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RHÖN-GRABFELD: „An Lichtmess könne die Herrn bei Tag ess“

RHÖN-GRABFELD

„An Lichtmess könne die Herrn bei Tag ess“

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    Dienstbotenwechsel in alter Zeit in Sondheim im Grabfeld: Die Jugend des Dorfes begleitete den Knecht zu seinem neuen Dienstherren, wobei natürlich das Fässchen Bier auf dem Wagen nicht fehlen durfte. Der kürzlich verstorbene Sondheimer Alfred Schwamm stellte das Foto zur Verfügung.
    Dienstbotenwechsel in alter Zeit in Sondheim im Grabfeld: Die Jugend des Dorfes begleitete den Knecht zu seinem neuen Dienstherren, wobei natürlich das Fässchen Bier auf dem Wagen nicht fehlen durfte. Der kürzlich verstorbene Sondheimer Alfred Schwamm stellte das Foto zur Verfügung. Foto: Foto: Archiv Reinhold Albert

    Heute feiern wir das Fest Mariä Lichtmess. Kerzenweihe und Lichterprozession haben den Tag einst außerordentlich populär gemacht, so dass er vorwiegend in bäuerlichen Gemeinden begangen wurde. Mariä Lichtmess ist der endgültige Ausklang des Weihnachtsfestkreises.

    Im 5. Jahrhundert führte Papst Sergius I. das Fest „Mariä Reinigung“ ein. Im Lauf der Jahrhunderte wechselte das Fest öfter seinen Namen. Erst hieß er „Frauentag“ und „Lichtweih“, dann „Lichtermesse“. Im 14. und 15. Jahrhundert „Lichtfeuer“, bis schließlich der Name „Lichtmess“ entstand.

    Der Obereßfelder Pfarrer Carl Bonaventura Hofmann schrieb 1944, dass an Lichtmess die Kerzen für den am darauffolgenden Tag erteilten Blasiussegen geweiht werden. Dieser soll vor Halskrankheiten schützen.

    Einstmals erhielten die Gemeindemitglieder am Weihealtar vom Pfarrer je eine geweihte Kerze, die sie als Wetter- oder Sterbekerze behalten durften. Bis 1933 war es üblich, dass diese Kerzen bei Lichterprozession und über das Jahr bei Begleitung des Allerheiligsten mitgetragen wurden.

    In Langenleiten werden auch heute noch die von den Dorfbewohnern gebrachten Kerzen an Lichtmess geweiht. Diese finden das Jahr über als Wetterkerzen, in vielen Häusern auch als Sterbekerzen, Verwendung, ist in der 1989 erschienenen Chronik des Dorfes nachzulesen.

    Ein Ende fanden an Lichtmess die Licht- oder Spinnstuben. Der Christbaum, der in den bäuerlichen Anwesen in der guten Stube stand, wurde einst erst nach Lichtmess abgeleert.

    Am Lichtmesstag wurden die Lichter in den Handwerks- und bäuerlichen Winterarbeitsstuben ausgelöscht. Nunmehr waren die Tage länger, und es wurde so lange gearbeitet, wie das Tageslicht reichte. Noch heute ist der ländliche Spruch „An Lichtmess könne die Herrn beim Tag ess“ zu hören.

    Mit Maria Lichtmess beginnt auch der Vorfrühling. Der Bauer bereitete die Frühjahrsarbeit vor. Für ihn war Lichtmess vor allem ein Tag des Messens. So wurde geprüft, wie weit der Wintervorrat an eingelagertem Futter aufgebraucht war. Wenn die Hälfte noch nicht überschritten war, wusste er, dass es bis zur neuen Ernte reichen würde. Auch die Hausfrau überprüfte die Wintervorräte. Mit dem Lichtmesstag beginnt das Bauernjahr und zugleich endet damit das alte Arbeitsjahr. Eine Bauernregel besagt „Wenn's an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit. Ist es aber klar und hell, kommt der Lenz noch nicht so schnell.“

    Am Lichtmesstag kam der Umzug oder das erneute Einstehen beim alten Dienstherrn. Es war die Zeit des Ausbezahlens und Neuverhandelns.

    In der Regel wurde mündlich ein neuer Vertrag abgeschlossen und den Knechten und Mägden der gesamte Lohn für das vergangene Jahr ausgezahlt. Eine wöchentliche oder monatliche Gehaltszahlung war noch unbekannt. Gemessen an heutigen Gehaltsvorstellungen war der Jahreslohn allerdings mehr als dürftig. Im Lohn war auch freie Kost und Wohnung auf dem Hof während des Jahres inbegriffen. Dazu gab es noch Wäsche und Kleidungsstücke.

    Zu Ehren der ausscheidenden Dienstboten kochte die Bäuerin mittags tüchtig auf. Das Dienstbotenbuch wurde ausgehändigt. Im Hennebergischen erhielten die Dienstboten als Dank für die geleisteten Dienste bei ihrem Abschied einen „Scheidewecken“.

    Entweder holte der neue Herr auf dem „Reiswäggela“ oder dem Pferdeschlitten den neuen Knecht oder die neue Magd ab oder aber die Burschen von der Lichtstube. Sie brachten nach der Abschiedsfeier auf dem Hof die „Möd“ (Magd) samt ihrem Gepäck mit Wagen und Pferden zu ihrem neuen Arbeitsplatz. Dort bewirtete sie der Bauer reichlich mit Essen und Trinken, bevor sie sich wieder auf den Heimweg machten.

    In vielen Gemeinden unserer Heimat bestellten einst die ländlichen Dienstboten gemeinsam an Mariä Lichtmess ein Amt zu Ehren der lieben Muttergottes auf diesen Tag. So brachte das Jahr mit dem Licht und längeren Tagen auch neuen Schwung und neue Hoffnungen.

    Kinder kamen oft schon mit zehn Jahren auf den Hof in Stellung. Sie hatten bestimmte Aufgaben zu erfüllen: die Mädchen als Kinds- und zugleich Gänsemagd, die Buben zum Viehhüten. Natürlich musste man im Dorf seines Dienstherrn zur Schule gehen. Der Lohn der Buben und Mädchen war, dass sie am Jahresende neu eingekleidet wurden. Blieben sie bis zur Firmung oder zur Konfirmation, dann richtete die Bäuerin meistens das Fest aus. Die neue Zeit brachte mit sich, dass keine Dienstboten mehr gebraucht wurden und das Brauchtum damit verloren ging.

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