Kerzenschein, von violettem Licht angehauchtes Bruchsteinmauerwerk, an den Wänden Porträts von Jimi Hendrix, der Jazz- und Bluessängerin Nina Simone und Jazz-Trompeter Thad Jones; dazu handgemachte Musik auf Trompete und am Flügel sowie eine beeindruckende Stimme. Eine Bar, ein Musikkeller? Nein, der Festsaal im Kreiskulturzentrum „Kloster Wechterswinkel“ erlebte eine Premiere. Beim Gastspiel von Sabine Müller und ihrer Band „Seide“ verwandelte er sich kurzerhand in eine Jazz-Lounge mit unglaublicher Akustik und Atmosphäre.
Doch es war nicht nur das Ambiente, sondern vor allem die Musik, die Texte, die das Publikum an diesem Abend faszinierte und begeisterte. Egal, ob 20 oder 84 – die Besucher jeden Alters wurden mitgerissen von sichtlich gut gelaunten Musikern. Besonders die Lebensfreude und der Charme von Komponistin, Texterin und Sängerin Sabine Müller wirkten förmlich ansteckend. Fast durchwegs Eigenkompositionen enthält das zweite Album von „Seide“, das das Trio an diesem Abend vorstellte und das mit seinen deutschen Texten vielleicht ein wenig ungewöhnlich, aber nichtsdestotrotz ein- und mitnehmend ist.
Nach dem chilligen Auftakt mit „Traumländer“ präsentierten „Seide“ ein „Lied für Räubertöchter, die das Land mehr als niedliche Prinzessinnen braucht“. Neben der warmen, weichen, klaren und hellen Stimme von Sabine Müller sind es das virtuose, einfühlsame Spiel von Tino Derado auf dem Steinway-Flügel und die ebenso mitreißenden Soli von Florian Menzel auf der Trompete. Sie drückten dem Abend ihren Stempel auf. Da wird mit dem „Flug in den Mai“ der Wonnemonat ebenso besungen wie ein musikalischer Ausflug nach „bella italia“. Das dabei von Sabine Müller brillant gecoverte „Volare“ lässt den Zuhörer in einen heißen, schwülwarmen Sommerabend in Neapel oder Bari eintauchen.
Doch Sabine Müller kann nicht nur italienisch, sie kann auch portugiesisch, wie sie bei zwei Bossa Novas eindrucksvoll unter Beweis zu stellen vermag.
Voller Melancholie
Der Titelsong aus ihrem neuen Album „Der wilde Mohn“ ist wieder voller Melancholie, Poesie und Liebe: „Der wilde Mohn und die Nacht mit dir verbrennen mir die Sicht und ich kann mich nicht dagegen wehren“. Mit „Ohne Worte“, einem kompositorischen Meisterstück von Tino Derado, verabschieden sich die drei in die Pause. Nachdem Pianeur Tino Derado die erste Halbzeit abgeschlossen hatte, war es diesmal „Pianeurin“ Sabine Müller, die mit dem Solostück „Gelegentlich“ danach das Konzert fortsetzte. Zu Recht nicht fehlen durfte das Lieblingsstück von Sabine Müller. „I want/ je veux“, das vielen Zuhörern aus dem Herzen sprach. Mit „Ich will dich so sehr“ und das bekannte, von Sabine Müller auf ihre eigene, interessante Weise interpretierte „Close to you“ der Carpenters endete das Gastspiel von „Seide“, das Kreiskulturmanagerin Carolin Fritz-Reich am Ende als „stimmungsvollen, poetischen und sehr gefühlvollen Konzertabend“ lobte, der besonders auch von der Leichtigkeit der Stimme einer Sabine Müller wesentlich geprägt wurde.
„Ihr habt euch nicht an Genregrenzen gebunden gefühlt, sondern ein bisschen Jazz, Pop, ja sogar Soul miteinander gemischt“ und so eine richtig schöne, interessante Musikrichtung kreiert, unterstrich die Kreiskulturmanagerin, die sich ebenfalls sehr angetan von der „SeidenMusik“ zeigte. Ihr wie auch dem Publikum wurde als Dank für den begeisterten Applaus noch ein Zugabe gewährt: Mit „Jedesmal“ fand der Abend sein würdiges Ende und machte Appetit auf einen weiteren Happen von „Seide“. Spätestens dann, wenn das dritte Album erscheint.