofen
Icon Pfeil nach unten

Aeoline im Grabfeld erfunden

Bad Königshofen

Aeoline im Grabfeld erfunden

    • |
    • |

    Bad Königshofen - 1810, also vor nunmehr 200 Jahren, wurde in Königshofen im Grabfeld der direkte Vorläufer des Harmoniums, die Aelonie, ein Instrument mit durchschlagenden Zungen, erfunden, und zwar von dem Instrumentenbauer Johann Caspar Schlimbach (1777-1861) und seinem Cousin Bernhard Eschen-bach (1769-1853).

    Walter Schlimbach, einer der Nachfahren der bekannten Orgelauerfamilie gleichen Namens, die im 19. Jahrhundert die Orgelbaukunst in Unterfranken weitgehend bestimmte, wohnt in dem Haus in der Martin-Reinhard-Straße 17 in Bad Königshofen, in dem einst die Aeolinen gebaut wurden. Besonders stolz ist er auf ein Instrument das in seinem Wohnzimmer einen Ehrenplatz einnimmt und das seine Vorfahren bauten.

    Sein Vorfahr Johann Caspar Schlimbach erlernte bei Anton Walter in Wien Orgel- und Klavierbau und arbeitete anschließend beim Würzburger Orgelbauer Franz Martin Seuffert. 1806 machte er sich in seiner Heimatstadt Königshofen im Grabfeld selbständig. Bernhard Eschenbach (1769-1853) war Rentamtmann in Königshofen. Das Rentamt (Vorläufer des heutigen Finanzamtes) war im Westteil des al-tes Amtsgebäudes in der Kellereistraße (heute sog. Alte Volksschule) unterge-bracht.

    Christian Meyer berichtet in der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen, dass im frühen 19. Jahrhundert an verschiedenen Orten Europas an Instrumenten gebaut wurde, die die Technik der durchschlagenden Zungen verwendeten. Spätestens seit dem frühen 17. Jahrhundert ist dieses Prinzip bekannt, vermutlich stammt es aus China. Man versteht darunter folgenden Aufbau: In eine Metallplatte werden schmale, recht-eckige Löcher eingelassen. In jedes Loch wird ein genau passender Metallstrei-fen (eine „Zunge“) an einem Ende angebracht. Diese Zunge kann durch Wind in Bewegung versetzt werden und sich dadurch frei schwingend in diesem Metall-rahmen bewegen. Man nennt dies eine „durchschlagende Zunge“.

    Im frühen 19. Jahrhundert wurde an verschiedenen Orten Europas an Instrumen-ten gebaut, die diese Technik der durchschlagenden Zungen verwendeten, so Meyer. Dies geschah in Kombination mit mehr oder weniger komplizierten Windsystemen. Dass man nun auf einem orgelartigen Instrument „expressiv“ spielen konnte, das heißt beim Spiel die Lautstärke der Töne stufenlos verändern konnte, garantierte das große Interesse von Musikern an den neuen Instrumen-ten. Ein früher Vorläufer des Harmoniums war die „Orgue Expressif“, die Gab-riel Joseph Grenié 1810 in Paris entwickelte.

    Zur gleichen Zeit ließen sich in Deutschland Eschenbach und Schlimbach zur Entwicklung eines neuen Instruments inspirieren: der Aeoline. Christian Meyer schreibt weiter: „In seinen Überlegungen nahm Eschenbach Bezug auf die be-reits bekannte Äolsharfe (ein Saiteninstrument, bei dem die Saiten durch Wind zum Schwingen und Klingen angeregt werden) und die Maultrommel (prinzi-piell ein Durchschlagzungeninstrument, das aber die Metallzunge durch Zupfen anregt und einen Resonanzkörper braucht). Den Begriff „Aeoline“ wählte er in Anlehnung an den Begriff „Violine“.“

    Über die Entwicklungsgeschichte der Aeoline berichtet Walter Maurer in sei-nem Buch „Das Accordion“. Bernhard Eschenbach versuchte mit Hilfe der frei-schwingenden Zunge ein Instrument zu bauen. Die ersten Versuche gelangen ihm, angeregt durch die akustischen Versuche der Gebrüder Weber über die Schwingungsgesetze der Zungenpfeifen. Ein Zeitgenosse, der Eschenbach in Königshofen besuchte, berichtete: „...Eschenbach beschäftigte sich seit langer Zeit hindurch mit Versuchen, das Problem eines orgelartigen Instrumentes zu lösen, wo die Tonerzeuger durch den Stärkegrad beliebig veränderlichen Luft-strom in Schwingungen versetzen würden... Die Idee, die Aeolsharfe, die vom Spiel des Windes abhängig ist, unter die Gesetze des Tonsystems zu beugen und von der Gewalt der Finger abhängig zu machen...“

    Da erste Versuche mit der Saitenorgel auf Grund der schlechten Tonansprache fehl schlugen, legte Eschenbach seine weiteren Experimente der Aura (Maul-trommel oder Brummeisen) zugrunde. Damals sagte man zu den Zungen „Fe-dern“, und die Aeoline soll aus solchen „freistehenden Federn“ bestanden haben.

    Der Instrumentenmacher Caspar Schlimbach baute dann das erste Instrument und er wusste wieder den Unterschied zwischen der Tonerzeugung der Violine und seine Aeoline zu begründen: „...der Ton bei der Violine wird durch einen Bogenstrich auf den Saiten erzeugt; bei der Aeoline war der Ton fertig und wird durch Luftzufuhr, indem man auf einen Knopf drückt und damit eine Kanzelle öffnet, die freien, durchschlagenden Saiten, oder wie man sagte Federn, in freie Schwingungen versetzt, geweckt...“

    Eschenbach schlug wenig Kapital aus seiner Erfindung und teilte seine Erfah-rungen jedem, der es wissen wollte, so Maurer, bereitwillig mit. Orgelbauer Voigt in Schweinfurt nahm einige Änderungen vor, nannte die Aeoline dann „Aeolodikon“ und gab sich schließlich als Erfinder aus. Seine Verbesserung be-stand darin, das Windwerk mit zwei Blasbälgen und Behältern zu versehen, die durch Fußantriebe betätigt worden sind. Bei der Aeoline wurde die Balgarbeit mit den Knien ausgeführt. Die Aeoline fand starken Absatz, auch im Ausland. Bis 1860 baute Schlimbach mit seinen Söhnen nicht weniger als 200 Stück.

    Heute steigt das allgemeine Interesse an Harmonium-Instrumenten und deren Vorläufern wieder, da die Klangwelt des 19. Jahrhunderts mehr und mehr auch als historische Epoche mit eigener Ästhetik angesehen wird, und nicht mehr als direkte Vorstufe unserer heutigen Zeit.

    Walter Schlimbach, einer der Nachfahren der bekannten Orgelauerfamilie glei-chen Namens, die im 19. Jahrhundert die Orgelbaukunst in Unterfranken weit-gehend bestimmte, wohnt in dem Haus in der Martin-Reinhard-Straße 17 in Bad Königshofen, in dem einst die Aeolinen gebaut wurden. Besonders stolz ist er auf ein Instrument das in seinem Wohnzimmer einen Ehrenplatz einnimmt und das seine Vorfahren bauten.

    Im nächsten Heimatblatt „Das Grabfeld“ des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld, das im Herbst erscheint, wird die berühmte Orgelbauerfamilie Schlimbach gesondert vorgestellt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden