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Bad Neustadt: Bad Neustädter Busbahnhof birgt Gefahren für Sehbehinderte

Bad Neustadt

Bad Neustädter Busbahnhof birgt Gefahren für Sehbehinderte

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    Der Sehbehinderte Franz-Josef Rösch zeigt die Probleme auf: Am Überweg zur Fußgängerbrücke ist der Bordstein abgesenkt und der Übergang markiert, es führt aber keine Leitlinie zum Übergang.
    Der Sehbehinderte Franz-Josef Rösch zeigt die Probleme auf: Am Überweg zur Fußgängerbrücke ist der Bordstein abgesenkt und der Übergang markiert, es führt aber keine Leitlinie zum Übergang. Foto: Carolin Schulte

    Drei Wochen hat Susanne Fuß trainiert, damit sie den Weg zur Arbeit alleine findet. Sie ist vollblind und fährt jeden Tag mit dem Bus aus Oberweißenbrunn zu ihrem Job auf dem Rhön-Klinikum Campus. Auf dem Heimweg muss sie dafür am Busbahnhof in Bad Neustadt umsteigen – eine Herausforderung, denn die einzelnen Haltestellen sind nicht mit einer "Leitlinie" verbunden. Das heißt, es gibt keinen Weg aus geriffelten Pflastersteinen, an dem sie sich mit ihrem Blindenstock orientieren könnte.

    Um von der hinteren Tür des Nessi-Stadtbusses zur vorderen Tür des Busses nach Bischofsheim zu gelangen, muss sie nach dem Aussteigen "nur" geradeaus zur gegenüberliegenden Haltestelle laufen. Das ist für einen Sehenden kein Problem, für einen sehbehinderten Menschen aber gar nicht so einfach. Würde Fuß aus der vorderen Tür des Stadtbusses aussteigen, müsste sie auch noch Mülleimern und Bänken ausweichen.

    Der blinden Susanne Fuß fällt das Umsteigen schwer: Sie muss von einer Haltestelle zu gegenüberliegenden, die sind jedoch nicht durch Leitlinien verbunden.
    Der blinden Susanne Fuß fällt das Umsteigen schwer: Sie muss von einer Haltestelle zu gegenüberliegenden, die sind jedoch nicht durch Leitlinien verbunden. Foto: Carolin Schulte

    Dem sehbehinderten Franz-Josef Rösch fallen diese Probleme jedes Mal auf, wenn er mit dem Bus aus Herschfeld in die Innenstadt will. Er hat daher ein Treffen mit den anderen Rhön-Grabfelder Mitgliedern des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes am Busbahnhof angestoßen. Die 32 Mitglieder aus dem Landkreis treffen sich etwa alle zwei Monate, um sich auszutauschen.

    Fahrpläne sind nicht barrierefrei

    Die geriffelte Leitlinie endet immer mit dem Bussteig: Die einzelnen Haltestellen sind untereinander nicht verbunden und es führt auch kein Weg zu der Stelle, wo ein abgesenkter Bordstein den Übergang zur Fußgängerbrücke Richtung Innenstadt markiert. "Wenn ich der Leitlinie folge, gehe ich ins Leere", erklärt Rösch das Problem. Kurz hinter dem Ende der Leitlinie kommt schon der Bordstein. "Das kann gefährlich werden", so Rösch.

    Üblich ist es auch, dass die Indikatoren des Leitsystems sich farblich unterscheiden von den anderen Pflastersteinen. Für Menschen, die sehbehindert sind, aber zum Beispiel hell und dunkel noch gut unterscheiden können, ist das hilfreich. Am Busbahnhof ist der farbliche Unterschied gering.

    Außerdem vermissen die Blinden und Sehbehinderten ein Informationssystem, denn die ausgehängten Fahrpläne können sie nicht lesen. Sie wünschen sich Lautsprechersäulen, die auf Knopfdruck die aktuelle Uhrzeit und die nächsten Verbindungen ansagen. Zu den Säulen müssten dann natürlich auch Leitlinien führen.

