Eines der alteingesessensten Bauunternehmen im Landkreis hat den Geschäftsbetrieb eingestellt. 123 Jahre galt die Firma Ludwig Streit GmbH & Co. KG mit Sitz in der Sondheimer Straße 13 in Mellrichstadt als kompetenter Partner im Baugewerbe. Nun gehen die Geschäftsführer Ludwig und Gerhard Streit mit 63 beziehungsweise 69 Jahren in den Ruhestand.
Der gute Ruf der Baufirma brachte viele Aufträge im öffentlichen und kommunalen Bereich ein, das Unternehmen wurde ob der soliden und fachgerechten Bauweise und wegen seiner im Betrieb gut ausgebildeten Fachkräfte geschätzt. Unter anderem erhielt die Baufirma Aufträge beim Bau der Kreisberufsschule und der Grundschule in Mellrichstadt, arbeitete am ehemaligen Mellrichstädter Kreiskrankenhaus mit, ebenso am Bau des Martin-Pollich-Gymnasiums und an dem Vorgängerbau des Beschussamts. Nicht zu vergessen das Franziska-Streitel-Altenheim, das Überlandwerk-Gebäude und das Sparkassengebäude, allesamt in Mellrichstadt, sowie die Genobank in Meiningen.
Aber auch im industriellen Bereich war die Baufirma Streit am Aufbau der Betriebs- und Wirtschaftsgebäude zahlreicher ortsansässiger Firmen beteiligt, so etwa bei der Reich GmbH, bei der Firma Weihrauch, bei KKP, Opel-Krieg, dem BayWa-Hauptgebäude und der Firma Edinger. Den Bau des Point-Centers in Bad Neustadt nennen die Geschäftsführer heute ihre größte Herausforderung.
Gebaut wurden auch zahllose Ein- und Mehrfamilienhäuser, etwa in den 60er- und 70er-Jahren die Siedlungen am Hainberg für die Baugenossenschaft Mellrichstadt oder in der jüngsten Vergangenheit 92 Einfamilienhäuser für das Stockheimer Unternehmen Family Haus.
In den 123 Jahren Firmengeschichte, auf die Ludwig und Gerhard Streit sehr stolz sind, haben viele Jugendliche eine fundierte Ausbildung erhalten und die Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz gefunden. „Die Kundschaft schätzte das Können, die Zuverlässigkeit und die fachliche Kompetenz der Mitarbeiter“, so Ludwig Streit. So sei es nicht verwunderlich, dass fast alle Beschäftigten umgehend eine neue Arbeitsstelle gefunden haben. Einer der ehemaligen Mitarbeiter wird sich in Unterwaldbehrungen selbstständig machen und auch Teile des Fuhrparks und der Maschinen der Baufirma Streit übernehmen, so Streit.
Die Traditionsfirma war 1893 von seinem Urgroßvater Adolf Hay aus Unterwaldbehrungen gegründet und am 31. März 1893 in Stockheim eingetragen worden. Im März 1924 übernahm Schwiegersohn Ludwig Streit senior die Firma und gab ihr seinen Namen. Anfangs leitete er die Geschicke der Firma allein, dann zusammen mit seinen Söhnen Vitus Streit, der 1949 als Teilhaber eintrat, und Heribert Streit, der 1958 Mitinhaber wurde. Ludwig Streit senior starb 1966.
Die Firma Streit war in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich am Aufbau des hiesigen Raums beteiligt. So wurde 1929 das durch einen Großbrand in Stockheim völlig zerstörte Wohnviertel von Mitarbeitern der Firma wieder aufgebaut. Schon damals zählte der Betrieb 80 Mitarbeiter aus Stockheim und Umgebung. Im Laufe der Jahre wurde der Maschinen- und Fuhrpark wesentlich vergrößert, was eine Ausweitung des Firmengeländes erforderlich machte. So wurde 1960 der Betriebssitz auf das Firmengelände Sondheimer Straße 13 in Mellrichstadt verlegt.
Gerhard Streit, der älteste Sohn von Vitus Streit, trat 1975 nach Abschluss der Schul- und Ingenieurausbildung und Ludwig Streit nach Abschluss der Meisterprüfung im Jahr 1978 als persönlich haftender Gesellschafter in das Unternehmen ein. Die Brüder führten das Unternehmen bis heute in vierter Generation im Familienbesitz weiter. 1993 wurde das 100-jährige Firmenbestehen gefeiert. Seniorchef Vitus Streit, der maßgeblich am Aufbau des Unternehmens beteiligt war, zog sich nach der Firmenübergabe an seine Söhne im Jahr 1998 mehr und mehr aus dem Geschäftsleben zurück. Er starb im Februar 2009.
Mit dem Jahr 2016 geht nun die Geschichte des Bauunternehmens zu Ende. Die Geschäftsführer wünschten den Mitarbeitern bei einer Abschiedsfeier viel Erfolg im weiteren Berufsleben. „Das Wohl der Mitarbeiter und die Zufriedenheit der Kundschaft hatten für die Firma immer oberste Priorität“, machte Ludwig Streit deutlich.