Farbe – unter diesem Motto steht der Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag, 14. September. Im Landkreis Rhön-Grabfeld beteiligen sich die Stadt Fladungen, das Fränkische Freilandmuseum Fladungen, die Gemeinde Stockheim und Friederike Berger aus Oberwaldbehrungen an diesem europaweit ausgelobten Denkmaltag und gewähren interessierten Besuchern Einblicke in ihre Schatzkästchen.
Das ehemalige Amtshaus des Zehnthofs in Stockheim ist ein stattlicher dreigeschossiger Traufseitbau mit Halbwalmdach. Das Erdgeschoss, mit Sitznischenportal an der Giebelfront, ist aus Haustein gefertigt. Beide Obergeschosse des Gebäudes sind mit reichem Zierfachwerk mit Feuerböcken, profilierten Stockschwellen und geschnitzten Eckständern ausgestattet. Zum Alten Amtshaus aus dem Jahr 1615 gehört auch die angrenzende Fachwerkscheune aus dem 18. Jahrhundert.
Nach der Außen- und Innensanierung des historischen Rathauses zwischen 2011 und 2014 haben die Besucher nun die Möglichkeit, die einzigartigen Wand- und Deckenmalereien im zweiten Obergeschoss zu bestaunen. Der immense Aufwand der Firma Wald aus Fladungen, der Gemeinde Stockheim, des Landesamts für Denkmalpflege und des Landkreises Rhön-Grabfeld hat sich gelohnt, da nun wieder die Originalfassungen der Malereien dargestellt werden.
Das historische Rathaus ist am Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Bei zwei Führungen um 14 und um 16 Uhr wird Bürgermeister Martin Link der Öffentlichkeit einige interessante Anekdoten über die Außen- und Innensanierung und zur historischen Geschichte erzählen.
Im malerischen Innenhof des ehemaligen Amtshauses findet zudem von 11 bis 18 Uhr das Pfarrfest der katholischen Kirchengemeinde St. Vitus Stockheim statt. Bei Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen lässt es sich hier gemütlich beisammensitzen. Für Kinderunterhaltung wird ebenfalls gesorgt.
Ehemaliges jüdisches Wohnhaus
In Oberwaldbehrungen öffnet Friederike Berger die Türen ihres Hauses Posthof 6. Das Doppelhaus wurde Ende des 17. Jahrhunderts gebaut und auf Initiative der Eigentümerin im Jahre 2011 als Einzeldenkmal in die Denkmalliste für den Landkreis Rhön-Grabfeld aufgenommen. Bei dem zweigeschossigen Fachwerkbau handelt es sich um ein ehemaliges jüdisches Wohnhaus, in dessen Keller eine Mikwe, ein rituelles Tauchbad, freigelegt wurde. Im Rahmen der Sanierungsarbeiten wurden im Innern umfangreiche Bemalungen festgestellt. Die Eigentümerin ließ die Wand- und Deckenflächen durch die Restaurierungswerkstatt George Hille, Oberelsbach, untersuchen und umfangreich rekonstruieren.
Die Anwesen Posthof 6 und 8 schließen unmittelbar westlich an das Einzeldenkmal Posthof 4 (ehemalige Post und Fachwerkhaus im einstigen jüdischen Viertel aus dem 17. Jahrhundert) an. Die zwei Eingänge und die Trennwand über alle Geschosse inklusive Dachraum sowie die teils über beide Hausteile durchlaufenden Holzteile lassen darauf schließen, dass das Gebäude als Doppelhaus errichtet wurde. Stockwerkshöhen und Raumzuschnitt, etwa im Treppenhaus, sind sehr knapp bemessen. Die bauzeitliche Fachwerkfassung der Wände und Decken, die einst überputzt und wieder freigelegt wurden, zeigt an den leicht stichbogig ausgeführten Deckenfeldern bunt ausgeführte zentrale Ranken und an den Enden Blütenrosetten. Die ehemalige Synagoge in Oberwaldbehrungen schloss an das nördliche, im Winkel stehende Nachbargebäude an.
Die Bebauung des Posthofes war einst ein Judenhof und relativ klein parzelliert. Die Malereien im Wohnhaus Posthof 6 erinnern an die Malereien des Eliezer Süßmann, der in den 1730er Jahren die Synagogen von Bechhofen, Ansbach, Colmberg und Kirchheim ausgemalt hat. Sie sind gekennzeichnet durch dekorative Ornamente in kräftigen Umrisszeichnungen. Die Malereien im Haus weisen auf einen jüdischen Bewohner von besonderem Rang hin, möglicherweise wohnte hier der Rabbiner. Das Gebäude kann am Sonntag zwischen 10 und 16 Uhr besichtigt werden. Friederike Berger und George Hille stehen in dieser Zeit für Fragen rund um die Geschichte des Hauses und zur Restaurierung der Malereien zur Verfügung.