    Es läuft aber auch nicht alles schlecht am Busbahnhof: "Wir möchten gar nicht meckern", sagt Franz-Josef Rösch, "wir möchten nur ein selbstbestimmtes Leben führen können."

    "Die Busfahrer sind immer freundlich und hilfsbereit", sagt Susanne Fuß. Sie holen Fuß ab und führen sie von einem Bussteig zum anderen. An den Bussteigen ist außerdem der Einstieg markiert mit einem Aufmerksamkeitsfeld, einem Quadrat mit Noppen. In der Regel könne man sich drauf verlassen, dass der Bus wirklich mit der Vordertür auf Höhe des Noppenfelds anhält, so Fuß.

    Behindertenbeauftrager will Barrierefreiheit im Stadtrat einbringen

    Folgt ein Sehbehinderter mit seinem Blindenstock der Leitlinie am Boden, ist irgendwann einfach Schluss – die Linien enden im Nichts.
    Folgt ein Sehbehinderter mit seinem Blindenstock der Leitlinie am Boden, ist irgendwann einfach Schluss – die Linien enden im Nichts. Foto: Carolin Schulte

    Karl Breitenbücher, Behindertenbeauftragter der Stadt Bad Neustadt, ist überrascht von der Kritik der Sehbehinderten. Er bekomme oft positives Feedback zur Barrierefreiheit in Bad Neustadt: "Im Vergleich mit anderen Städten ist Bad Neustadt sehr gut ausgestattet." Allerdings habe er auch schon gehört, dass die Fahrpläne am Busbahnhof zu klein und schwer zu lesen seien. "Eine Lautsprecherdurchsage wäre da sicher gut." Er werde das Thema mit in die nächste Sitzung nach der Sommerpause nehmen, sicherte Breitenbücher im Gespräch mit dieser Redaktion zu.

    Ein Informationssystem, das auf Knopfdruck reagiert, hält er jedoch für sehr aufwändig. Das sieht auch Michael Weiß so, der geschäftsleitende Beamte der Stadt. "Die Stadt ist nur der Träger der Nessi-Linien. Um ein dynamisches Informationssystem zu gestalten, müsste man die Daten aller Buslinien koordinieren, die den ZOB ansteuern", so Weiß. Er sieht diese Aufgabe im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts.

    Wie muss ein Leitsystem für Blinde aussehen?

    Eine durchgehende Leitlinie, die alle Haltebuchten und Fußgängerüberwege miteinander verbindet und ein Informationssystem, das auf Knopfdruck Auskunft gibt – "das wäre alles gut zu haben, aber vorgeschrieben ist das nicht", erklärt Armin Kraus. Der Architekt aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) bietet im Auftrag der Bayerischen Architektenkammer in Bad Neustadt regelmäßig Beratungstermine zum barrierefreien Bauen an.

    Er rate Planern, sich in die Lage eines Blinden hineinzuversetzen. "Blinde üben ihre Wege und prägen sie sich genau ein. Das kann man ihnen erleichtern, indem man eine durchgängige Leitlinie anlegt oder den Boden mit unterschiedlichen Materialien gestaltet." Das geforderte Informationssystem sei dann aber wirklich schon "die Kür", so Kraus.

    Der Teil der DIN-Norm, der Vorgaben zum barrierefreien Bauen im öffentlichen Verkehrsraum macht, ist nicht als technische Bauvorschrift verbindlich, erklärt Kraus. "Deswegen gibt es bei der Planung Spielraum." Außerdem gibt er zu bedenken, dass sich beim Standard für barrierefreies Bauen in den letzten Jahren viel verändert hat.

    So erklärt auch Stadtbaumeisterin Barbara Stüdlein die Situation: "Als wir den Busbahnhof geplant haben, haben wir uns an dem orientiert, was damals machbar war", sagt sie. Auch die Behindertenbeauftragten von Stadt und Land habe man eingebunden. "Verbesserungen kann man natürlich immer wieder finden." Da wo es erforderlich, sinnvoll und machbar sei, sei die Stadt sicher bereit, nachzurüsten, so Stüdlein.

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