Der Sonntagsgottesdienst in der Schönauer Kirche war schon etwas ganz Besonderes. Denn die Blaskapelle Schwetzin war über das Wochenende in der Rhön und damit auch in Schönau zu Besuch. Sie umrahmte den von Kaplan Gabriel Gnanathviraviam zelebrierten Gottesdienst.
Schwetzin ist ein Dörflein mit gerade Mal 160 Einwohnern und ein Gemeindeteil von Groß-Wüstenfelde im Landkreis Güstrow. Kirchlich gehört das Dorf zur Pfarrei Matgendorf und – seit dem Mauerfall – zur Diözese Hamburg.
Mit dem Besuch verbunden war das Knüpfen von familiären Verbindungen, die nun bereits zirka 85 Jahre zurück liegen. Damals, in den Jahren 1928 bis 1930, waren Bauernfamilien aus der Rhön und dem Spessart infolge von Siedlungsaufrufen nach Mecklenburg übergesiedelt. Sie hatten dort aus den aufgegebenen Gütern des Grafen Franz von Kettenburg Ländereien erworben und bauten sich eine bäuerliche Existenz auf. Unter ihnen befanden sich auch drei Schönauer Familien namens Märkert, Rahm und Griebel. Zusammen mit anderen fränkischen katholischen Familien gründeten sie das Dorf Schwetzin, mitten im streng protestantischen Mecklenburg. Auch heute werden – bereits in dritter und vierter Generation – das katholische Bekenntnis und katholisches kirchliches Brauchtum gepflegt.
Fast unüberwindbares Hindernis
Dabei sind die Verbindungen in das Frankenland – und hier speziell nach Schönau – nie abgerissen. Und dies, obwohl der „Eiserne Vorhang“ 40 Jahre lang ein fast unüberwindbares Hindernis darstellte.
Herrmann Wolff, mit knappen 80 Jahren ältestes Mitglied der Blaskapelle, kann aus der Geschichte des Orchesters sehr viel erzählen. Gleich nach dem Krieg, im Jahre 1946, war der damalige Pfarrer von Matgendorf (ebenfalls ein katholisches Siedlerdorf) an den aus Schönau stammenden Hubert Griebel herangetreten mit der Bitte, sich doch um ein paar Musikanten für die Fronleichnamsprozession zu bemühen. Aus der kleinen Gemeinschaft von Musikanten bildete sich alsbald eine Kapelle, die sich heute Schwetziner Blaskapelle der Pfarrgemeinde Matgendorf nennt.
Hubert Griebel, inzwischen fast 90 Jahre alt, hat die Kapelle über einen Zeitraum von 56 Jahren bis in das Jahr 2000 geleitet. Selbst nach Schönau mitfahren, das konnte er aus gesundheitlichen Gründen nun aber nicht mehr.
Griebel reichte den Dirigentenstab weiter an Ansgar May, dessen Wurzeln ebenfalls im Frankenland angesiedelt sind. May ist ein hoch angesehener Musikprofi und als Trompeter festes Mitglied der Norddeutschen Philharmonie am Volkstheater in Rostock.
Musikalische Verbindung
35 Musikantinnen und Musikanten gehören dem Klangkörper an, fast ausnahmslos von Ansgar May ausgebildet. Die Altersstruktur reicht vom achten bis zum 80. Lebensjahr, Herrmann Wolff ist derzeit ältester aktiver Musikant. May hat auch die musikalische Verbindung zur Schönauer Kolpingkapelle vor einiger Zeit geknüpft. Und er hat die Schönauer für die Schwetziner überraschend nach Mecklenburg zu einem Besuch eingeladen.
Gestaunt haben die Schönauer Musikanten dann nicht schlecht, als sie in Schwetzin ankamen, um dort das Kiliansfest mitzufeiern. Denn das fränkische Brauchtum rund um die Patrone Kilian, Kolonat und Totnan ist immer noch gründlich ausgeprägt. Nicht nur viele Bilder und Statuen fränkischer Heiliger sind in der Schwetziner Kirche präsent und wurden von fränkischen Künstlern angefertigt. Denn auch das Kreuz auf dem Friedhof stammt aus Franken. Es wurde von dem in Schönau in den 30er Jahren ansässigen Holzbildhauer Linus Zirkelbach geschaffen.
Aushängeschild
Das Kiliansfest von Schwetzin wird ganz groß und ausgelassen gefeiert. Es ist als fränkisches Volksfest zu einem Aushängeschild für den gesamten Landkreis Güstrow geworden. Verwandte und neuerdings auch Freunde finden sich Jahr für Jahr ein. Die Schönauer gehören nach diesem erfolgreichen Besuch sicher ebenfalls dazu.
Die Schwetziner Blasmusikanten haben sich vier Tage in der Rhön aufgehalten. An verschiedenen Orten haben sie aufgespielt, so auch gemeinsam mit der Schönauer Kolpingkapelle am vergangenen Donnerstag auf der Gemündener Hütte.
Musikalische Unterstützung
Und die zahlreichen Gottesdienstbesucher in der Schönauer Kirche waren sich am Schluss auch ganz sicher: Die musikalische Unterstützung aus dem hohen Norden Deutschlands und der Rhöner Gesang haben einfach wunderbar harmoniert.