Das Fränkische Freilandmuseum Fladungen bietet am Tag des offenen Denkmals um 14 und um 16 Uhr eine Sonderführung mit dem Schwerpunkt „Farbe im und am Haus“ an. Treffpunkt ist jeweils der Museumseingang. Oft ist der Besucher des Freilandmuseums über die teils grell-bunte Farbigkeit von Stuben und Kammern in den dörflichen Bauten vergangener Jahrhunderte überrascht. Auch Fachwerkfassaden konnten bisweilen eine aufwendige Farbdekoration zur Schau tragen. Nach einer Epoche nüchterner und zurückhaltender Farbgestaltung ist ganz in Vergessenheit geraten, dass spätestens seit dem 16. Jahrhundert das ländliche Haus innen wie außen farbig gestaltet war.
Bunt dekorierte Stuben
Die Farbauswahl unterliegt dem Zeitgeschmack, und die Zusammensetzung der Farben dem technisch-chemischen Know-how ihrer Entstehungszeit. So konnte sich beispielsweise schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch der Dorfbewohner der unteren Schicht eine modische, bunt dekorierte Stube leisten. Die Schablonentechnik und die industrielle Herstellung von Farben machten diese Art von Wohnungsausstattung für breite Bevölkerungskreise erschwinglich.
Auch wird der Frage nach dem farblichen Erscheinungsbild zur Bauzeit und dessen Veränderung im Lauf der weiteren Baugeschichte nachgegangen. Manche Häuser weisen bis zu 100 Farb- und Putzschichten auf, die der Restaurator in mühevoller Arbeit freigelegt und konserviert hat. Als Befundfenster spiegeln sie jeweils eine Momentaufnahme einer bestimmten Zeitepoche wider.
Weiterhin können auf dem Museumsgelände die 14 originalgetreu wiederaufgebauten Hofstellen besichtigt werden. Der Oberbernhardser Hof sowie das Gasthaus „Zum schwarzen Adler“ laden zur Einkehr ein. Auch das Rhön-Zügle verkehrt am 14. September mit seiner historischen Dampflok zwischen Mellrichstadt und Fladungen.
Auch das Fladunger Rathaus steht am Sonntag offen. Nach der Sanierung und Neuordnung des ehemaligen Amtshauses mit Schüttbau zu Rhönmuseum und Rathaus erstrahlt der imposante Bau im neuen Glanz.
Die vom Landesamt für Denkmalpflege angeregte intensive Bauforschung, Befunderhebung und Archivalienrecherche konnte wesentlich zur Klärung der Baugeschichte und den zahlreichen Umbauten des historischen Amtshauses beitragen. Das ehemalige Zehnthaus des fürstbischöflichen Amts Fladungen, ein von 1601 bis 1628 entstandener, massiver Zweiflügelbau, ist eine der letzten vollständig erhaltenen ehemaligen hochstiftlichen Amtskellereien und gilt als eines der hochrangigsten Baudenkmäler der Region. Nach fast achtjähriger Vorbereitungszeit konnte im Herbst 2011 mit der Generalsanierung begonnen werden. Umgesetzt wurde das mit Gesamtkosten von rund sechs Millionen Euro bezifferte Großprojekt dank der Unterstützung verschiedener Förderstellen. Das Bauvorhaben wurde nach fast zweieinhalbjähriger Bauzeit am 7. März dieses Jahres eingeweiht.
Decken- und Wandmalereien
Im zweiten Obergeschoss war nach der Umnutzung des Schüttbaus in eine Schule ab 1870 eine Lehrerwohnung untergebracht. Da das Landesamt für Denkmalpflege im Schüttbau auch diese wichtige Phase der Fladunger Geschichte darstellen wollte, wurden die ehemaligen Räume genauer untersucht. In der nordöstlichen Ecke fanden sich Nachweise mehrerer farbiger und schablonierter Raumfassungen ab 1870, die zu einer bürgerlichen Wohnung gehörten. Bei der Generalsanierung des imposanten Gebäudes hat die Firma Wald, Fladungen, Zeugnisse der Vergangenheit wiederentdeckt. Eine Vielzahl von Decken- und Wandmalereien aus früheren Tagen wurde freigelegt. Vertreter der Firma Wald werden darüber von 10 bis 11 Uhr bei einer Führung informieren. Bernhard Link vom Tourismusbüro Fladungen wird den Besuchern zudem um 11.30 Uhr einige interessante Details zum Gebäude erzählen.
Der Tag des offenen Denkmals soll die Öffentlichkeit für die Bedeutung des kulturellen Erbes sensibilisieren und Interesse für die Belange der Denkmalpflege wecken. Bei dieser Auswahl an Objekten sollte das gelingen.